Prof. Cullen: „60 Prozent der positiven PCR-Tests waren irrelevant“

„Ein positiver PCR-Test kann nie gleichgesetzt werden mit einer klinischen Diagnose." Allerdings wäre es in der Corona-Krise so geschehen, kritisiert Prof. Dr. Paul Cullen im Epoch Times Interview. Eine Studie mit Ergebnissen aus seinem Labor hätte gezeigt, dass nur 40 Prozent der positiven „Fälle“ für das Infektionsgeschehen relevant waren.
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Prof. Dr. Paul Cullen im Gespräch mit Epoch Times.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 5. Januar 2024

Prof. Dr. Paul Cullen ist ärztlicher Laborleiter des MVZ Labors Münster und Facharzt für Laboratoriumsmedizin. Als außerplanmäßiger Professor für Medizin gab er regelmäßig Vorlesungen an der Universität Münster.

Aufgrund der Größe seines Labors war es während der Corona-Krise Anlaufstelle für einen Großteil der PCR-Testungen in der Region. Diese Ausgangslage nutzte er, um eine Studie zur Aussagekraft der PCR-Tests durchzuführen. Wir interviewten den Labormediziner im Rahmen des Corona-Symposiums der AfD-Bundestagsfraktion im November 2023.

Herr Cullen, wie war Ihre Studie aufgebaut und was war das Ergebnis?

Die Studie war eine Gemeinschaftsarbeit mit Biomathematikern der Universität in Essen in der zweiten Jahreshälfte 2020. Damals gab es nur den PCR-Test, der Schnelltest kam erst später. Unser Labor ist das größte Labor in der Region, sodass fast alle Tests (80 Prozent) in der Region Münster und Umgebung bei uns durchgeführt wurden – alle an derselben Maschine, von derselben Mannschaft, mit denselben Chemikalien. Daher ist es eine sehr saubere Studie.

Wir haben rund 170.000 Proben analysiert. Die Fragestellung war dabei: Wie viele der als positiv deklarierten PCR-Tests waren für das Infektionsgeschehen tatsächlich relevant.

Die Vorgabe vom Hersteller und Allgemeinen war, dass alle Tests mit dem Ct-Wert bis 40 als positiv herauszugeben sind. Man muss auch wissen, je höher der Ct-Wert ist, desto weniger Viren-Ausgangsmaterial man hat, desto mehr Zyklen muss man durchführen, um den Virus oder Teile davon zu finden. Das heißt, wenn man einen CT-Wert von 40 hat, hat man ganz, ganz wenige Viren oder vielleicht nur Viren-Bruchstücke. Bei einem Ct-Wert von 20 ist hingegen davon auszugehen, dass man eine relevante Zahl an intakten Viren hat.

Aus England wussten wir, dass der eigentliche Schnittwert, der für die Infektiosität relevant ist, nicht 40, sondern 25 ist. Alle Werte über 25 bedeuten, dass der Mensch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht ansteckend, also für das sogenannte pandemische Geschehen, nicht relevant ist.

Wir haben dann festgestellt, dass in 60 Prozent der Fälle der Wert zwischen 25 und 40 lag und nur in 40 Prozent der Fälle der Wert unter 25 lag. Das heißt, dass nur 40 Prozent der Fälle, die als positiv berichtet wurden, tatsächlich für das Infektionsgeschehen relevant und 60 Prozent vollkommen irrelevant waren.

Wer hat diesen CT-Wert von 40 vorgegeben? 

Das weiß ich nicht genau. Wir haben ihn vom Hersteller der PCR-Tests. Wo dieser letztlich den Wert herbekommen hat, ob von der WHO, weiß ich nicht. Anfangs waren es unterschiedliche Werte, die im Umlauf waren. Heute berichtete jemand hier, dass in der Intensivpflege der Ct-Wert 30 maßgeblich war. Ab diesem wurde man von der Intensiv- auf eine Normalstation verlegt und galt als geheilt. Das heißt, später hatte man offenbar den Wert eine bisschen heruntergeschraubt.

In der Anfangszeit hat der hohe Ct-Wert dazu geführt, dass die Anzahl der angeblichen Infektionsfälle sprunghaft angestiegen ist – das war die Auswirkung.

Die Inzidenz und die Fallzahlen aufgrund der Testergebnisse hat die Politik dann als Grundlage für die politischen Maßnahmen genommen.

Das haben wir auch kritisiert, weil diese Grundlage basierte auf einer Zahl, die um 60 Prozent zu hoch lag.

Angela Merkel (CDU) als damalige Bundeskanzlerin wurde damals im Bundestag zu unserer Studie befragt. Sie antwortete: „Sie wissen aber nicht, in welchem Moment des Krankheitsverlaufes Sie diese [PCR-]Messung machen, ob er morgen also einen niedrigeren oder einen höheren Ct-Wert hat. Davon hängt aber ab, ob er morgen noch ansteckend ist oder nicht.“

Der Abgeordnete, der die Frage damals stellte, hätte eigentlich eine Nachfrage stellen müssen. Die hätte lauten müssen: „Wenn das der Fall ist, also man heute negativ und morgen schon positiv sein kann, dann müsste der Bürger sich jeden Tag alle zehn Minuten testen lassen, weil sich immer was ändern kann?“ Jeder Test ist natürlich ein Schnappschuss. Es war eine Art politisch schlaue Antwort der Bundeskanzlerin, aber wissenschaftlich gesehen war es eine sinnlose Antwort.

Warum war es wissenschaftlich gesehen eine sinnlose Antwort?

Ob der Patient krank ist, hängt davon ab, ob er Symptome hat, ob er Fieber hat oder Veränderungen im Röntgenbild oder der Computertomografie zu sehen sind. Auch im Ausheilungsprozess kann ein PCR-Test positiv ausfallen, dabei liegt gar keine infektiöse Erkrankung mehr vor.

Ein PCR-Ct Wert von 25 oder darunter sagt noch nichts darüber aus, ob dieser Mensch wirklich krank ist.

Bei Corona hat man einen Infektionsfall durch einen positiven PCR-Test definiert. Also jeder positive PCR-Test war ein COVID-19-Fall und umgekehrt. Aber das ist natürlich nicht so. So geht man in der Medizin nicht vor. In der Medizin hat man eine Vielzahl von Mosaiksteine, die man in der Klinik zusammenbringt, Röntgenbild, Ultraschall, vielleicht mehrere Laboruntersuchungen.

In diesem Kontext kann natürlich der PCR-Test auch einen wertvollen Beitrag zur Diagnostik leisten, aber nie allein. Anhand des Ct-Werts sieht man wie einen das in die Irre führen kann. Ein positiver PCR-Test kann nie gleichgesetzt werden mit einer klinischen Diagnose.

Ist das Ihre Hauptkritik? Also, dass die Bundesregierung und die Regierungen der Länder die PCR-Testergebnisse als Hauptkriterium für die Corona-Maßnahmen genommen haben?

Ja, genau, wenn der Patient „positiv“ getestet, aber vollkommen symptomfrei war, hat man dann den asymptomatischen Fall erfunden. Aber normalerweise ist dieser „asymptomatische“ Patient einfach nur gesund.

Wir haben es heute hier in einem Vortrag gehört. Die eine Säule für die politischen getroffenen Corona-Maßnahmen war der PCR-Test, die zweite Säule war der „asymptomatische Kranke“ und die dritte Säule war die angebliche Überbelegung der Krankenhäuser. Auf diesen drei Säulen basierten die politischen Maßnahmen, die Notlage und so weiter. All diese drei Säulen waren jedoch auf Sand gebaut und nicht solide.

Während der Corona-Zeit ist man von der Art, wie man Medizin immer praktiziert hat, abgekommen und hat Dinge verabsolutiert, um ausgerichtet an einem Angstszenario bestimmte Ziele zu erreichen. Die Medizin hat sich aus meiner Sicht hier missbrauchen lassen. Und das geht nicht.

Also waren die PCR-Tests mit dem hohen Ct-Wert von 40 Ihrer Ansicht nach einfach ein politisches Instrument, um die politischen Maßnahmen zu rechtfertigen?

Das ist mit Sicherheit so. Ob man jetzt extra den Wert so festgelegt hat, um die Zahlen künstlich hochzutreiben, das ist eine Vermutung. Als Wissenschaftler kann ich politisch dazu nichts sagen. Ich kann nur sagen, dass man den Ct-Wert aus meiner Sicht hätte anpassen müssen. Die Lehre daraus sollte sein, dass man zukünftig beim Testergebnis immer den Ct-Wert angeben muss.

Wurde nach Bekanntwerden ihrer Studie deutschlandweit der CT-Wert niedriger gesetzt?

Nein, bisher, soweit ich weiß, gilt der Ct-Wert von 40 als „Cut off’“, also als Grenze zwischen „positiv“ und „negativ“ immer noch. Einige der Labore sind aber dazu übergegangen, zumindest den Zählwert mit zu berichten.

Sie sprachen von einer neuen Studie. Was ist der Inhalt dieser neuen Studie?

Das ist keine Studie, sondern eine wissenschaftstheoretische Facharbeit. Dabei geht es um die Frage, ob man einen PCR-Test oder ein Vorhandensein einer bestimmten Gensequenz allein gleichsetzen kann mit einer Erkrankung. Wir kommen in dieser Arbeit zu dem Schluss, dass das wissenschaftlich und erkenntnistheoretisch nicht zulässig ist.

Vielen Dank für das Interview.

Anmerkung der Redaktion: Recherchen der Epoch Times ergaben, dass beispielsweise der Laborverbund Dr. Kramer & Kollegen für alle im Zentrallabor verwendeten PCR-Verfahren den einheitlichen Schwellenwert von Ct 30 nutzt, um sie als „positiv“ zu deklarieren. Zu dem Laborverbund gehören 19 Labore, die den Schwellenwert selbst bestimmen.

Wie viele Vermehrungszyklen eine PCR-Untersuchung habe, hänge vom Testsystem ab (in der Regel zwischen 40 und 45), und so wird auch der obere „Cut-off-Wert“ vom Testhersteller vorgegeben, erklärte uns Dr. Andreas Roggenkamp. Er ist Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie am MVZ Labor Passau.

Jedoch habe sich der (durchschnittliche) Ct-Wert über die Zeit verändert. „Es gab [SARS-CoV-2]-Virusvarianten, die zu einer höheren Viruslast geführt haben und bei akuten Infektionen tendenziell mit niedrigeren Ct-Werten einhergegangen sind und sicherlich gab es auch Testsystem-abhängige Veränderungen und solche, die in dem Screening-Verhalten der Einsender zu suchen sind.“

Was ist der Ct-Wert? Je höher die Konzentration an Viren oder Virenresten in einer Probe ist, desto geringer die Anzahl der erforderlichen Vermehrungszyklen, bis die gesuchte Gensequenz (Virus-RNA) gefunden wird. Der Ct-Wert gibt an, wie viele Vermehrungszyklen bis zu diesem Zeitpunkt notwendig waren. Je niedriger der Ct-Wert, desto höher ist die Probe mit den Viren oder Virus-Resten belastet. Es sagt jedoch nichts darüber aus, ob der Mensch tatsächlich infektiös ist oder Symptome hat.



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