Rheinland-Pfalz: Wirbel um halbe Brote – Bäcker fühlen sich durch Eichamt schikaniert

In Rheinland-Pfalz hat das Eichamt nach dem Testkauf eines halben Brotes ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen einen Bäcker eingeleitet. Zwar endete dieses ohne Bußgeld – das Handwerk fühlt sich dennoch schikaniert.
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Die Hälfte eines ursprünglich 750 Gramm schweren Brotes darf maximal 11,25 Gramm vom halben Gewicht abweichen.Foto: iStock
Von 2. August 2023

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Ein Bericht der „Bild“ hat im Bundesland Rheinland-Pfalz weite Kreise gezogen. Seither weigern sich viele Bäcker, halbe Brote zu verkaufen – aus Angst vor Bußgeldern in dreistelliger Höhe. Das Eichamt weist Vorwürfe, das Handwerk zu schikanieren, von sich. Ein politischer Flurschaden ist dennoch infolge der Affäre zu befürchten.

Deutsches Brot vor EU-Maßregeln geschützt – aber nicht vor heimischer Bürokratie

Der Meldung zufolge hat das „Landesamt für Mess- und Eichwesen“ Testkäufer in Bäckerei-Filialen geschickt. Diese sollen kontrolliert haben, ob Brot vor dem Verkauf noch einmal gewogen worden sei. Üblicherweise ist dieses bereits nach der Produktion gewogen worden. Mit dem Halbieren sei jedoch eine neue Ware entstanden, die erneut abgewogen werden müsse.

Auf „Reddit“ postete ein Nutzer das Foto vom Aushang eines Bäckers, der ankündigte, aufgrund der Aktivitäten des Eichamts keine Brote mehr zu halbieren. Man könne in den eigenen Filialen „nicht gewährleisten […], Brote exakt zu halbieren und somit den Vorgaben des Eich- und Messgesetzes zu entsprechen“.

Da Brot in Deutschland als UNESCO-Kulturerbe eingetragen ist, genießt es ein gewisses Maß an Immunität gegenüber EU-Vorgaben. Nun jedoch sehen Bäcker ihr Handwerk durch bürokratische Interventionen bedrängt.

CDU: „Solcher Irrsinn lässt Menschen an Politik zweifeln“

Die CDU im Landtag hat FDP-Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt aufgefordert, „diesem Unsinn schnellstmöglich Einhalt zu gebieten“. Die „Welt“ zitiert den Geschäftsführer der Unionsfraktion im Landtag, Martin Brandl, mit der Aussage:

Es ist genau so ein Irrsinn, der die Menschen daran zweifeln lässt, ob sich Politik und Verwaltung um die tatsächlichen Probleme der Bürgerinnen und Bürger kümmern.“

Brandl stammt selbst aus einer Bäckerfamilie. Er fügte hinzu, er habe „noch nie die Sorge erlebt, jemand könnte am Ende eine Scheibe zu viel oder zu wenig bekommen haben“.

Landesregierung: „Wir haben keine Bäcker schikaniert“

Die Landesregierung und das Eichamt selbst treten mittlerweile den Berichten entgegen, sie hätten Bäcker schikaniert und leichtfertig mit Bußgeldbescheiden um sich geworfen. Man habe zu keiner Zeit ein Bußgeld wegen halber Brote verhängt.

Man habe ein einziges Unternehmen „um weitere Informationen“ gebeten, heißt es aus der Staatskanzlei in Mainz. Grund dafür sei gewesen, dass dieses ein komplettes Zwei-Kilogramm-Brot für 7,65 Euro angeboten habe. Ein Viertel davon habe man jedoch für 2,40 Euro angeboten, was einen Kilopreis von 4,80 statt 3,825 Euro ergeben habe.

Diese Preisgestaltung sei zwar zulässig, allerdings hätte der Bäcker den Kilopreis auszeichnen müssen. Dies sei nicht geschehen, weshalb man an den betreffenden Betrieb herangetreten sei. Im Übrigen gelte, dass unverpackte Ware vor dem Verkauf abzuwiegen sei.

„Einhaltung der Gesetzeslage angemahnt“

Das Eichamt selbst hat ebenfalls eine Stellungnahme zu der Angelegenheit veröffentlicht. Man kontrolliere den Verkauf von verpackten und unverpackten Backwaren, hieß es darin. Dies sei Teil des Vollzugs des Mess- und Eichgesetzes und der Fertigpackungsverordnung. Die Berichte über Bußgelder für halbe Brote seien jedoch unzutreffend:

Entgegen der[sic] derzeitigen Darstellungen in den Medien hat das Landesamt für Mess- und Eichwesen Rheinland-Pfalz nicht untersagt, auf Kundenwunsch halbierte Brote zu verkaufen. Es wurden auch keinerlei Bußgelder festgesetzt. Bäckereien dürfen weiterhin halbierte Brote verkaufen.“

Wo Ansprachen erforderlich gewesen seien, habe man diese durchgeführt und die Einhaltung der Gesetzeslage angemahnt. Zu dieser gehöre unter anderem die Verwendung einer Waage. Infolge der Beratung sei es zur Umsetzung der Vorgaben gekommen. Aufgrund dessen „war es beim Verkauf von auf Kundenwunsch halbierten Broten durch die Behörde nicht erforderlich, mit weitergehenden Maßnahmen einzugreifen“.

Eichamt bestreitet Festsetzung einer Geldbuße gegen Bäcker

Das Amt habe lediglich einen Probekauf durchgeführt, hieß es weiter. Man habe das Unternehmen im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens „um Informationen gebeten“. Das Verfahren endete demnach ohne Sanktion:

Entgegen der derzeitigen Darstellung wurde auch in diesem Verfahren keine Geldbuße festgesetzt.“

Das Eichamt wies in seiner Erklärung zudem darauf hin, dass es bezüglich des Verkaufs halber Brote in Bäckereien Unterschiede gebe. Es sei zu unterscheiden, ob ein Bäcker Brot auf Wunsch des Kunden an der Ladentheke halbiere oder im Vorhinein in Teilstücken abpacke.

Im letztgenannten Fall stelle der Bäcker ein vorverpacktes Lebensmittel her, ähnlich wie man sie in Supermärkten finde. Nach der Lebensmittelinformationsverordnung und der Fertigpackungsverordnung sei in diesem Fall eine Gewichtskennzeichnung erforderlich.

Brote unter 500 Gramm dürfen nicht mehr geteilt werden

An peniblen Vorgaben für Bäcker lässt diese jedoch darüber hinaus wenig vermissen. So darf ein halbes Brot nach der Halbierung 15 Gramm vom angegebenen Gewicht abweichen, die Hälfte eines ursprünglich 750 Gramm schweren Brotes jedoch maximal nur 11,25 Gramm. Beim Verkauf ist dies jeweils mittels geeichter Waagen nachzuweisen. Eine davon kostet etwa 5.000 Euro – und das in Zeiten hoher Energie- und Getreidepreise.

Brote, die ursprünglich 500 Gramm wogen, dürfen gar nicht mehr halbiert werden. Der Grund: Backwaren mit einem Gewicht unter 250 Gramm gelten der Verordnung zufolge nicht mehr als Brot, sondern als Kleingebäck. Für dieses gelten jedoch abweichende Regeln.

In Berlin beanstandete das Landesamt für Mess- und Eichwesen vor fünf Jahren, dass die Mengenangabe in Gramm auf einem Glas mit selbst gemachter Marmelade orthografisch inkorrekt wiedergegeben war. Zudem gab es ein Verwarngeld von 50 Euro dafür, dass im Verkaufsladen eine alte, aber ungeeichte Waage zu Dekorationszwecken stand.



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