Scholz im Flutgebiet – „Es wird jetzt langsam“

Das Juli-Hochwasser verwüstete Teile von NRW und Rheinland-Pfalz. Jetzt machte sich Bundeskanzler Olaf Scholz ein Bild vom Wiederaufbau. Der schreitet voran.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Ufer der Ahr mit Ortsbürgermeister Walter Radermacher (l).
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Ufer der Ahr mit Ortsbürgermeister Walter Radermacher (l).Foto: Boris Roessler/dpa-Pool/dpa
Epoch Times30. März 2022

Ein Dreivierteljahr nach der verheerenden Juli-Flut in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag vor Ort über den Stand des Wiederaufbaus informiert. Erste Station: Bad Münstereifel, südwestlich von Bonn.

Es ist 13.10 Uhr, als vor dem Rathaus eine schwarze Limousine vorfährt. „Hallo Herr Bundeskanzler!“, ruft ein Junge. Aber der ist es gar nicht, es ist NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Sichtbare Verwirrung bei dem Jungen und einigen anderen Kindern. In der nächsten Limousine sitzt auch kein Scholz, sondern Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Erst dann, der Turm der alten Stiftskirche hat schon Viertel nach Eins geschlagen, hält noch ein dritter Wagen. „Das ist er!“ Kurzes Winken, knappe Worte. Unterredung mit der Bürgermeisterin im Rathaus.

„Leute lächeln wieder“

Dann geht es runter zur Erft, die jetzt beschaulich dahinplätschert. Überall stehen Bagger und Lastwagen, alles sieht sehr nach Arbeit aus. Die meisten Outlet-Geschäfte – für die Bad Münstereifel bekannt ist – haben noch geschlossen. In manchen wird schon verputzt, in anderen stehen noch Luftentfeuchter. „Zu der Zeit, als Merkel hier war, herrschte noch eine andere Situation“, berichtet Sarah (22). „Inzwischen sieht man die Leute wieder lächeln.“

Ministerpräsident Wüst spricht in dem Zusammenhang von einer „fröhlichen Anpackermentalität“. Immer noch könne man erahnen, welche Schäden das Hochwasser angerichtet habe. Aber: „Es ist absolut beeindruckend, mit welcher mentalen Stärke die Menschen hier bei der Sache sind. Das nötigt hohen Respekt ab. Auch die Landeshilfen gehen immer zügiger voran.“ Bei der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer waren in Deutschland mehr als 180 Menschen ums Leben gekommen, die meisten davon im rheinland-pfälzischen Landkreis Ahrweiler.

Sofort erkannt

Scholz stellt sich auf eine notdürftig gesicherte Brücke, noch ohne Geländer. Außerdem schaut er bei einer Kunstgalerie herein und im Restaurant „En de Höll“ (In der Hölle). Die niederländische Touristin Anita aus Utrecht staunt, als sie plötzlich vor ihm steht. Ja, sie habe ihn sofort erkannt, sagt sie. „Hey, das ist Scholz“.

Ein Schüler auf dem Weg nach Hause meint: „Das ist doch nur Promo!“ Ein anderer ruft seinen Kumpels zu: „Wir haben ihn gesehen, live und in Farbe. Moritz hat ein Autogramm von ihm!“ Doch Moritz stellt klar: „Das nicht, aber ich hab ein Video.“ Der Unterricht ist für sie ausgefallen, Politik zum Anfassen sei wichtiger, hieß es. Julian Seliger (15) vom St. Michael-Gymnasium meint: „Ist doch ganz gut, dass er sich anguckt, was hier abgeht. Dass das noch aktuell für ihn ist.“ Mit einigen Schülerinnen und Schülern, die sich bei den Aufräumarbeiten besonders engagiert haben, führt Scholz auch ein Gespräch – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dann fährt er weiter ins Ahrtal.

„Wasser stand 1,80 Meter hoch“

Gerda Zwingmann (82) hat ihr ganzes Leben in Bad Münstereifel verbracht. Sie bewohnt in der Altstadt ein denkmalgeschütztes Haus aus dem 15. Jahrhundert. „Das Wasser stand bei uns 1,80 Meter hoch“, erzählt sie. Als es wieder abzog, bot sich ein Bild der Zerstörung: „Kein Boden mehr drin, Löcher in den Wänden, keine Elektronik mehr.“ Es habe einige Zeit gedauert, bis etwas geschehen sei. Inzwischen ist sie aber sicher: „Es wird jetzt langsam.“ Zwar sei es eine Sieben-Monats-Aktion gewesen, an die Hilfsgelder zu kommen, aber mittlerweile habe es geklappt.

Eigentlich könnte man jetzt, im Frühling, wieder etwas optimistischer in die Zukunft blicken. Wäre da nicht der Krieg in der Ukraine. „Ich habe schon einen Krieg erlebt“, sagt Gerda Zwingmann. 1944 war sie fünf Jahre alt. „Da habe ich eine Erinnerung, wie wir in einen Felsenkeller gelaufen sind, als die Bomben fielen.“ Sie hält einen Moment inne. „Vielleicht sollte man sich überlegen, die mal wieder flott zu machen. Man weiß ja nie, was noch kommt.“ (dpa/red)



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