Treffen von Seehofer mit NRW-Flüchtlingsminister Stamp überraschend abgesagt

Das Gespräch von Seehofer und dem NRW-Flüchtlingsminister war seit längerem geplant. Thema sollten etwa schnellere Asylverfahren sein. Der umstrittene Fall Sami A. hätte aber wohl großen Raum eingenommen. Zu dem Treffen kommt es nun aber doch nicht.
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Kommen vorerst nicht zusammen: NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (l) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).Foto: dpa/dpa
Epoch Times17. Juli 2018

Ein für Dienstag in Düsseldorf geplantes Treffen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit dem nordrhein-westfälischen Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) ist überraschend abgesagt worden.

In einer Mitteilung des Landesministeriums vom späten Montagabend hieß es: „In den Vorbereitungen des Termins sind auf Arbeitsebene zahlreiche Fragen offen geblieben.“ Deshalb sei gemeinsam verabredet, die Sommerpause dafür zu nutzen, um auf Arbeitsebene weiter voranzukommen und im Spätsommer das Gespräch zwischen den Ministern nachzuholen.

Der schon länger geplante Termin fiel zusammen mit der Ende vergangener Woche begonnenen Debatte um die umstrittene Abschiebung des als islamistischen Gefährder eingestuften Sami A. von NRW nach Tunesien. An der Rechtmäßigkeit der Maßnahme gibt es Zweifel. Für Dienstagmittag waren gemeinsame Statements von Seehofer und Stamp geplant gewesen. Die Politiker wollten eigentlich über schnellere Asylverfahren und Rückführungen von Gefährdern und Kriminellen sprechen.

Sami A. war mutmaßlich ein Ex-Leibwächter des getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden. Er ist als islamistischer Gefährder eingestuft, lebte jahrelang in dem Bundesland und wehrte sich mit rechtlichen Mitteln gegen seine Abschiebung. Am Freitag war er in sein Heimatland ausgeflogen worden.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte allerdings am Donnerstagabend entschieden, dass Sami A. weiterhin nicht abgeschoben werden dürfe, weil nicht auszuschließen sei, dass ihm in Tunesien Folter drohe. Jedoch übermittelte es den Beschluss erst am Freitagmorgen, als das Flugzeug mit Sami A. schon in der Luft war – weil es nicht mit einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung rechnete. Das Gericht nannte anschließend die Abschiebung „grob rechtswidrig“, sie verletze grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien. Es will nun, dass Sami A. nach Deutschland zurückgeholt wird.

Das NRW-Flüchtlingsministerium will den Rückholbeschluss nicht akzeptieren. Stamp sagte zuletzt, zum Zeitpunkt des Fluges habe „keine gerichtliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorgelegen, die der Abschiebung entgegengestanden hätte“. Der Ministerpräsident des Bundeslandes, Armin Laschet, hatte gesagt: „Sie wissen, wann der Bescheid eingegangen ist, nämlich zu spät.“ Der CDU-Politiker weiter: „Und ich denke, im Ergebnis können wir froh sein, dass der Gefährder nicht mehr in Deutschland ist.“ Das Oberverwaltungsgericht prüfe den Fall nun.

Seehofer hatte den Fall Sami A. im Frühjahr erwähnt, als er die Schwerpunkte seiner künftigen Arbeit als Bundesinnenminister skizzierte. Er sagte damals, er sei „entschlossen, da weiter dran zu bleiben an dem Fall“. Eine Ministeriumssprecherin sagte am Montag: „Ihm war es wichtig, politisch wichtig, dass eine Rückführung von Sami A. zeitnah erfolgt. Es gab keinerlei Einflussnahme auf einzelne Verfahrensschritte.“ Der Minister und die Führung des Ministeriums seien zwar schon am Mittwoch über die Planungen informiert gewesen. Man habe aber nicht sicher vorhersagen können, ob der Flug stattfinden würde, da „die Entscheidungszuständigkeit bei dem Land Nordrhein-Westfalen liegt“. Weitere Termine für den Flug hätten im Raum gestanden. Wäre der Beschluss des Gerichts bekannt gewesen, „hätte diese Abschiebung nicht erfolgen dürfen“. Der Bundespolizei zufolge wurde die Abschiebung schon zu Beginn vergangener Woche organisiert.

Sami A. soll im Jahr 2000 eine militärische Ausbildung in einem Lager der Al-Kaida in Afghanistan erhalten und zeitweise zur Leibgarde von Osama bin Laden gehört haben. Anschließend soll er sich in Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben. Der Tunesier bestritt diese Vorwürfe stets. Die Bundesanwaltschaft hatte laut Gericht gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, aber mangels hinreichenden Tatverdachts wieder eingestellt.

Sami A. war Ende Juni festgenommen und in ein Abschiebegefängnis gebracht worden, nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ein Abschiebeverbot aufgehoben hatte. Dagegen wehrte sich Sami A. zuletzt vor dem Gelsenkirchener Verwaltungsgericht. Er wird derzeit von tunesischen Behörden verhört. Es lägen seit Januar Erkenntnisse vor, dass Sami A. möglicherweise an „terroristischen Aktivitäten“ in Deutschland und Afghanistan beteiligt gewesen sein soll, hatte ein Sprecher der tunesischen Anti-Terror-Behörde gesagt.

Über seinen Anwalt warf Sami A. den deutschen Behörden Entführung vor. „Um drei Uhr früh haben sie mich einfach mitgenommen“, sagte er laut „Bild“ (Dienstag) zu Fragen, die die Zeitung über dessen tunesischen Anwalt an ihn richtete und die dieser übermittelte. „Ich habe der Polizei gesagt: Das geht so nicht, ein Gericht hat meine Abschiebung untersagt! Aber sie haben gesagt, dass das von ganz oben kommt und ich nichts dagegen tun könne.“ (dpa)



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