Dieser Zug hat „beinahe einen Krieg ausgelöst“: Serbien und Kosovo auf Kollisionskurs

Erstmals seit fast 20 Jahren fährt wieder ein Zug von Belgrad ins Kosovo. Doch schwer bewaffnete Albaner stoppen ihn an der Grenze. Die Lage eskaliert, die Atmosphäre zwischen den Nachbarn ist vergiftet.
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Auf dem Zug steht in mehreren Sprachen: «Kosovo ist Serbien».Foto: Darko Vojinovic/dpa
Epoch Times15. Januar 2017

Ein Personenzug, den Serbien am Samstag erstmals seit fast 20 Jahren auf die Reise von Belgrad ins Kosovo geschickt hat, hat für einen neuen Tiefpunkt in den ohnehin zerrütteten Beziehungen zwischen beiden Ländern gesorgt. Albanische Polizisten stoppten den Zug an der Grenze.

Serbiens Präsident Tomislav Nikolic drohte am Sonntag mit dem Einsatz der Armee. „Wir werden die Armee schicken, um die Serben vor ihrer potenziellen Ermordung zu schützen“, sagte Staatspräsident Tomislav Nikolic nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates: „Wenn Serben umgebracht werden, werden wir die Armee schicken.“

Serbien hatte den Zug nach dem Bürgerkrieg vor fast zwei Jahrzehnten auf die Reise in den Norden des Kosovos geschickt, wo die serbische Minderheit die lokale Mehrheit stellt. Allerdings hatte der von Russland gekaufte Zug viele umstrittene Symbole an Bord. So war er mit Fotos von Fresken aus serbischen Klöstern im Kosovo geschmückt.

In zahlreichen Sprachen – auch in Albanisch – war auf dem Zug zu lesen „Kosovo ist Serbien“. Kosovo-Präsident Hashim Thaci sprach von einer Provokation und verlangte von den Sicherheitskräften, den Zug zu stoppen.

„Thaci hat wegen des Zugs beinahe einen Krieg ausgelöst“, schrieb die serbische Regierungszeitung „Novosti“ am Sonntag auf der Titelseite. „Wir haben einen Zug und keinen Panzer geschickt“, empörte sich Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic am Samstagabend.

Die Spezialeinheit der Polizei sei mit Gewehren und gepanzerten Fahrzeugen angerückt. Serben aus der Region hatten die Polizisten eingekreist. Um Blutvergießen zu vermeiden, habe er die Rückkehr des Zuges nach Belgrad angeordnet, sagte Vucic.

„Das ist meine letzte Warnung an die Albaner, keinen Angriff auf Serben im Kosovo zu versuchen“, sagte der in Serbien alles bestimmende Politiker: „Denn das wird Serbien nicht erlauben.“

Das mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnte Kosovo hatte sich im Jahr 2008 einseitig für unabhängig von Serbien erklärt. Die serbische Regierung und die Kosovo-Serben erkennen die Unabhängigkeit jedoch nach wie vor nicht an. Kosovo-Präsident Hashim Taci rief am Samstag die serbische Führung auf, den Zug zu stoppen. Dieser bedrohe die Souveränität des Kosovo.

Pristina bat auch die EU, einzugreifen. Es handele sich bei der Wiederaufnahme des Zugverkehrs um eine Einmischung, „die unsere Souveränität bedroht und beweist, dass Serbien das Kosovo destabilisieren will“, erklärte die kosovarische Beauftragte für Verhandlungen mit Serbien, Edita Tahiri. Der serbische Minister für das Kosovo, Marko Djuric, wies die Vorwürfe zurück und hielt dem entgegen, es gebe ja auch zahlreiche Busverbindungen zwischen Serbien und dem Kosovo.

Auf der kosovarischen Seite der Grenze warteten unterdessen Dutzende Mitglieder einer Sondereinheit der Polizei auf den Zug-Konvoi. Daraufhin endete dessen Fahrt in Raska, dem letzten serbischen Ort vor der Grenze. Vucic warnte, Serbien wolle zwar den Frieden, werde es aber nicht zulassen, wenn Albaner im Kosovo die serbische Minderheit angriffen.

Die zu mehr als 90 Prozent von ethnischen Albanern bewohnte ehemalige serbische Provinz war nach dem Kosovo-Krieg der Jahre 1998 und 1999, bei dem 13.000 Menschen starben, unter internationale Verwaltung gestellt worden.

Die Normalisierung der Beziehungen zwischen Pristina und Belgrad ist Voraussetzung für den von Serbien angestrebten Beitritt zur Europäischen Union. Auch das Kosovo strebt die Aufnahme in die EU an. Das 1,8-Millionen-Einwohner-Land wird von mehr als hundert Staaten anerkannt, darunter die meisten EU-Länder und die USA. (dpa/afp)



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