Nancy Faesers Pläne „gegen den Aufbau einer Parallelgesellschaft“

Die Diskussion um eine Beschleunigung von Abschiebungen von Ausländern ohne Bleibeperspektive wurde von der Bundesinnenministerin erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Hier erfahren Sie die wesentlichen Punkte des Diskussionspapiers und wie darüber berichtet wird.
Titelbild
Pauschalisierte Abschiebung „ohne Gesicht“? Was steckt hinter der befürchteten „Sippenabschiebung“? Symbolbild.Foto: leolintang/iStock
Von 11. August 2023

Anfang August veröffentlichte Nancy Faesers Innenministerium einen 35-seitigen „Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Rückführung“ zum Download.

Die berichtenden Medien widmeten sich überwiegend den darin vorgestellten Abschiebemöglichkeiten von kriminellen Clans in Deutschland. So kommentierte beispielsweise der „Tagesspiegel“: „Innenministerin Nancy Faeser will Angehörige von Clans kollektiv abschieben“. Die Zeitung fragte sich, ob Clan-Mitglieder überhaupt ausgewiesen werden können, wenn diese nicht kriminell geworden sind. Das Bundesinnenministerium will diese Möglichkeit gemeinsam mit den Ländern prüfen.

Die „Zeit“ wiederum fragte eine Woche nach Veröffentlichung: „Ist das schon Sippenhaft?“

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) reagierte gegenüber der „Tagesschau“ skeptisch auf die Pläne der Ministerin, aber aus anderen Motiven: Faesers Pläne seien „nicht zielführend“.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der DPolG, Heiko Teggatz, forderte, dass die Bundespolizei die Befugnis erhalten sollte, auch an den Binnengrenzen zurückweisen zu dürfen. „Dadurch kämen diejenigen, deren Bleibeperspektive gen Null läuft, gar nicht erst in langwierige Verfahren.“ Teggatz wertete Faesers Papier als „Mogelpackung“.

Was der obersten Dienstherrin der Polizei hier ins Arbeitsbuch geschrieben wird, heißt übersetzt: Sorgen Sie dafür, dass wir an den Grenzen zurückweisen können, dann entwickeln sich auch keine weiteren Clans und Parallelgesellschaften, dann muss auch niemand mehr abgeschoben werden.

Am Anfang war der Migrationsgipfel

Aber was konkret steht in diesem Diskussionsentwurf? In der Sache nimmt er zunächst einmal Bezug auf das Beschlusspapier des „Migrationsgipfels“ mit den Ministerpräsidenten und dem Bundeskanzler im Mai dieses Jahres zur Flüchtlingspolitik von Bund und Ländern.

Im hinteren Teil des 16-seitigen Beschlusses heißt es unter „Konsequente Rückführung, Verbesserungen bei Durchsetzung der Ausreisepflicht“, man stimme darin überein, „dass bestandskräftige Ausweisungen vollzogen werden müssen. Zur Entlastung von Ländern und Kommunen ist ein effektives Rückführungsmanagement für Personen ohne Bleiberecht von großer Bedeutung.“

Nach dieser Willensbekundung folgt jetzt ein Vierteljahr später besagter Diskussionsentwurf „Zur Verbesserung der Rückführung“.

Die „Süddeutsche Zeitung“ liest das Papier und kommentiert: „Innenministerium will Angehörige von Clans kollektiv abschieben“. Die „Zeit“ sprach dazu mit einem Sprecher der Ministerin, der schnell relativiert, dass niemand die Abschiebung unschuldiger Familienmitglieder plane.

Das Papier dürfe auch „nicht als Faeser-Agenda“ verstanden werden, sondern als gemeinsame Überlegungen von Bund, Ländern und Kommunen, wie man künftig Abschiebungen beschleunigen könne.

Aber was kann hier helfen? Unbeeindruckt von den Diskussionen lehnt Innenministerin Faeser weiterhin stationäre Grenzkontrollen ab, wie sie noch im Juni 2023 bekräftigte. Diese würden die Entwicklung der EU „um Jahrzehnte zurückwerfen“.

Was steht also im „Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Rückführung“?

Mehr Möglichkeiten zur Abschiebung

Ministerin Faeser schlägt vor, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern. Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote sollen keine aufschiebende Wirkung mehr haben.

Des Weiteren soll das Asylgesetz dahingehend geändert werden, dass ein Antrag als offensichtlich unbegründet gilt, wenn der Ausländer „ein Identitäts- oder ein Reisedokument, das die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit ermöglicht hätte, mutwillig vernichtet oder beseitigt hat, oder die Umstände offensichtlich diese Annahme rechtfertigen.“

Ebenfalls abgewiesen werden soll, wer sich weigert, dem Eurodac-System seine Fingerabdrücke zu hinterlassen, oder wenn der Ausländer „den Asylantrag nur zur Verzögerung oder Behinderung der Vollstreckung einer bereits getroffenen oder unmittelbar bevorstehenden Entscheidung, die zu seiner Abschiebung führen würde, gestellt hat“.

Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet eingereist ist.

Für subsidiär Schutzberechtigte, also Ausländer, bei denen kein Fluchtgrund erkannt wurde, denen aber ernsthafter Schaden im Herkunftsland droht, wird künftig eine Aufenthaltsdauer von drei Jahren statt zuvor einem Jahr gewährt. Damit soll, so das Diskussionspapier des Innenministeriums, eine Entlastung der Ausländerbehörden erreicht werden. Dieser Änderungsvorschlag folgt einer Forderung der EU nach Richtlinie 2011/95/EU.

Die alten sind auch die neuen Probleme

Hausdurchsuchungen bei Ausreisepflichtigen sollen jetzt auch zeitlich umfangreicher möglich sein, mit dem Ziel, ungeklärte Identitäten als Haupthindernisgrund aus dem Weg zu räumen, Gefahr im Verzug kann hier angewendet werden.

Auch sollen Ausländer zur Identitätsfeststellung öfter überraschend kontrolliert werden, das sei in einer Kontrollsituation „wesentlich erfolgversprechender, da Ausländer in einer solchen Situation oftmals identitätsrelevante Dokumente und Datenträger mit sich führen oder sich aus der Kontrollsituationen heraus zumindest Hinweise auf die Identität der kontrollierten Person ergeben.“

Laut Diskussionspapier besteht auch weiterhin ein Problem des Datenaustauschs zwischen den Behörden und Dienststellen: Oftmals trete die „unbefriedigende Situation ein, dass sich Passdokumente in den polizeilichen Ermittlungsakten befinden, die jedoch aus Unwissenheit über die bislang ungeklärte Identität nicht an die zuständige Ausländerbehörde übermittelt wurden.“

Der Zuzug hält an – die Dringlichkeit stiegt

Die Medienberichterstattung konzentriert sich allerdings überwiegend auf Seite 18 des Papiers, wo es, wie auch von „t-online“ gefragt, um „Ausweisung ohne Verbrechen“ gehen soll.

Bislang, bedauert das Diskussionspapier, „konnte für Angehörige der Organisierten Kriminalität ein Ausweisungsinteresse nur bei Vorliegen einer strafrechtlichen Verurteilung bzw. nicht nur vereinzelter oder geringfügiger Rechtsverstöße gegen Rechtsvorschriften oder behördliche Entscheidungen festgestellt werden (…). Waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, konnte eine Ausweisung nicht erfolgen.“ Hier wird vom Innenministerium die Einführung einer „Tatbestandsalternative für Angehörige von Gemeinschaften der Organisierten Kriminalität“ vorgeschlagen.

Vieles kommt hier zusammen, EU-Recht will umgesetzt, nationales Recht nivelliert und die ansteigenden Zahlen einer illegalen Zuwanderung reduziert werden. Gemäß Entwurfstitel aus dem Bundesinnenministerium wird darum gebeten, ein Gesetz „zur Verbesserung der Rückführungen“ zu diskutieren.

Während diese Diskussion anläuft, kommen Monat für Monat steigende Zahlen von Migranten nach Deutschland. Wie hoch die Bleibeperspektive im Vergleich zu möglichen Abschiebungen letzten Endes ist, bleibt abzuwarten. Ebenso die Frage, ob die aktuelle Diskussion von den gegenwärtigen Ereignissen überrollt werden könnte.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion