FDP taumelt weiter: Wird die Ampel zum „Abwrackprogramm“?

Nachdem die FDP im letzten Jahr von Niederlage zu Niederlage getorkelt war, sollte die Wahl in Berlin der Neuanfang sein. Daraus wurde am Sonntag nichts: Die Partei scheiterte abermals an der Fünf-Prozent-Hürde. Im Hinblick auf die drei kommenden Landtagswahlen in diesem Jahr wird die Parteiführung sich etwas einfallen lassen müssen. In der Partei könnte es sonst gehörig anfangen zu brodeln.
FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja wird trotz der schwachen vorläufigen Zahlen in Berlin von Generalsekretär Bijan Djir-Sarai umarmt.
FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja wird trotz der schwachen vorläufigen Zahlen in Berlin von Generalsekretär Bijan Djir-Sarai umarmt.Foto: Jörg Carstensen/dpa
Von 14. Februar 2023

Für die FDP in Berlin war der Wahlabend am Sonntag ein herber Tiefschlag. Im neuen Parlament wird es nun keine liberale Stimme mehr geben. Für die FDP ist das die inzwischen fünfte Pleite in Folge bei einer Landtagswahl: 4,8 Prozent im Saarland und aus dem Landtag verbannt. 6,4 Prozent in Schleswig-Holstein und raus aus der Regierung, 5,9 Prozent in Nordrhein-Westfalen und ebenfalls von der Regierung auf die Oppositionsbank geschickt; und dann die letzte Wahl in Niedersachsen, wo die Partei mit 4,7 Prozent ebenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.

Ein positives Signal wäre dringend nötig gewesen

Das neue Jahr hätte der FDP nun wieder Rückenwind geben sollen. Die Nachwahl in Berlin sollte das Signal senden, dass die Liberalen wieder da sind. Dieses Signal wäre dringend nötig gewesen: Stehen in diesem Jahr noch die Wahlen in Bremen, Bayern und Hessen an. Jetzt kam aber alles anders.

Sonntag um 18:09 Uhr tritt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai im Hans-Dietrich-Genscher-Haus mit dem Spitzenkandidaten Sebastian Czaja auf die Bühne. Die Wahlprognose um 18:00 Uhr hat der Partei gerade zwischen 4,5 und fünf Prozent prognostiziert. Die Enttäuschung ist groß. Im Wahlkampf hatte man noch mit bis zu acht Prozent gerechnet. Das wird heute Abend eine Zitterpartie, das ist den Anwesenden klar. „Ich wünsche uns allen starke Nerven für diesen Abend“, sagt Czaja. Djir-Sarai verspricht ebenfalls einen „spannenden Wahlabend“. Der Auftritt beider Männer soll den Anhängern vermitteln: Noch ist nicht alles verloren. Eine Wahlprognose ist nur eine Wahlprognose. Noch kann das kleine Wunder gelingen.

Lange hält sich die Hoffnung aber nicht. In den Stunden nach dem Auftritt Czajas und Djir-Sarais wird es immer mehr zur Gewissheit, dass die FDP aus dem Berliner Abgeordnetenhaus geflogen ist. Am Ende waren es magere 4,6 Prozent, im Jahr 2021 votierten noch 7,1 Prozent der Wähler für die Liberalen.

Deutlichere Handschrift der FDP

Die krachende Niederlage geht aber nicht alleine auf das Konto der Berliner FDP. Das ist vielen FDP-Anhängern schon am Wahlabend klar. Der Blick geht schnell in Richtung Ampelkoalition auf Bundesebene. Noch am Wahlabend forderte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai gegenüber dem Fernsehsender „phoenix“  eine deutlichere Handschrift der FDP in der Ampel: „Ich bleibe dabei, dass die FDP, vor allem die Stimme der FDP innerhalb der Koalition, noch deutlicher sein muss.“

Es gebe eine Reihe von Themen, die in der Koalition auf Bundesebene noch nicht entschieden seien und bei denen es unterschiedliche Positionen gebe, etwa bei der Frage der Planungsbeschleunigung von Infrastrukturprojekten wie dem Straßen- und Autobahnbau. Hier werde von der FDP erwartet, „dass wir unsere Vorstellungen durchsetzen“, sagte Djir-Sarai weiter im Interview. Erneut brachte der FDP-Politiker das Thema Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke ins Spiel. „Wer im Land unterwegs ist und sich mit Industrie und Wirtschaft unterhält, der wird erfahren, dass die derzeitigen Energiepreise für den Wirtschaftsstandort Deutschland ein Nachteil sind. Da müssen wir aus meiner Sicht etwas machen, und dazu gehört aus meiner Sicht auch die Frage der Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke auch nach dem 15. April. Das sind alles Debatten, die noch nicht final bei uns geklärt sind“, so Djir-Sarai.

Kubicki: „Ich habe so einen Hals“

FDP-Vize Wolfgang Kubicki machte seinem Ärger auf der Berliner Wahlkampfparty Luft. „Ich habe so einen Hals“, zitiert ihn der Spiegel. „Ich bin immer noch fassungslos und versuche, mir das Ergebnis schönzutrinken.“, so der FDP-Vize. Für Kubicki steht fest, dass die Politik in der Ampelkoalition zukünftig wieder stärker „FDP pur“ sein muss. Die Wähler würden mit der Rolle der Liberalen in der Regierung „fremdeln“, die Partei bekomme von der SPD und den Grünen schließlich „nichts geschenkt“.

Gegenüber der Koalition möchte Kubicki zukünftig einen raueren Ton anschlagen. An die Adresse von Wirtschaftsminister Habeck gerichtet sagt er: „Da kann sich der Robert gehackt legen. Die Zeit des Appeasements ist vorbei.“ Wolfgang Kubicki droht vor allem wegen des Autobahnstreits in Richtung Grüne. „Wenn es keinen Straßenbau mehr geben soll, dann gibt es auch keine Stromleitungen mehr“, droht Kubicki.

Lindner: Wir sorgen dafür, dass das Land in der Mitte bleibt

FDP-Chef Christian Lindner will von Kritik an der Ampel nichts wissen. Am Montagvormittag äußerte er sich zum Berliner Ergebnis. Die Ampeldiskussion, so der Eindruck, wollte er schnell abräumen. Deutschland werde gut regiert, sagte Lindner. Die Ampel im Bund bewältige die derzeitigen Krisen, die Umfragen seiner Partei seien stabil. „Wir sind auf dem Weg“, sagt er. Lindner hob auch die Bedeutung der FDP in der Bundesregierung hervor:

Wir sind in der Ampel Garant der Mitte. Wir sorgen dafür, dass das Land in der politischen Mitte bleibt. An dieser Strategie halten wir fest.“

Die große öffentliche Kritik am Kurs der FDP aus den eigenen Reihen bleibt bisher aus. Die Frage bleibt aber im Raum, wie lange noch?

Bisher keine vernünftigen Antworten

Dass das Profil der FDP in der Regierungskoalition deutlicher werden muss, das war aus der Parteiführung schon nach dem Desaster in Niedersachsen zu hören. Es war damals schon FDP-Vize Wolfgang Kubicki gewesen, der das schlechte Abschneiden der Partei mit der Rolle der FDP in der Ampelkoalition begründete. Die FDP-Wähler würden mit der Partei in der Ampelregierung fremdeln. Man habe einen guten Start hingelegt. Dann wäre aber der Ukraine-Krieg mit den Problemen der Energieversorgung und der Inflation gekommen. „Darauf gibt es jedenfalls bisher keine vernünftigen Antworten. Daran werden wir arbeiten müssen oder diese Ampel wird in schweres Fahrwasser kommen“, so der FDP-Politiker damals.

In den vier Monaten bis zur Wiederwahl des Berliner Abgeordnetenhauses ist es der FDP offenbar nicht gelungen, ihre Wähler zu überzeugen. Das macht ein Blick auf die Wählerwanderung deutlich, die Infratest dimap veröffentlicht hat. So verlor die Partei vor allem 29.000 Wähler an die CDU und 25.000 Wähler an die Gruppe der Nichtwähler. 2.000 Wähler wanderten zur SPD, 3.000 zur AfD und 1.000 zu anderen Parteien. Lediglich die Grünen mussten 2.000 Wähler an die Liberalen abgeben.

„Die Ampel ist ein regelrechtes Abwrackprogramm für die FDP“

Die FDP wird sich etwas ausdenken müssen, wie sie ihre Wähler wieder zurückholen kann. Dass sich das Kernklientel sehr schwer mit der Partei in der Regierungskoalition mit zwei linken Parteien tut, weiß Parteichef Lindner sehr gut, auch wenn er sich gerade erst zur Koalition mit der SPD und den Grünen bekannt hat.

Daher betonte Lindner damals im Sommerinterview mit dem ZDF, dass die Koalition keine Liebesheirat, sondern eine reine Vernunftehe sei. „Die FDP ist diese Ampel aus staatspolitischer Verantwortung eingegangen, weil CDU und CSU nicht regierungsbereit waren. Wir sind sie eingegangen, weil wir mussten“, so Lindner damals. „Aber wir sind in der Ampel, weil wir Gutes bewirken.“, so der Parteichef weiter.

Angekommen ist das jedenfalls bei den Wählern der FDP noch nicht. Im Gegenteil: Die Ampel wird für die FDP zunehmend ein Klotz am Bein. Den politischen Gegner freut es. In der „Berliner Runde“ sprach CSU-Generalsekretär Martin Huber in Richtung FDP: „Die Ampel ist ein regelrechtes Abwrackprogramm für die FDP“.



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