Pulverdampf, Balkonbilder und die Ente über die Rente: Zwei Wochen Jamaika-Sondierungen

Die Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition werden Freitag zwei Wochen alt, dann wollen Union, FDP und Grüne eine Zwischenbilanz ziehen. Was ist bisher geschehen?
Titelbild
Bundestag.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times2. November 2017

Die Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition werden Freitag zwei Wochen alt, dann wollen Union, FDP und Grüne eine Zwischenbilanz ziehen. Die Stimmung zwischen den Verhandlern ist schwankend – mal klopfen sie sich auf die Schultern, mal tauschen sie kleine Gemeinheiten aus. Selbst der Name für das mögliche Bündnis steht noch nicht fest.

Wie läuft’s?

Zunächst gab es schnell Einigungen zur Finanzpolitik – bis die Grünen klarstellten, dass es kein Einigung gibt. Die Gespräche zu den Streitthemen Zuwanderung und Klimapolitik brachen die Jamaika-Parteien dann vorsichtshalber gleich ergebnislos ab. Ein Zwischenhoch gab es dann am Montag, als es bei Forschung, Bildung und Digitalisierung gut lief. Bei anderen Themen wissen Union, FDP und Grüne zumindest, welche Probleme sie besprechen wollen. Der Streit um Zuwanderung und Klima aber schwelt weiter – er hat das Potenzial, die Verhandlungen scheitern zu lassen.

Wer nimmt welche Rolle ein?

Die CDU ist der Moderator: Kanzlerin Angela Merkel leitet die Runden, außerhalb der Sitzungen schweigt sie. Auch andere CDU-Beteiligte halten sich mit öffentlichen Forderungen zurück. Den Grünen kommt gerade beim Klimaschutz und der Zuwanderung die Rolle des Außenseiters zu. In diese Ecke werden sie aber auch von CSU und FDP gestellt, die den Grünen mehrfach die Schuld für ein Stocken der Verhandlungen gaben. Die FDP könnte sich beim Konfliktthema Zuwanderung in der Rolle eines Vermittlers versuchen.

Wie ist die Stimmung?

Zu Beginn warnte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Grünen vor „linken Spinnereien“ und wetterte gegen eine „Prenzlauer-Berg-Mentalität der Wohlstandsgrünen“. FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann verortete die Grünen nah an der „Gesprächsverweigerung“. Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner attestierte Union und FDP seinerseits einen „klimapolitischen Zickzack-Kurs“, bevor er dann zu Beginn dieser Woche den „Pulverdampf“ verflogen sah. Doch vor der Bilanzrunde am Freitag wird erneut scharf geschossen: Grünen-Chefin Simone Peter warf dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner in der Flüchtlingspolitik „populistische Plattitüden“ vor.

Was hat Jamaika schon hervorgebracht?

Vor allem viele Balkon-Fotos: Einen kleinen Einblick in ihre Treffen gewähren die Verhandler, wenn sie sich in Sitzungspausen rauchend, telefonierend oder bei einem Glas Wein plaudernd auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft zeigen. Für die Fotografen sind diese lockeren Momente mangels Alternativen ein beliebtes Motiv. Im Kreis dreht sich dann alles, wenn die Abgelichteten wie FDP-Chef Lindner mit dem Smartphone zurückknipsen und ihre Bilder von den Fotografen auf Twitter veröffentlichten.

Was hat überrascht?

Die Renten-Ente. Mitte der Woche meldete eine Zeitung, Union, FDP und Grüne hätten sich darauf verständigt, die erst 2014 von der großen Koalition eingeführte Rente mit 63 teilweise wieder abzuschaffen. „Wir dementieren das für alle, die da mit am Tisch saßen“, widersprach Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Wer die Ente platzierte und warum, blieb zunächst unklar

Worüber wird außerdem diskutiert?

Über den Namen eines möglichen Bündnisses. Waren zu Beginn der Verhandlungen Jamaika-Vergleiche in aller Munde („Der Weg nach Jamaika ist noch sehr weit“), wurden diese inzwischen in den öffentlichen Stellungnahmen von „Brückenbau“-Bildern abgelöst. Die FDP will den Jamaika-Stempel offenbar loswerden und versucht, den Begriff „Kleeblatt-Koalition“ zu etablieren – bislang ohne Erfolg. Die SPD nennt das potenzielle Bündnis konsequent „schwarze Ampel“, was ganz unglamourös als „Schwampel“ abgekürzt wird. (afp)



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