„Wo ist der Plan B der EU und der Bundesregierung?“ fragt die FDP-Politikerin Nicola Beer nach der Brexitabstimmung

Erste Reaktionen der Politiker – eine Zusammenstellung. Theresa May erklärt nach ihrer Niederlage: "Es ist klar, dass das Haus dieses Abkommen nicht unterstützt, aber die Abstimmung von heute Abend sagt uns nichts darüber, was es denn unterstützt."
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Im Westminster Arms Pub am 15. Januar 2019, während der Abstimmung zum Brexit-Vertrag.Foto: Jack Taylor/Getty Images
Epoch Times15. Januar 2019

Das britische Parlament lehnte das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen zuvor mit deutlicher Mehrheit ab: 432 Abgeordnete stimmten am Dienstagabend gegen den Austrittsvertrag, 202 votierten dafür. Erste Reaktionen der Politiker.

Theresa May, britische Premierministerin: 

Es ist klar, dass das Haus dieses Abkommen nicht unterstützt, aber die Abstimmung von heute Abend sagt uns nichts darüber, was es denn unterstützt.“

Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionspräsident:

Ich bitte das Vereinigte Königreich dringend darum, seine Absichten so bald wie möglich klarzustellen. Die Zeit ist fast um.“

Donald Tusk, EU-Ratspräsident:

Wenn ein Abkommen unmöglich ist und niemand einen Austritt ohne Vereinbarung will, wer wird dann letztlich den Mut haben zu sagen, was die einzig positive Lösung ist?“

Olaf Scholz, Vizekanzler und Finanzminister (SPD)

Das ist ein bitterer Tag für Europa. Wir sind vorbereitet. Aber ein ungeregelter Brexit ist die schlechteste aller Möglichkeiten.“

Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Vorsitzende:

Jetzt nichts überstürzen. Ein ungeordneter Brexit ohne Abkommen ist die schlechteste aller Optionen.“

Nicola Beer, FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl:

Schwarzer Tag für EU und Deutschland. Wo ist der Plan B der EU und der Bundesregierung?“

Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK)

Eine kurze Verschiebung des EU-Austritts von Großbritannien um einige Wochen, über die derzeit teilweise spekuliert wird, würde die Unklarheit wohl nur aufschieben. Letztendlich bliebe der gordische Brexit-Knoten weiter ungelöst.“

Udo Bullmann, SPD-Spitzenkandidat für die bevorstehende Europa-Wahl:

Das britische Parlament findet keinen Ausweg aus der Krise. Es ist daher an der Zeit, dass Großbritanniens Politiker wieder das Volk entscheiden lassen.“

Die Bekanntgabe des Ergebnisses im Video:

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Deutsche Reaktionen

Der SPD-Spitzenkandidat für die bevorstehende Europa-Wahl, Udo Bullmann, hat nach dem Brexit-Votum des britischen Unterhauses ein zweites Referendum vorgeschlagen. „Das britische Parlament findet keinen Ausweg aus der Krise“, sagte Bullmann den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Mittwochsausgaben). „Es ist daher an der Zeit, dass Großbritanniens Politiker wieder das Volk entscheiden lassen.“

In einem zweiten Referendum sollten die Briten darüber abstimmen, „ob sie den Brexit, wie er nun auf dem Tisch liegt, wirklich wollen“, sagte der SPD-Politiker. Weitere Zugeständnisse der EU schloss Bullmann aus: „Es gibt keinen Spielraum mehr für Nachverhandlungen.“

Das britische Parlament lehnte das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen zuvor mit deutlicher Mehrheit ab: 432 Abgeordnete stimmten am Dienstagabend gegen den Austrittsvertrag, 202 votierten dafür. Premierministerin Theresa May hatte kurz zuvor in einer Rede im Unterhaus noch einmal für das Abkommen geworben.

Nach der Brexit-Abstimmung im britischen Unterhaus hat die CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer vor Panik gewarnt. „Jetzt nichts überstürzen“, schrieb die CDU-Chefin am Dienstag auf Twitter. Sie bedauere die Entscheidung sehr. „Ein ungeordneter Brexit ohne Abkommen ist die schlechteste aller Optionen.“ Sie hat für eine besonnene Reaktion auf das Abstimmungsergebnis plädiert. „Wir müssen jetzt auch einen kühlen Kopf bewahren, auch wenn das Herz da wirklich schwer ist heute“, sagte Kramp-Karrenbauer in Berlin.

Vizekanzler Olaf warnt vor einem ungeregelten Ausstieg der Briten aus der EU. „Das ist ein bitterer Tag für Europa“, schrieb der Bundesfinanzminister auf Twitter. Man sei vorbereitet. Aber ein ungeregelter Brexit sei die schlechteste aller Möglichkeiten, so Scholz.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, das weitere Vorgehen nach dem Brexit-Votum in Großbritannien zu erläutern. „Ist die EU auf den kalten Brexit vorbereitet? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um Schaden aus dem Brexit-Chaos von Deutschland abzuwenden?“, fragte Bartsch am Dienstag. „Ich erwarte Antworten in einer unverzüglichen Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel vor dem Bundestag.“

Der Bundesverband deutscher Banken hat nach dem Brexit-Votum in Großbritannien vor einer „Schockstarre“ gewarnt. „Die Briten müssen jetzt klären, ob sie politisch noch handlungsfähig sind“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Andreas Krautscheid, am Dienstag. „Wir wissen weiterhin nur, was die Mehrheit nicht will: Es braucht aber endlich Mehrheiten, um einen fatalen harten Brexit zu verhindern.“

DIHK-Chef ruft Firmen zur Vorbereitung auf ungeregelten Brexit auf

DIHK-Präsident Eric Schweitzer hat die deutschen Unternehmen aufgefordert, sich auf einen ungeregelten Brexit vorzubereiten. „Ohne Abkommen droht der Brexit völlig ungeregelt abzulaufen“, warnte Schweitzer am Dienstag nach der Ablehnung der Brexit-Vereinbarung durch das britische Unterhaus. Die Unternehmen hätten keine Planungssicherheit.

„Zusätzlich würden jährlich Millionen von Zollanmeldungen und Milliarden Euro an Zöllen fällig. Aus den Brexit-Negativszenarien würde dann leider bittere Realität.“ Der DIHK-Präsident riet den Unternehmen, sich jetzt verstärkt vorzubereiten. „Denn für die deutschen Unternehmen steht einiges auf dem Spiel. Immerhin ist Großbritannien noch unser fünftwichtigster Handelspartner, das Handelsvolumen beträgt 122 Milliarden Euro.“

Eine Verlängerung der Brexit-Gespräche zwischen London und der EU lehnte Schweitzer ab: „Eine kurze Verschiebung des EU-Austritts von Großbritannien um einige Wochen, über die derzeit teilweise spekuliert wird, würde die Unklarheit wohl nur aufschieben. Letztendlich bliebe der gordische Brexit-Knoten weiter ungelöst.“

Irland: Intensive Vorbereitungen nötig

Die irische Regierung will sich intensiv auf die Folgen eines Brexits ohne Abkommen vorbereiten. Nach der Ablehnung des zwischen London und der EU ausgehandelten Austrittsabkommens durch das Unterhaus in London kündigte Dublin am Dienstagabend an, die Vorbereitungen zu verstärken.

„Bedauerlicherweise hat der Ausgang der Abstimmung heute Abend das Risiko eines ungeordneten Brexits erhöht. Folglich wird die Regierung ihre Vorbereitungen auf ein solches Ergebnis weiter intensivieren“, hieß es in einer Erklärung.

EU fordert nach Ablehnung von Brexit-Vertrag Klarheit von London

Nach der Ablehnung des Brexit-Vertrags im britischen Unterhaus hat die EU Klarheit von Großbritannien über den weiteren Kurs gefordert. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verlangte von London am Dienstagabend dringend, „seine Absichten so bald wie möglich klarzustellen“. Die Zeit dafür sei vor dem geplanten Brexit am 29. März „fast abgelaufen“. Juncker zufolge ist mit dem negativen Votum die Gefahr eines „ungeordneten Austritts“ ohne Abkommen gestiegen.

Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk forderte von Großbritannien nun eine klare Ansage, wie es weitergehen soll. Wenn ein Abkommen unmöglich sei, niemand aber einen Austritt ohne Vereinbarung wolle, „wer wird dann letztlich den Mut haben zu sagen, was die einzig positive Lösung ist?“, erklärte er im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Die verbleibenden 27 EU-Staaten würden „geeint bleiben“ und wie bisher eine verantwortungsvolle Haltung einnehmen, erklärte ein Sprecher Tusks. Die EU werde sich „auf alle“ Szenarien vorbereiten. Ziel sei es, „den Schaden durch den Brexit zu begrenzen“. Diese Haltung sei mit den Regierungen der 27 verbleibenden EU-Staaten abgestimmt, erklärte Tusks Sprecher.

Juncker betonte, die Kommission und EU-Chefunterhändler Michel Barnier hätten „enorme Zeit und Mühe in die Aushandlung des Austrittsabkommens investiert“. Dabei habe die EU „durchweg Kreativität und Flexibilität“ bewiesen und auch zuletzt zusätzliche Klarstellungen und Zusicherungen angeboten. Der über 17 Monate ausgehandelte Brexit-Vertrag sei „ein fairer Kompromiss und der bestmögliche Deal“. Er sei „der einzige Weg, um einen geordneten Austritt sicherzustellen“.

Die EU nehme die Ablehnung „mit Bedauern zur Kenntnis“, erklärte Juncker weiter. Sie werde ihrerseits die Ratifizierung des Abkommens weiter fortsetzen. Die Kommission werde gleichzeitig ihre Notfallplanungen weiterverfolgen, damit die EU im Falle eines ungeordneten Austritts ohne Abkommen „vollständig vorbereitet“ sei. „Auch wenn wir nicht wollen, dass es dazu kommt, werden wir darauf vorbereitet sein“, erklärte Tusks Sprecher.

Auch EU-Verhandlungsführer Michel Barnier sagte in Straßburg, er erwarte nun von der britischen Regierung die Aussage, „was der nächste Schritt ist“. Die EU bleibe „entschlossen, einen Deal zu finden“.

(afp/dpa/dts/ks)



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