„Wir garantieren mit unserer persönlichen Freiheit“ – „Correctiv“ kontert vor Gericht

Acht Journalisten des Recherchenetzwerks „Correctiv“ haben eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, die ihre untadelige Arbeit für den Artikel über das „Potsdamer Treffen“ belegen sollen. Nun steht Aussage gegen Aussage. Das Hamburger Landgericht muss entscheiden.
Titelbild
Ein Artikel des Recherchenetzwerks „Correctiv“ über ein Potsdamer Treffen hatte am 10. Januar 2024 eine Welle von Demonstrationen „gegen rechts“ ausgelöst.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Von 22. Februar 2024

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Im Streit um den „Geheimplan“-Artikel des Recherchenetzwerks „Correctiv“ haben acht Journalisten des Netzwerks jeweils eigene eidesstattliche Versicherungen beim Landgericht Hamburg einreichen lassen. Das berichtete die Zeitung „Welt“ am 21. Februar 2024 auf ihrer Website. Auch „Correctiv“ selbst veröffentlichte jüngst eine Stellungnahme. David Schraven, der Herausgeber des Netzwerks, stellte klar:

Unsere Redaktion steht entschlossen hinter der Veröffentlichung und tritt einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Teilnehmers Ulrich Vosgerau entschieden entgegen. […] Mit den eidesstattlichen Erklärungen machen wir klar: Wir garantieren die Richtigkeit unserer Recherche mit unserer persönlichen Freiheit und dem Medienhaus CORRECTIV als Sicherheit.“

Im Kern geht es um die Streitfrage, ob bei dem sogenannten „Potsdamer Treffen“ vom 25. November 2023 in einem Landgasthof die Ausweisung von deutschen Staatsbürgern nach rassistischen Kriterien geplant worden war oder nicht – und ob die Darstellung des Sachverhalts im „Correctiv“-Artikel angemessen war. Schraven beharrt darauf, dass bei dem Treffen „die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland, darunter auch ‚nicht-assimilierte Staatsbürger‘“, besprochen wurde.

Sein Anwalt Thorsten Feldmann griff den Punkt auf: Er hatte nach Angaben der „Welt“ dem Gericht einen „47-seitigen Schriftsatz“ vorgelegt, in dem er argumentiere, dass das „Correctiv“-Team niemals davon geschrieben habe, dass es in Potsdam darum gegangen sei, „unmittelbar und sofort deutsche Staatsbürger mit deutschem Pass auszuweisen“. „Correctiv“ habe stattdessen nur berichtet, dass die Teilnehmer der Konferenz diskutiert hätten, „wie man Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft dazu bewegen kann, das Land freiwillig zu verlassen, und das Staatsangehörigkeitsrecht so zu reformieren, dass man Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsbürgerschaft ‚wieder wegnimmt‘“, so die „Welt“.

Teilnehmer-Anwalt Brennecke bemängelt „schief inszenierte Wertungen“

Der Rechtsanwalt der Gegenseite, Carsten Brennecke, wertete die Reaktionen auf seinem X-Kanal als Schuldbekenntnis:

Damit ist nun endgültig klar, dass die durch schiefe Wertungen im #Correctiv-Bericht in die Welt gesetzte Legende, auf dem Treffen sei über die Ausweisung deutscher Staatsbürger nach rassistischen Kriterien gesprochen worden, falsch ist.“

Und weiter: „Hätte Correctiv einfach sofort, nachdem die Legende aufkam, ganz seriös klargestellt, dass man dies nie gesagt und gemeint hat, dann wäre die Verunsicherung vieler Bürger, die durch schief inszenierte Wertungen im Correctiv-Bericht entstanden ist, ausgeblieben.“ Die acht eidesstattlichen Versicherungen aus den Reihen des „Correctiv“-Teams seien im Übrigen als Beweise „völlig wertlos“. Immerhin, so Brennecke, behaupte keiner der acht Redaktionsmitarbeiter, „bei dem Treffen selbst dabei gewesen zu sein oder die dortigen Äußerungen selbst gehört zu haben“. Auch über ihre Quellen hätten sich die Autoren ausgeschwiegen.

Seiner Ansicht nach habe die „Überinszenierung“ des „Correctivs“ nur Verlierer hervorgebracht: Den Lesern sei „ein falsches Verständnis vermittelt“ worden, und die „Teilnehmer des Treffens“ seien „durch das falsche Verständnis beschädigt“ worden. Neben AfD-Parteimitgliedern hatten auch Leute mit CDU-Parteibuch und andere Privatpersonen am Potsdamer Treffen teilgenommen.

Aussage gegen Aussage – Warten auf die Gerichtsentscheidung

„Correctiv“ beruft sich in einer Stellungnahme vom 20. Februar 2024 zu seinem Artikel „Geheimplan gegen Deutschland“ in der Tat auf den „Quellenschutz“.

Mit den acht eidesstattlichen Versicherungen des „Correctiv“-Teams, darunter Chefredakteur Justus von Daniels und seine Stellvertreterin Anette Dowideit (PDF-Datei), haben nun also beide Seiten ihre Sichtweise an Eides statt dargelegt. Es steht Aussage gegen Aussage.

Eine Entscheidung der zuständigen Pressekammer des Landgerichts Hamburg steht noch aus. Am Vormittag des 22. Februar teilte ein Gerichtssprecher auf Anfrage der Epoch Times mit, dass er „zeitlich nicht abschätzen“ könne, wann damit zu rechnen sei. In jedem Fall würden die „Sache so schnell wie möglich und so gründlich wie nötig beraten“. Der Sprecher hatte der Epoch Times schon vor einigen Tagen mitgeteilt, dass die Kammer ihre Entscheidungen häufig allein aufgrund einer schriftlichen Anhörung treffe, ohne die Kontrahenten zu einer mündlichen Verhandlung vorzuladen.

Das Gericht habe bereits zwei Aktenzeichen für die beiden Anträge auf einstweilige Verfügung angelegt: im Fall des Juristen Ulrich Vosgerau das Aktenzeichen 324 O 61/24, im Fall eines Privatunternehmers das Aktenzeichen 324 O 53/24. Beide waren in Potsdam dabei, als der Aktivist und Autor Martin Sellner („Remigration: Ein Vorschlag“), der prominenteste österreichische Vertreter der zuwanderungskritischen „Identitären Bewegung“ (IB), einen Vortrag über das Thema Remigration gehalten hatte.

Die IB wird nach Informationen des „Spiegel“ bereits seit Juli 2019 vom deutschen Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuft. Damals wie heute hieß der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) Thomas Haldenwang (CDU).

Reaktion auf zwei Anträge auf einstweilige Verfügung

Die „Correctiv“-Mitarbeiter hatten mit ihren schriftlichen Einlassungen auf jene eidesstattlichen Versicherungen reagiert, die sieben Teilnehmer des „Potsdamer Treffens“ dem Landgericht bereits vor rund zwei Wochen vorgelegt hatten, um sich gegen die aus ihrer Sicht fehlerhafte Berichterstattung zu wehren. Die eidesstattlichen Versicherungen der Konferenzteilnehmer sollten die beiden Anträge auf einstweilige Verfügungsverfahren untermauern, die nach Angaben von Rechtsanwalt Carsten Brennecke am 9. Februar 2024 vor dem Landgericht Hamburg angestrengt worden waren.

Brenneckes Mandanten widersprechen der „zentralen Behauptung“ des Artikels, der am 10. Januar 2024 veröffentlicht worden war – zwei Tage nach Beginn der bundesweiten Bauern- und Mittelstandsproteste. Dieser Bericht, genauer gesagt dessen Verbreitung in den Leitmedien, hatte zu bundesweiten Massendemonstrationen „gegen rechts“ geführt, deren Ende weiterhin nicht absehbar ist.

So hatte etwa das ZDF noch am selben Tag über „völkische Netzwerker“, „Neonazis“ und „völkische Visionen für Deutschland“ geschrieben. Sellner wolle „diskriminieren“ und habe in Potsdam „zur massenhaften Ausweisung und gezielten Vertreibung von in seinen Augen unwerten Personengruppen“ gesprochen. Ähnlich klang es in anderen Medien: Das Wort „Deportation“ machte hauptsächlich zu Beginn die Runde. Im Begleittext zu seinem Sachbuch „Der AfD-Komplex“ hatte das „Correctiv“ den Begriff „Deportation“ allerdings alsbald gegen das Wort „Vertreibung“ ausgetauscht.

Bundesregierung unterstützt „Correctiv“ mit Millionen

Nach Recherchen des „Nordkurier“ erhielt das Netzwerk „Correctiv“ seit seiner Gründung im Jahr 2014 „rund 2,5 Millionen Euro an Steuergeldern“: „Allein aus dem Bundeshaushalt strich das – nach eigenen Angaben ‚unabhängige‘ – Journalismusportal mehr als 1,2 Millionen Euro ein“, schrieb die Zeitung. Letzteres hatte der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Florian Toncar aufgrund einer Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten Leif-Erik Holm bestätigt (BT-Drucksache 20/10170, PDF-Datei, Seite 19f). Laut „Nordkurier“ förderte auch die Landesregierung Nordrhein-Westfalen das „Correctiv“ in den Jahren 2020 bis 2023 mit knapp 1,1 Millionen Euro. Solche öffentlichen Gelder würden nach Angaben von „Correctiv“ nicht für „investigative Recherchen, Faktenchecks oder redaktionelle Arbeit“ verwendet. Sie flössen lediglich in „klar abgegrenzte Projekte“ zur „Medienbildung und Strukturförderung“.

Das Netzwerk legt seine Finanzierung regelmäßig auf seiner Website offen. Neben Privatspendern gehören auch Stiftungen reicher Geschäftsleute zu den Geldgebern, beispielsweise „Luminate“ aus dem Umfeld des eBay-Gründers Pierre Omidyar. Zu den Gönnern gehören auch die Schöpflin Stiftung, die Stiftung Mercator, die European Climate Foundation oder die Open Society Foundations von George Soros.

Eine weitere Anfrage von Holm hatte am 5. Februar 2024 zutage gebracht, dass „die Bundesregierung auch mit Nichtregierungsorganisationen, sogenannten Faktencheckern, Journalistinnen und Journalisten in einem regelmäßigen Austausch“ steht (BT-Drucksache 20/10292, PDF-Datei, Seite 1). Seit 2017 konnte Steffen Hebestreit (SPD), Regierungssprecher und Staatssekretär, neun Termine rekonstruieren.

Nach Informationen des Nachrichtenportals „NiUS“ gab es noch mindestens zwei weitere Kontakte: So habe „Correctiv“-Geschäftsführerin Jeanette Gusko am 7. November 2023 an einer „Diskussionsrunde im Bundeskanzleramt“ teilgenommen – in Anwesenheit von Carsten Schneider (SPD), dem Ostbeauftragten der Bundesregierung. Am 17. November 2023, eine Woche vor dem Potsdamer Treffen, sei es „am Rande der Konferenz Ostdeutschland 2030“ außerdem zu einer „spontanen“ Begegnung des Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) „mit der Geschäftsführerin von Correctiv, Frau Gusko“ gekommen.



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