Scholz: „‚Frieden schaffen ohne Waffen‘ – das finde ich total lustig“

Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich in einem Interview zu seinem Auftritt in München, über die wirtschaftliche Situation von Deutschland und die vielen Krisen, die er in seiner Regierungszeit bewältigen musste.
Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht in einem Interview Rede und Antwort.Foto: Ina Fassbender/AFP via Getty Images
Von 22. August 2023

Der Sommerurlaub von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist vorbei. Am vergangenen Freitag trat er bereits in München wieder an die Öffentlichkeit – und sorgte mit hitzigen Worten zur Ukrainepolitik der Bundesregierung und ihren Kritikern für Schlagzeilen.

Danach standen Interviews auf dem Programm, eines mit der „Augsburger Allgemeinen“, das am Montag, 21. August, erschien. Dabei stand er zu verschiedenen Themen Rede und Antwort – auch zu seinem Auftritt in München.

Vom Friedensaktivisten zu deren Kritikern

Der Reporter konfrontierte den Kanzler mit dieser Situation: „Sie gelten als sehr beherrscht. Doch als Sie jüngst wegen Ihrer Ukrainepolitik als Kriegstreiber beschimpft wurden, sind Sie regelrecht aus der Haut gefahren.“

Scholz spielte das herunter und sprach von einer „kleinen Veranstaltung“ mit ein paar Hundert Leuten. „Dann kamen einige Pöbler mit lautem Geschrei und Trillerpfeifen und brüllten: ‚Frieden schaffen ohne Waffen‘ – das finde ich total lustig“, sagte der Kanzler mit fast verhöhnendem Unterton.

Er erinnerte sich dabei an früher, als er sich selbst für den Frieden einsetzte. „Ich habe schon in den 80er Jahren Friedensdemos organisiert – und dann kommen die an. Deshalb kann ich diese Vorwürfe nicht stehen lassen. In solchen Momenten muss man auch mal dagegenhalten.“

Ein Artikel des „Spiegel“ belegt, wie Scholz im Oktober 1983 als Juso (Junger Sozialist) an einer der größten Demonstrationen in der Geschichte der Bundesrepublik teilnahm. Hunderttausende gingen damals in Bonn auf die Straße. Sie demonstrierten gegen die Nachrüstung und den NATO-Doppelbeschluss, den die Regierung von SPD-Kanzler Helmut Schmidt beschlossen hatte. Es war der Höhepunkt der Friedensbewegung.

Aktuell hält Scholz den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin für den alleinigen Verursacher des Ukraine-Kriegs.

Das bestätigte er erneut im Interview: „Es ist furchtbar, dass Putin diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat. Der Krieg ist völlig ungerechtfertigt und absurd.“ Der SPD-Politiker beklagte die „mehreren Hunderttausend Tote auf beiden Seiten“, alles wegen des „imperialen Wahns“ von Putin.

Scholz trotz Rezession optimistisch

Zur wirtschaftlichen Lage Deutschlands äußerte sich Scholz ebenfalls. Der Reporter sprach ihn darauf an, dass das Land derzeit in einer Rezession stecke.

Dem entgegnete der Kanzler, dass man „den Standort Deutschland nicht schlecht- und uns nicht in eine Krise hineinreden“ soll. Stattdessen erwähnte er die positiven wirtschaftlichen Aspekte: „Wir haben gerade 45 Millionen Erwerbstätige, das ist ein Rekord, und die Zahl wird weiter steigen.“ Auch die Arbeitslosigkeit liege deutlich unter den Werten um die Jahrtausendwende.

Zudem bereite die Bundesregierung derzeit „den massiven Umbau“ der Industrie vor. „Wir wissen, wo wir hinwollen. Es gibt allen Grund für Optimismus“, sagte Scholz zuversichtlich. Damit umging der Kanzler die Frage, wie er das Land aus der Rezession herausführen will.

Weiter nannte er das Beispiel des Elektroautobauers Tesla, der sich für Deutschland als Standort seiner neuen Fabrik entschieden hatte. „Es entstehen mehrere Batteriefabriken hier. Wir werden der Halbleiter-Produktionsstandort Europas mit neuen Werken in Dresden, in Magdeburg und in Halle. All das passiert gerade.“

Scholz gestand ein, dass der Staat dafür Milliarden an Subventionen hinlegen müsse. Dennoch werde das so auch „in all den anderen Staaten, wo solche Fabriken gebaut werden sollen“ gehandhabt. „Die Investition von Intel in Magdeburg ist die größte ausländische Direktinvestition in der Geschichte Europas“, erklärte Scholz.

Kanzler: „Regierung macht gute Arbeit“

Insgesamt beurteilte der Kanzler die bisherige Arbeit seiner Regierung als gut. „Wir haben weitreichende Entscheidungen getroffen und auch Probleme gelöst, die vor Regierungsantritt niemand auf der Rechnung hatte“, resümierte der 65-jährige. Seiner Ansicht nach gerate Deutschland seit Jahren von einer Krise in die nächste – ohne dafür selbst etwas zu können.

Scholz übernahm das Amt des Bundeskanzlers 2021 während der Corona-Krise. Diese „hat das Leben von unglaublich vielen Bürgern bedroht und viele Leben gekostet. Wir hatten Glück und sind durch diese Zeit bei allen Belastungen einigermaßen gekommen, weil es schnell mehrere Impfstoffe gab.“ Der Kanzler erwähnte dabei die Rettungsmaßnahmen: „Mit einigen Hundert Milliarden Euro zusätzlicher Verschuldung haben wir damals verhindert, dass Wirtschaft und Lebensverhältnisse komplett zusammenbrachen.“ Die Schulden seien allerdings geblieben, das dürfe man nicht aus dem Blick verlieren.

Darüber hinaus habe Corona viele Menschen verunsichert und bis in Familien und Freundeskreise hinein Streit ausgelöst. „Das konnten wir als Gesellschaft nie wirklich verarbeiten“, da direkt im Anschluss der Ukraine-Krieg folgte. Die Bundesregierung habe laut Scholz daraufhin „in kürzester Zeit dafür sorgen müssen, dass bei uns die Wohnungen im Winter nicht kalt werden und die Lichter nicht ausgehen, weil die Energielieferungen aus Russland ausfielen.“

Das sei der Ampel gelungen. „Weder mussten Fabriken in großem Maßstab schließen, noch haben wir eine tiefe Wirtschaftskrise zu bewältigen – auch wenn die Gefahr bestand“, gab sich Scholz zufrieden. Dabei gestand er auch, dass „längst noch nicht alle Probleme gelöst“ sind.

Als dritte große Krise nannte der SPDler die „Klimakrise“. Die Bundesregierung müsse „das Klima besser schützen, damit wir weiterhin gut auf dieser Welt leben können. All diese Veränderungen stehen jetzt an – und führen zu Verunsicherungen und Sorgen.“

Offen für Dialog mit Opposition

Um große Entscheidungen für das Land zu treffen und durchzusetzen, sprach Scholz im Weiteren seine ständige Bereitschaft für Dialoge mit der Opposition an. „Es gehört aus meiner Sicht zu unserer Demokratie, dass die demokratischen Parteien zusammenarbeiten, und zwar auch über die Grenze von Regierung und Opposition hinweg.“ Dabei bezog er sich allerdings explizit auf die Unionsparteien.

Bei manchen Situationen sei es sogar „extrem wichtig, dass Regierung und Opposition zusammenfinden.“ Als Beispiel nannte er das Sondervermögen für die Bundeswehr. „Dazu brauchten wir eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im Bundestag, das geht gar nicht im Alleingang. Deshalb führe ich diesen Dialog.“

Die AfD wertet der Kanzler weiterhin als „Schlechte-Laune-Partei“ ab. Dabei musste er gleichzeitig zugeben, dass es in mehreren westlichen Staaten bereits „rechte Parteien“ gibt, die auch in regierender Position sind. „Auch und gerade in Ländern, die wirtschaftlich gut dastehen“, stellte Scholz fest. Die Ursache dafür sieht er in einer Verunsicherung vieler Menschen bezüglich der Globalisierung.



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