Von Dohnanyi: Je länger der Krieg dauert, desto bedrohlicher die Gefahren für uns

Erst kürzlich veröffentlichte Ex-Minister Klaus von Dohnanyi das Buch „Nationale Interessen“, das Deutschlands Rolle im geopolitischen Wandel analysiert. Mit dem Ukrainekrieg gewann seine Analyse noch mehr an Gewicht. In letzter Zeit sprach er mit mehreren Medien über die Notwendigkeit für Friedensverhandlungen und darüber, dass sich Deutschland unbedingt für seine Belange stark machen muss – sowohl gegenüber den USA als auch gegenüber der NATO.
Titelbild
Klaus von Dohnanyi.Foto: Johannes Simon/Getty Images
Epoch Times28. Juni 2022

Das neue Buch „Nationale Interessen“ von Klaus von Dohnanyi, Ex-Bundesbildungsminister sowie jahrelang Hamburgs Erster Bürgermeister, ist mittlerweile ein Verkaufsschlager. Darin macht er eine „nüchterne Bestandsaufnahme“, wie Deutschland seine „nationalen Interessen“ angesichts Globalisierung, EU-Mitgliedschaft und der geopolitischen Verschiebungen erfolgreich vertreten kann. Die Interessen einer Nation zu wahren, ist für ihn auch in Zeiten der Globalisierung nach wie vor wichtig. Dabei gehe um nichts anderes als „regionale politische Identitäten, die sprachlich, kulturell [und] politisch gemeinsame Interessen haben“.

Geschrieben hat er es bereits vor dem Ukrainekrieg, thematisierte jedoch schon damals die wachsenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine. Seine Prognose war, sollte die NATO weiter auf eine Osterweiterung bestehen und die Aufnahme der Ukraine und Georgiens forcieren, würde es Krieg geben. Und genauso kam es. Ein schwerer Fehler seitens des Westens, wie von Dohnanyi im Interview mit „Deutsche Welle“ (DW) bereits Anfang des Monats deutlich machte. Die NATO hätte sich bemühen müssen, andere Wege zur Stabilisierung der Region zu finden, sagte er.

Was Deutschlands Rolle im Ukrainekrieg angeht, kann von Dohnanyi das vorsichtige Vorgehen des Bundeskanzlers Olaf Scholz gut nachvollziehen. Trotz vieler Erwartungen, Scholz möge entschlossener handeln und die Ukraine verstärkt mit militärischen Mitteln unterstützen, gebe es eine ernstzunehmende Gefahr, dass sich der Krieg dadurch weiter in Richtung Westeuropa ausbreite, so der einstige Bundesminister. Scholz gehöre zu den Politikern, die die langfristigen Auswirkungen der Politik im Auge behielten. US-Präsident Joe Biden und die Grünen stünden für eine kurzfristige Politik.

Warum Verhandlungen wichtig sind

In diesem Zusammenhang verfolgt von Dohnanyi den Stimmungsumschwung innerhalb der Bevölkerung von einer radikal pazifistischen zu einer kriegsbefürwortenden Haltung mit „großem Erstaunen und auch mit Sorge“: „Wir müssen doch immer zugleich bemüht sein, den Krieg so bald wie möglich durch Verhandlungen zu beenden. Denn je länger der Krieg dauert, desto mehr Tote wird es geben, desto größer die Zerstörungen und desto bedrohlicher werden auch die Gefahren, die von dort auch für uns, für Deutschland und Europa ausgehen könnten“, sagte er erst jetzt in einem Interview mit der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“ (PAZ).

Chancen für Friedensverhandlungen sieht von Dohnanyi nur in einer garantierten Neutralität der Ukraine. Dafür seien der Schlüssel ausschließlich die USA. Die NATO müsse erklären, dass „die Ukraine und Georgien nicht in die NATO kämen, aber ihre Neutralität von der UNO mit Garantien von Seiten der USA, Russlands und Europas gesichert würde“.

Hätte man das im Jahre 2021 bei den von Putin vorgeschlagenen Verhandlungen ernsthaft in Erwägung gezogen, würden wir heute vielleicht keinen Krieg haben und wären nicht in dieser fast ausweglosen Lage.“

Wie geht es mit Deutschland weiter?

Grundsätzlich rät von Dohnanyi zu mehr „europäischem Selbstbewusstsein und mehr US-Ehrlichkeit“ innerhalb der NATO. Die USA und Europa hätten „geopolitisch und sicherheitspolitisch eine völlig andere Ausgangslage“. Das sei allein schon dem Umstand geschuldet, dass die USA vom „Ukrainekrieg durch den 6.000 Kilometer breiten Atlantik getrennt – und geschützt“ – seien. Von daher müssten Deutschland und die EU offen mit den USA sprechen: „Nicht alles, was im Interesse der USA sein mag, muss auch im Interesse Europas sein.“

Besonders Bidens Androhung von scharfen Sanktionen gegen Russland kurz vor der Eskalation hält er für problematisch. Vor allem weil dieser wusste, dass sie keinen Krieg verhindern würden.

Das war keine NATO-Politik im Interesse Europas und ein weiterer Beweis dafür, wie gefährlich für uns die Abhängigkeit von der Innenpolitik der USA und ihren geopolitischen Interessen sein kann“, so von Dohnanyi.

Zwei Argumente gegen atomare Waffen in Europa

Obwohl das Thema der deutsch-europäischen Selbstbehauptung allgemein stärker und damit auch die Stationierung atomarer Waffen in Europa diskutiert wird, führt von Dohnanyi zwei Argumente dagegen ins Feld. Erstens sei ein bedeutendes Sicherheitsziel der Menschheit, atomare Waffen nicht weiter zu verbreiten.

Zweitens müsste eine Atommacht, die zum sogenannten „Erstschlag“ ausholt, heute damit rechnen, dass die andere Seite dennoch zu einem Zweitschlag fähig bleibt. Sämtliche Administrationen der USA hätten schon seit Längerem deutlich gemacht, sie würden strategische atomare Waffen nur einsetzen, wenn sie selbst direkt atomar bedroht würden. Von daher sei eine atomare Abschreckung durch die USA für Europa nichts anderes als „Illusion“.

Wenn sich also der Krieg jetzt über die Ukraine hinaus nach Westen ausdehnen würde, wissen beide Parteien – Amerikaner und Russen –, strategische, atomar bestückte Raketen kämen nicht zum Einsatz“, so von Dohnanyi. „Blutiger konventioneller Krieg bliebe die Antwort der USA.“

(nh)

Zu seiner Person: Der 1928 geborene Klaus Karl Anton von Dohnanyi ist ein deutscher Jurist und SPD-Politiker. Er war von 1972 bis 1974 Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, von 1969 bis 1981 Mitglied des Deutschen Bundestags und von 1981 bis 1988 Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, wo er auch geboren ist. 

 



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