Lockerbie-Urteil wird überprüft – Justiz vernimmt Stasi-Kader

Vor 30 Jahren explodierte ein US-Flieger über dem schottischen Lockerbie. Ein Schuldiger wurde verurteilt, doch das Urteil ist umstritten. Nun will eine schottische Agentur den Fall neu aufrollen – und dazu auch ehemalige Stasi-Mitarbeiter vernehmen.
Titelbild
Am 22. Dezember 1988 stürzte ein US-Flieger über dem schottischen Lockerbie ab. Alle 259 Passagiere und 11 Anwohner von Lockerbie starben.Foto: ROY LETKEY/AFP via Getty Images
Epoch Times24. November 2019

Mehr als 30 Jahre nach dem Anschlag auf einen Jumbo-Jet der früheren US-Fluglinie Pan Am über dem schottischen Lockerbie wird der Terrorakt möglicherweise juristisch komplett neu aufgerollt.

Als Schuldiger wurde 2001 der libysche Geheimdienstoffizier Abdel Basit Ali al-Megrahi verurteilt, doch dessen Angehörigen legten Revision ein.

Anfang 2020 will die Scottish Criminal Cases Review Commission (SCCRC) nach Informationen der „Welt am Sonntag“ darüber entscheiden, ob sie dem obersten Gericht in Schottland, dem High Court of Justiciary, die Eröffnung eines Berufungsverfahren empfiehlt.

Eine Spur führte nach Ost-Berlin – Ex-Stasi-Mitarbeiter vernommen

In Deutschland sorgte der Fall Lockerbie im Frühjahr für Schlagzeilen. Weil der SCCRC Rechtshilfeersuchen an die deutsche Justiz gestellt hatte, wurden Dutzende ehemalige Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit vernommen. Hintergrund ist, dass Anfang der 90er-Jahre bei den Ermittlungen auch eine Spur nach Ost-Berlin führte, der nun erneut nachgegangen wird.

Die Bombe an Bord der Boeing 747 explodierte am 21. Dezember 1988 und tötete alle 259 Passagiere. In Lockerbie starben elf Menschen.

Teile des Jumbo-Jets fielen auf ein Wohnviertel von Lockerbie. Foto: ROY LETKEY/AFP via Getty Images

Anwohner Robert Love und seine Frau stehen vor den abgestürzten vier Motoren der Pan Am-Maschine. 22. Dezember 1988, Lockerbie. Foto: ROY LETKEY/AFP via Getty Images

Al-Megrahi-Urteil war ein „Unglücksfall in der Geschichte des Völkerrechts“

Das Urteil gegen den libyschen Agenten al-Megrahi ist umstritten. Der österreichische Völkerrechtsexperte Hans Köchler, der den Lockerbie-Prozess für die Vereinten Nationen beobachtete, sagte der „Welt am Sonntag“: „Der Lockerbie-Prozess hat mehr einer Geheimdienstoperation geglichen als einem ordentlichen Gerichtsverfahren.“

Herausgekommen sei dabei ein „Unglücksfall in der Geschichte des Völkerrechts“, den die Internationale Gemeinschaft um ihrer selbst willen korrigieren müsse.

Der britische Arzt Jim Swire, der seine Tochter bei dem Attentat verlor, hält ein neues Verfahren für überfällig. Swire sagte dieser Zeitung: „Ich habe von meinem Land erwartet, dass es die Wahrheit findet, die ganze Wahrheit.“ Dass die Wahrheit bislang unterdrückt worden sei, sei „eine Beleidigung meiner ermordeten Tochter“.

Angehörige der Opfer und Anwohner von Lockerbie bei einer Gedenkveranstaltung zum 30. Jahrestag der Explosion am 21. Dezember 2018 in Lockerbie. Foto: JANE BARLOW/AFP via Getty Images

SCCRC kümmert sich um Justizirrtümer

Die SCCRC kümmert sich um Justizirrtümer, nach eigenen Angaben „unabhängig vom Parlament, der schottischen Regierung, der Krone, der Justiz und der Verteidigung.“

Bereits im Mai 2018 teilte die Kommission mit, es liege „im Interesse des Rechts“, den Antrag der Angehörigen des verurteilten Libyers auf Anfechtung des Urteils zuzulassen. Damals wollte sie eine „vollständige Überprüfung“ („total review“) vornehmen, die nun fast abgeschlossen ist, berichtet die „Welt am Sonntag“.

Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main unterstützt die Schotten

Bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ist ein Ermittlungsverfahren zu Lockerbie (Aktenzeichen 50 Js 42.401/88) anhängig. Die Behörde unterstützt die Schotten: „Derzeit finden in Deutschland im Wege der Rechtshilfe Zeugenvernehmungen statt“, sagte die Staatsanwaltschaft der „Welt am Sonntag“.

Bei der Katastrophe hatten auch vier Deutsche ihr Leben verloren, zwei Frauen und zwei Männer aus Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. (dts)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion