Wegen Corona-Krise: Eine mögliche Bundestagswahl-Verschiebung? – Das wäre wohl verfassungswidrig

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat sich bereits im Sommer der Frage gewidmet, ob eine Verschiebung der Bundestagswahl im Zeichen der Corona-Krise möglich wäre. Seine Einschätzung: Sie wäre wohl verfassungswidrig, Konsequenzen hätte dies aber keine.
Von 31. Oktober 2020

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages (WD) ließ im Zusammenhang mit der Corona-Krise bereits im Juli 2020 eine mögliche Verschiebung der Bundestagswahl im nächsten Jahr prüfen. Der Fachbereich Verfassung und Verwaltung hat unter dem Aktenzeichen WD 3-3000 -183/20 dazu eine mehrseitige Expertise vorgelegt. Die Bundestagswahl sollte den Bestimmungen des Grundgesetzes zufolge spätestens am 24. Oktober 2021 stattfinden.

Neben Bundestagswahl noch mehrere Landtagswahlen für 2021 angesetzt

Zudem sind im nächsten Jahr Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin Landtags- sowie Kommunalwahlen in Hessen und Niedersachsen vorgesehen.

In der Expertise des WD erläuterten dessen Juristen die Frage, welche verfassungsrechtlichen Konsequenzen es habe, wenn die Durchführung einer Wahl aus faktischen Gründen nicht möglich ist. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Studie hatten in Bayern trotz des unmittelbar bevorstehenden Corona-Lockdowns Kommunalwahlen stattgefunden.

Zudem hatten unter anderem die USA Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl und Polen seine Präsidentenwahl abgehalten. In vielen Fällen hatten die zuständigen Wahlbehörden das Prozedere dahingehend verändert, dass in verstärktem Maße oder sogar ausschließlich per Briefwahl die Stimme abgegeben wurde.

Bereits laufende Wahlperiode darf nicht verlängert werden

In Deutschland ist es Artikel 39 GG, der die Dauer einer Wahlperiode vorgibt und Bestimmungen über die Konstituierung des Bundestages und dessen Auflösung enthält. Kern der Bestimmung ist, dass der Bundestag auf vier Jahre gewählt wird und eine Neuwahl frühestens 46 und spätestens 48 Monate nach Beginn der Wahlperiode stattzufinden hat – im Fall einer Auflösung des Bundestages sind es 60 Tage. Die jeweilige Wahlperiode beginnt mit der Konstituierung des neu gewählten Bundestages.

Eine Verlängerung der Wahlperiode etwa auf fünf Jahre wäre zwar mittels einer Verfassungsänderung nach Maßgabe des Art. 79 GG möglich, allerdings gilt es aufgrund des Demokratieprinzips in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG als unzulässig, eine bereits laufende Wahlperiode zu verlängern.

Verteidigungsfall würde Einstufung der Corona-Pandemie als Angriff durch Chinas KP-Regime voraussetzen

Eine Verlegung des Wahltermins, so heißt es in der Expertise weiter, setzt voraus, dass der Bundespräsident bereits einen solchen nach § 16 S. 1 BWahlG bestimmt hat, was mit Blick auf die Bundestagswahl 2021 noch nicht geschehen ist.

Demnach gelten weiterhin die Bestimmungen des Art. 39 GG. Eine Ausnahme bezüglich der Dauer der Wahlperiode sehen lediglich Art. 115a bzw. 115h GG für den Verteidigungsfall vor. Die Anwendung dieser Bestimmungen setzt jedoch voraus, dass die zuständigen Verfassungsorgane mit den dort vorgegebenen Mehrheiten die Feststellung treffen, dass das Bundesgebiet „mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht“. In diesem Fall endet eine während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperiode des Bundestages sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.

Da die Corona-Pandemie, sofern die Verfassungsorgane sie nicht als Ausdruck eines biologischen Angriffs vonseiten des KP-Regimes in China einstufen, den Tatbestand der 115er Artikel nicht erfüllt, kann eine Verlegung des Wahltermins auf dieser Grundlage nicht erfolgen.

Sicherung der Wahlbeteiligung als wichtiger Grund?

Der WD erörtert in weiterer Folge Debatten innerhalb der Rechtslehre, ob bezüglich der Verschiebung von Wahlterminen doch noch in irgendeiner Weise eine Grundlage jenseits von vorzeitiger Auflösung und Verteidigungsfall gefunden werden könne. Die Experten sind skeptisch, da das GG eine solche nicht vorsieht und es heikel wäre, eine auf der Basis von Größen- und Analogieschlüssen zu konstruieren, da das Demokratieprinzip auch einen Vertrauensschutz für die Bürger darstelle: Diese müssen darauf vertrauen können, dass sie ihre Vertreter für einen bestimmten Zeitraum gewählt haben, der irgendwann auch wieder zu Ende ist.

Dennoch gäbe es für den Fall „besonderer, außergewöhnlicher Umstände“ Möglichkeiten für Modifikationen im Wahlprozess, wenn diese dem Zweck dienen, diesen im Sinne der verfassungsmäßigen Vorgaben zu garantieren. Naturkatastrophen, Unruhen, Seuchen oder Streiks von großem Umfang können es demnach rechtfertigen, einen bereits festgelegten Wahltermin zu verschieben.

Die Gründe dürfen jedoch nicht willkürlich herangezogen werden, zudem müssen sie sachgerecht sein – beispielsweise das Ziel der Sicherung der Wahlbeteiligung verfolgen. Dabei seien die Chancengleichheit aller Wahlvorschlagsträger zu wahren und der Vertrauensschutz zu ihren Gunsten zu beachten. Dass die Corona-Krise angesichts gesetzlicher Vorkehrungen zur Verhinderung von Ansammlungen Bürger von der Teilnahme an der Wahl abschrecken könnten, stehe nicht außerhalb der Lebenserfahrung.

Nachteile für Parteien schon im Vorfeld möglich

Zwar seien die Durchführung von Wahlen und Sitzungen der Parlamente derzeit nicht von den Pandemie-Maßnahmen umfasst, eine Verschärfung der Bestimmungen könne aber bereits im Vorfeld von Wahlen eine Auswirkung auf Aufstellungsversammlungen und damit die Vorbereitung der Parteien haben. Da diese Überlegungen die Bundestagswahl betreffen, könne jedoch kein Landesgesetzgeber eigenmächtig Regelungen dieser Art beschließen – ungeachtet der Kompetenzverteilung im Sinne des Infektionsschutzgesetzes.

Was eine Verlängerung der Wahlperiode als solche anbelangt, also eine Verschiebung der Bundestagswahl ohne bereits festgelegten Wahltermin, sind die Autoren der Studie noch skeptischer. Die Verlängerung einer laufenden Wahlperiode werde nicht nur mehrheitlich durch die Lehre, sondern auch vom Bundesverfassungsgericht als unzulässig abgelehnt.

Diese stelle eine „unzulässige Selbstermächtigung“ dar, die gegen das Demokratieprinzip, das Rechtsstaatsprinzip und das Prinzip der Volkssouveränität verstieße. Nur wenige Juristen wollen eine Verlängerung unter „schwerwiegenden und zwingenden Gründen des Gemeinwohls“ zulassen, sofern die zeitliche Verschiebung nur geringfügig wäre und das in der Verfassung vorgesehene Verfahren eingehalten werde.

Verfassungswidrige Verschiebung hätte keine Auswirkung auf Gültigkeit

Allerdings würde auch eine verfassungswidrige, eigenmächtige Mandatsverlängerung die Gültigkeit einer Wahl nicht gefährden. Andernfalls könne schließlich gar kein neuer Bundestag mehr gewählt werden. Dennoch wäre im Fall der Verlängerung der Wahlperiode mit einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu rechnen, was „zu einer gewissen Unsicherheit über das Bestehen der Legitimation des amtierenden Bundestages führen könnte“.

Gesetze, die der Bundestag, der sich eigenmächtig die Legislaturperiode verlängert hätte, beschließen würde, würden ebenfalls gültig sein, da dieser bis zur Neukonstituierung die vollen Rechte einer Volksvertretung innehätte.

Als Alternative zu einer Verschiebung des Wahltermins drängt der WD darauf, nach Möglichkeiten zu suchen, wie die Bundestagswahl zu einem verfassungsmäßig vorgesehenen Termin in einer Weise stattfinden könnte, die das Infektionsrisiko minimiert. Denkbar wären etwa eine Verlängerung des Wahlzeitraums auf mehrere Tage oder Wochen bzw. die Erhöhung der Zahl deutlich räumlich voneinander getrennter Wahllokale.

Auch eine umfassende Ausstattung der Wahlhelfer und eventuell auch der Wähler mit Schutzausrüstung wäre anzudenken, ebenso wie Möglichkeiten der kontaktarmen Aus- und Abgabe von Stimmzetteln. Inwieweit eine reine Briefwahl mit den Grundsätzen des freien und geheimen Wahlrechts vereinbar wäre, wird in der Expertise des WD nicht erörtert.



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