Söder und Aigner läuten Bayern-Wahlkampf ein – AfD fängt sich weitere Rüge ein

Die letzte Sitzung im Bayerischen Landtag der Wahlperiode stand stark unter dem Einfluss der anstehenden Landtagswahl im Herbst. Sowohl die Landtagspräsidentin als auch der Ministerpräsident teilten gegen die AfD aus, die sich nach einem Plakatauftritt mit einer Rüge aus der Wahlperiode verabschiedete.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, will laut eigener Aussage nicht für das Kanzleramt kandidieren.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.Foto: Bodo Schackow/dpa
Von 24. Juli 2023

Am 8. Oktober 2023 steht in Bayern die Landtagswahl an. Unter diesem Stern standen auch die diesjährigen Schlussworte von Landtagspräsidentin Ilse Aigner (58, CSU) und Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU). Sie griffen am Ende der letzten Vollsitzung des Parlaments am Donnerstag die AfD scharf an.

Landtagspräsidentin Aigner äußerte nach einem kurzen Dank und einer Verabschiedung gerichtet an die rund fünfzig Abgeordneten, die nicht mehr für die nächste Legislaturperiode kandidieren: „Mein Eindruck ist: Es ist kein Zufall, dass der Ton auch hier im Landtag spürbar verroht ist, seitdem im Jahr 2018 eine neue Fraktion in den Bayerischen Landtag eingezogen ist.“ Das sei eine Zäsur, so Aigner.

Sie übe ihr Amt als Parlamentspräsidentin unparteiisch aus, und dafür stehe sie auch ein. „Ich bin aber keine neutrale Person.“ Sie sei Demokratin und lasse sich nicht den Mund verbieten von einer Partei, die sich am äußersten rechten Rand positioniere, in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet und als gesichert rechtsextremistisch eingestuft werde. Und die hier im Haus vor allem durch Streit, Eklats und Provokationen aufgefallen sei, so die CSU-Politikerin.

Landtagspräsidentin fordert Geldstrafen für Abgeordnete

Anschließend fordert Aigner die Einführung von Geldstrafen gegen Parlamentsabgeordnete. 25 Rügen habe man in dieser Wahlperiode ausgesprochen, wovon die meisten in eine Richtung gegangen wären, so die CSU-Politikerin weiter. Und sie führte weiter aus: „Über Jahrzehnte gab es überhaupt keine Rüge, und zwar nicht, weil hier ‚gekuschelt‘ wurde, sondern weil hier bei allen Unterschieden und allem Streit Respekt geherrscht hat – Respekt vor dem Gegenüber, Respekt vor dem Volk, das wir vertreten dürfen, Respekt vor unserem Land und Respekt vor unserer Demokratie.“

Dieser Respekt werde jetzt von einigen mit Füßen getreten, „von denen, die sich selbst als Patrioten inszenieren“ würden. Das sei in ihren Augen keine Stärkung der Demokratie und keine Stärkung der Meinungsfreiheit. „Das schwächt unser Land“, erklärt die Landtagspräsidentin.

Sie rief daher auf, dass das nächste Präsidium „alles in seiner Macht Stehende“ tun sollte, um die Debattenkultur „in unserem Land und in diesem Haus“ zu schützen, um sie zu stärken und um Entgleisungen künftig schärfer zu sanktionieren.

Wenn Rügen, für die sich jeder vernünftige Abgeordnete schäme, in manchen Kreisen als Trophäen gelten, brauche man ein neues Instrument. „Wer glaubt, Hass und Hetze gehörten zur Leistungsbilanz eines Volksvertreters, muss für diesen Irrtum dann eben bezahlen.“ Sie sei fest entschlossen zu verhindern, dass der Demokratie auf der Nase herumgetanzt werde.

Sie beklagt: „Was neu ist und was wir hier bis 2018 nicht kannten, sind permanente Störungen, die Verächtlichmachung des politischen Gegners und noch schlimmer: des Parlaments und der Verfassungsorgane.“

AfD-Politiker erhält Rüge nach Plakatauftritt

Etwas später nach der Rede der Landtagspräsidentin erhielt Katharina Schulze (38) als Fraktionsvorsitzende der Oppositionspartei Bündnis 90/Die Grünen die Möglichkeit, abschließende Worte an das Parlament zu richten.

Während ihrer Rede stellt sich der AfD-Politiker Ralf Stadler (59) neben sie ans Rednerpult und hält ein Wahlplakat der Grünen hoch, auf dem steht: „Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete“.

Darüber steht diagonal in großer Schrift: „Wahlbetrüger!“ Dazu äußert Stadler: „So schaut‘s aus! So schaut‘s aus!“ Im Parlament entsteht Unruhe. Es gibt „Raus“-Rufe.

 

Das Plakat richtet sich offenbar gegen die Waffenlieferungen der grün-roten Bundesregierung an die Ukraine. Ein Saalordner nahm Stadler kurze Zeit danach das Plakat ab, der daraufhin zu seinem Platz zurückgeht.

Die Landtagspräsidentin Aigner erteilte dem AfD-Politiker dann eine Rüge: „Herr Kollege, hiermit erteile ich Ihnen eine Rüge. Das ist dann die 26.“ Für Stadler soll es die fünfte in der jetzt endenden Legislaturperiode sein, berichtet „Bild“.

Söder: Politiker hätten Großartiges geleistet

Auch Söder griff die AfD an, wenn auch etwas weniger offensiv als die Landtagspräsidentin. Eine Demokratie brauche Demokraten und sie brauche immer auch demokratische Vorbilder. Das sei der Auftrag, den jeder einzelne „von uns“ habe. „Sie alle sind Evangelisten der Demokratie. Sie alle sind Botschafter für den Rechtsstaat. Deswegen lassen Sie uns das auch so ernst nehmen und so benehmen und auch so auftreten.“

Mit Blick auf die bevorstehende Landtagswahl und den Wahlkampf äußerte Söder: Karrieren würden beginnen, Lebenswege enden, Politiker hätten Großartiges geleistet.

Einige Karrieren von CSU-Politikern endeten bereits vor Ende der Legislaturperiode. Wie die der CSU-Politiker Alfred Sauter und Georg Nüßlein in der Maskenaffäre. Sauter war früher CSU-Justizminister sowie im CSU-Vorstand und -Präsidium, war Vorsitzender der CSU-Finanzkommission sowie der CSU-Kreisvorsitzender in Günzburg. Nüßlein beendete die Legislaturperiode fraktions- und parteilos im vorherigen Bundestag. Er war von 2014 bis zu seinem Rücktritt 2021 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sauter sitzt, nachdem er alle Ämter niederlegte, fraktionslos im jetzigen bayerischen Landtag.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entlastete zwar beide vom Vorwurf der Bestechlichkeit. Allerdings kritisierten die BGH-Richter gleichzeitig die aktuelle Gesetzeslage und forderten die Politik auf, durch eigene Regeln in Zukunft solche Geschäfte zu unterbinden.

Söder befindet ebenfalls wie Aigner, dass der Ton insgesamt rauer geworden sei: „Das ist vielleicht ein bisschen der Zeitgeist.“ Trotzdem könne man sagen, dass man das Land in den letzten fünf Jahren „gut beschützt“ habe. In seinen Augen habe Bayern gut funktioniert, der Staat habe gut funktioniert und ganz besonders die Demokratie habe in Bayern funktioniert.

Söder: Wir haben über 130.000 Leben gerettet

„Unserem Land geht es nach zwei Krisen besser als vorher, besser als den meisten.“ 90 Prozent der Bayern würden gerne in Bayern leben, und 90 Prozent der Weltbevölkerung wären „wirklich froh“, wenn sie hier in Bayern leben dürften. „Auch das ist Teil unserer Realität“, äußert der Ministerpräsident.

Für die Corona-Pandemie habe es keine Blaupause gegeben. Niemand habe gewusst, was passiert. „Wir waren uns gar nicht sicher, kommen wir da durch“, so Söder. Masken oder Impfstoffe habe es nicht gegeben.

Man habe über 130.000 Leben gerettet, bilanzierte er. Die wirtschaftliche Struktur sei erhaltengeblieben, man habe Menschen im Gesundheitswesen mobilisiert und mehr Intensivbetten, Pandemielager und Impfungen zur Verfügung gestellt. Das alles sei ein enormer logistischer Kraftakt gewesen, so der CSU-Politiker. „Leben zu retten, gibt es am Ende eine größere und lohnendere Aufgabe?“, fragte er rhetorisch.

In den Augen der Kritiker von Söders Corona-Maßnahmen fiel der CSU-Politiker jedoch mit einer repressiven Corona-Politik auf. Gerichte hoben teilweise diese Maßnahmen aufgrund fehlender Verhältnismäßigkeit dann auch wieder auf.

Dazu gehörte unter anderem das landesweite Alkoholverbot, das im Januar 2021 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde, oder später die 2G-Regel in bestimmten Geschäften, die ebenfalls gekippt wurde. Im November 2022 entschied das Bundesverwaltungsgericht zudem, dass die bayerischen Ausgangsbeschränkungen im April 2020 zu streng waren. Es hätten mildere Maßnahmen zur Auswahl gestanden, so das Gericht.

Söder: Opposition muss nicht wachsen

In seinem Schlusswort wünscht sich Söder vor dem Bayerischen Landtag, „dass man in diesen Krisen eines schaffe, den Draht zu den Menschen zu behalten.“

Und er zitiert Ernst Jünger: „Ein Leben in Hoffnung ist besser als eines in Furcht – und ich füge hinzu: in Wut.“ Ein Lächeln könne mehr heilen als ein lautes Schreien, so der CSU-Politiker.

Am Schluss fügt er noch hinzu: „Dank auch an die Opposition – ja mehr muss es nicht werden –, aber in diesem Sinne ein herzliches Dankeschön und alles Gute.“

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