Scholz sagt erneut vor „Cum-Ex“-Ausschuss aus – Transparenz gefordert

Ein Untersuchungsausschuss will klären, ob SPD-Politiker Bankern helfen wollten, mit „Cum-Ex“-Geschäften zu unrecht erlangte Millionen zu behalten. Scholz war Bürgermeister und soll heute erneut in Hamburg aussagen.
Titelbild
Olaf Scholz im BundestagFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times19. August 2022

Angesichts von Rücktrittsforderungen und dem vielstimmigen Ruf nach Antworten auf offene Fragen wird Bundeskanzler Olaf Scholz heute ein zweites Mal vor dem „Cum-Ex“-Ausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft erwartet.

Als Zeuge soll er bei der Klärung der Frage helfen, ob er oder andere führende SPD-Politiker Einfluss auf die steuerliche Behandlung der in den „Cum-Ex“-Skandal verwickelten Warburg Bank genommen haben. Scholz bestreitet dies.

Ursprünglich war der zweite Auftritt des Kanzlers als Abschluss des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses geplant. Durch das Bekanntwerden von Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft Köln, die wegen der „Cum-Ex“-Geschäfte der Warburg Bank ermittelt, und Presseberichten über bislang geheimgehaltene Protokolle einer Aussage von Scholz 2020 vor dem Finanzausschuss des Bundestages, haben sich aber viele neue Fragen ergeben.

CDU und Linke in der Bürgerschaft wollen inzwischen eine Ausweitung des Untersuchungsauftrags erreichen und Scholz noch ein drittes Mal laden.

Rücktrittsforderungen

Angesichts der neuen Erkenntnisse forderte der Obmann der CDU im Ausschuss, Richard Seelmaecker, den Rücktritt von Scholz und seinem Nachfolger als Bürgermeister, Peter Tschentscher. Beide hätten 2016 politischen Einfluss auf die Behandlung der in die „Cum-Ex“-Affäre verwickelten Warburg Bank genommen, um das Geldhaus vor hohen Steuerrückforderungen zu bewahren, sagte er dem „Spiegel“. „Beide müssen zurücktreten“, sagte er auch der dpa.

Hintergrund sind Treffen Scholz‘ mit den Gesellschaftern der Bank, Christian Olearius und Max Warburg, 2016 und 2017. Nach den ersten Treffen im Rathaus hatte Scholz den Bankern laut Aussage von Olearius empfohlen, ein Schreiben an Tschentscher zu schicken, in dem die Bank die Rückforderung von 47 Millionen Euro zu unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer als ungerechtfertigt dargestellt hatte.

Tschentscher hatte das Schreiben mit der „Bitte um Informationen zum Sachstand“ an die Finanzverwaltung weitergereicht, wo man sich kurze Zeit später entgegen ursprünglichen Plänen entschloss, die Forderung in die Verjährung laufen zu lassen. Auch eine Forderung über 43 Millionen Euro wurde ein Jahr später erst kurz vor Eintritt der Verjährung und auf Anweisung des Bundesfinanzministeriums erhoben.

Erinnerungslücken

Tschentscher hatte die Weiterleitung des Schreibens vor dem Ausschuss bestätigt. Den Vorwurf einer Einflussnahme bezeichnete er aber als „haltlos“. Scholz, der die Treffen mit den Bankern eingeräumt hat, sich an den Inhalt der Gespräche aber nach eigenen Angaben nicht mehr erinnern kann, bestreitet ebenfalls jede Einflussnahme.

Dass diese Erinnerungslücken vorgeschoben seien, werde auch aus dem vom „Stern“ veröffentlichten Protokoll einer als geheim eingestuften Sitzung des Finanzausschusses des Bundestages deutlich, demzufolge Scholz noch im Juli 2020 ein Treffen mit den Warburg-Gesellschaftern eingeräumt, dessen Bedeutung aber heruntergespielt habe, sagte Seelmaecker. „Und bei uns im Ausschuss konnte er sich plötzlich nicht mehr daran erinnern.“ Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Es stinkt zum Himmel, wenn sich Olaf Scholz jetzt angeblich an nichts erinnern kann.“

Auch der Vizefraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Mathias Middelberg, nannte Scholz‘ Erinnerungslücken „immer unglaubhafter“ angesichts zahlreicher belastender Fakten. „Scholz‘ Strategie, nichts zu wissen und nichts zu erinnern, ist schon jetzt belastend für einen Kanzler, der doch sonst kenntnisreich und souverän erscheinen will“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Freitag). Er schloss auch nicht aus, Scholz in den Finanzausschuss des Bundes zu laden.

Forderung nach Transparenz

Linken-Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch sprach im selben Blatt von einer „Wolke des Misstrauens über dem Bundeskanzler, die der Öffentlichkeit nicht länger zumutbar ist und dem Amt schadet“. Scholz müsse seine Rolle am Freitag vor dem Ausschuss transparent machen. „Olaf Scholz sollte die Gelegenheit nutzen, um endlich Klarheit zu schaffen“, sagte Bartsch. Nutze er die Gelegenheit wieder nicht, „würde das weitere Untersuchungen nach sich ziehen müssen“.

Als „einfach unplausibel“ bezeichnete der Finanzexperte der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International, Stephan K. Ohme, die Darstellung von Scholz. „Der Kanzler ist ein ausgewiesener Fachmann in diesen Themen, er wusste um die Bedeutung der Frage, der Warburg-Bank eine Steuerschuld aus Cum-Ex-Geschäften in Millionenhöhe zu erlassen“, sagte Ohme den Funke-Zeitungen.

Unterstützung erhielt der Bundeskanzler von seinem Finanzminister Christian Lindner, der ihm in der „Rheinischen Post“ sein „volles Vertrauen“ aussprach. „Ich habe Olaf Scholz zu jedem Zeitpunkt – ob in der Opposition oder jetzt in der Regierung – als integre Person wahrgenommen und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln“, sagte der FDP-Chef.

Scholz hatte allzu großen Erwartungen an seine Aussage allerdings bereits vergangene Woche in seiner Sommerpressekonferenz einen Dämpfer verpasst. „Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gegeben hat“, sagte er und verwies auf umfangreiche Untersuchungen in den vergangenen zweieinhalb Jahren. „Ich bin sicher, dass diese Erkenntnis nicht mehr geändert werden wird.“ (dpa)



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