Eidesstattliche Versicherungen: Sieben Zeugen bestreiten „Correctiv“-Darstellung

Neben einer Strafanzeige gegen die Verantwortlichen hinter dem „Correctiv“-Bericht zum Potsdamer Remigrationstreffen liegen derzeit zwei Abmahnungsschreiben und sieben eidesstattliche Versicherungen vor Gericht. Der Text hatte eine Demowelle „gegen rechts“ ausgelöst. Der Anwalt des Recherchenetzwerks bleibt „völlig gelassen“.
Titelbild
Das Archivbild zeigt die erste Großdemonstration „gegen rechts“ am 14. Januar 2024 in Berlin. Die Demonstranten wenden sich insbesondere gegen die AfD.Foto: Adam Berry/AFP via Getty Images
Von 12. Februar 2024

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Sieben Teilnehmer, die Ende November 2023 bei dem umstrittenen „Treffen“ in einem Landhotel bei Potsdam dabei waren, haben vor einigen Tagen eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Sie widersprechen damit offiziell der „zentralen Behauptung“ aus einem Artikel des Recherchenetzwerks „Correctiv“, der am 10. Januar 2024 veröffentlicht worden war – zwei Tage nach Beginn der bundesweiten Bauern- und Mittelstandsproteste. Das hat der Rechtsanwalt Carsten Brennecke auf seinem X-Kanal bestätigt. Gegenüber der Zeitung „Welt“ präzisierte der Jurist den Standpunkt der sieben Zeugen:

So schildern die Teilnehmer in dem Wissen, dass sie sich bei einer Falschaussage strafbar machen würden, dass [Martin] Sellner zwar in seinem Vortrag gefordert hat, dass ausreisepflichtige Asylanten und Ausländer schneller abgeschoben werden sollten, dass es dabei aber nie um deutsche Staatsangehörige oder rassistische Kriterien gegangen sei.“

Der Aktivist und Autor Sellner („Remigration: Ein Vorschlag“), der prominenteste österreichische Vertreter der zuwanderungskritischen „Identitären Bewegung“ (IB), habe zudem „keine Abschiebung für möglich gehalten oder gefordert“, die „vormalige Ausländer mit deutschem Pass“ betreffen würde. Er habe lediglich die Möglichkeit angesprochen, „dass der deutsche Rechtsstaat mit den bestehenden rechtlichen Mitteln entschieden gegen Straftaten“ vorgehen könne. Damit könnten jene, die „in Bezug zu Islamismus oder Clan-Kriminalität auffällig werden würden“, „sich entweder wieder rechtmäßig verhalten oder freiwillig dorthin auswandern […], wo es laschere Regeln gebe“, heißt es in der „Welt“.

Zwei Abmahnungen – Entscheidung unklar

Den eigenen Worten zufolge habe Brennecke die eidesstattlichen Versicherungen dem Landgericht Hamburg übergeben. Laut „Welt“ sollen sie insbesondere dazu dienen, die Darstellung seines Mandanten Dr. Ulrich Vosgerau zu unterstützen.

Der Staatsrechtsexperte Vosgerau gehört zu jenen beiden Teilnehmern des Potsdam-Treffens, die sich presserechtlich gegen „Correctiv“ wehren wollten. Sie seien überzeugt, „dass Correctiv deren entlastende Stellungnahmen irreführend und verfälschend verkürzt“ habe, „um die Legende des Berichts irgendwie aufrecht erhalten zu können“, so Brennecke. Nach Angaben der „Welt“ hatte er selbst zwei „Abmahnungsschreiben“ an „Correctiv“ geschickt.

Staatsrechtler Vosgerau spricht von „Unterstellungen“

Sein Mandant Vosgerau wende sich konkret gegen die „Unterstellung“, nach der er „pauschal türkischen Migrantinnen die Fähigkeit zur Bildung einer unabhängigen politischen Meinung abgesprochen“ habe. Der Jurist habe während seines Potsdamer Vortrags zum Thema Briefwahl lediglich darauf hingewiesen, dass beispielsweise in türkischen Familien Väter oder Brüder Druck auf andere Familienmitglieder ausüben könnten, welche Partei anzukreuzen sei. „Correctiv“ habe diesen Kontext „einfach weggelassen“ und somit den irreführenden Gesamttenor des Artikels gestärkt, nach dem es sich bei den Teilnehmern sämtlich um „Rassisten“ handeln würde.

Vosgerau habe auf Nachfrage von „Correctiv“ zudem schriftlich klargestellt, dass er „‚generell‘ nicht gehört“ habe, „dass bei dem Treffen über die ‚Remigration‘ deutscher Staatsbürger gesprochen worden wäre“. Dies sei „rechtlich auch gar nicht möglich“. Im Artikel habe aber gestanden, dass sich Vosgerau „nicht erinnern“ können wolle. Nach Ansicht von Brennecke hätten die Journalisten Vosgeraus „rechtliche Einschätzung zum zentralen Vorwurf nicht einfach unterschlagen“ dürfen, zumal sie ihn selbst als „‚Juristen‘ und ‚Verfassungsrechtler‘“ bezeichnet hätten.

Auch ein „Unternehmer“ fühlt sich unfair behandelt

Das zweite „Abmahnungsschreiben“ habe er im Auftrag eines ebenfalls von „Correctiv“ namentlich genannten Unternehmers auf den Weg gebracht, der – anders als im Artikel „Geheimplan gegen Deutschland“ dargestellt – lediglich für eine „Wahlprüfungsbeschwerde“ Geld gespendet habe, nicht aber „an Sellner oder die Identitäre Bewegung“.

Brennecke vertrete die Auffassung, der Unternehmer hätte namentlich gar nicht genannt werden dürfen: Er habe nicht an dem eigentlichen Treffen teilgenommen und sei auch im Artikel „während der Veranstaltung nur am Rande erwähnt“ worden. Eine Anfrage von „Correctiv“ an den Unternehmer sei zudem nicht an dessen „Privat-Mailadresse, sondern an den Firmenverteiler geschickt“ worden. Der „Welt“ zufolge hatte Brennecke beim Landgericht Hamburg „einen Antrag auf einstweilige Verfügung“ gestellt, um den Namen seines Mandanten aus dem Artikel streichen zu lassen.

Eine Entscheidung zum Fall des Unternehmers werde „spätestens Anfang nächster Woche“ erwartet, schrieb die „Welt“ am 10. Februar 2024. Auch die Vosgerau-Sache liege seit dem 9. Februar „vor Gericht“. Nach Ansicht Brenneckes seien im Übrigen „alle“ namentlich genannten Teilnehmer „seit der Veröffentlichung des Artikels […] einem Spießrutenlauf mit schweren Folgen für ihr Privat- und Berufsleben ausgesetzt“.

AfD-MdB Huy stellte Strafanzeige

Wie die „Welt“ bestätigte, hatte zudem die Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy (AfD), die in Potsdam ebenfalls dabei gewesen war, bereits am 15. Januar 2024 „Strafanzeige und Strafantrag“ bei der Staatsanwaltschaft Potsdam gestellt. Und zwar „gegen Unbekannt und alle Personen, die im ‚Correctiv‘-Artikel als das ‚Team hinter der Recherche‘ bezeichnet“ worden waren.

Huy berufe sich auf Paragraf 201 des Strafgesetzbuches (StGB), der „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. Zudem habe Huy „einen Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild“ geltend gemacht, weil sie ohne ihr Wissen abgelichtet worden war.

Huy gehe grundsätzlich davon aus, dass die verklagte „Correctiv“-Gruppe „im besonderen Maße mit gemeinschaftlich begangener, hoher krimineller Energie“ gehandelt habe, um „ihr und den anderen Teilnehmern des Treffens Schaden“ zuzufügen. Dabei beruhten „die gesamten, inhaltlich teilweise auch unzutreffenden Wortwiedergaben und Informationen des Berichts ausschließlich auf strafbaren Handlungen der Correctiv-Mitarbeiter“, zitiert die „Welt“ die AfD-Abgeordnete. Derzeit prüfe die Staatsanwaltschaft Potsdam, „ob ein Anfangsverdacht“ bestehe. Das sei „Voraussetzung für die Aufnahme von Ermittlungen“.

Inzwischen gibt es auch eine eigene Website über „das Märchen von Potsdam“, das die Sichtweise der Angeprangerten widerspiegelt. Der Urheber ist unklar, im Impressum firmiert „AutorenService.de“, ein Mediendienst mit Sitz in Fulda, der sich auf Pseudonyme spezialisiert hat.

„Correctiv“ beruft sich auf „sehr zuverlässige Quellen“

Das auch aus Steuermitteln und privaten Stiftungen unterstützte Netzwerk „Correctiv“ hatte das Potsdamer Landhaus eigenen Angaben zufolge mit vier versteckten Kameras „undercover“ ausgespäht und auf verschiedene „sehr zuverlässige Quellen“ zurückgegriffen, wie es in den FAQs zum Artikel heißt.

Namen von Informanten wolle man wegen des „Quellenschutzes“ nicht nennen. „Kurze Video-Sequenzen“, die man vor Ort gedreht habe, seien „für den Text nicht relevant“. Auch die im Artikel genannten „Dokumente“, auf die sich „Correctiv“ beruft, wurden nach mehr als zwei Monaten nicht öffentlich präsentiert. Dass man mehrere Wochen für die Veröffentlichung des „Geheimplan“-Artikels gebraucht habe, sei dem Umstand geschuldet, dass man sich „die nötige Zeit“ genommen habe. Es sei darum gegangen, „die Dokumente, Bilder und weitere Belege auszuwerten“, Stellungnahmen der „Teilnehmenden“ einzuholen und „eine sorgfältige rechtliche Prüfung“ durchzuführen.

„Correctiv“-Rechtsanwalt bleibt „völlig gelassen“

Thorsten Feldmann, der Rechtsanwalt des „Correctiv“-Teams, bestreitet nach Angaben der „Welt“, dass seine Mandanten „unsauber“ recherchiert hätten. Entsprechende „Vorwürfe“ würden nur dazu dienen, „Correctiv zu diskreditieren“. Da er und die Redaktion „derartige Dinge [im Vorfeld] erwartet und […] „geprüft“ hätten, sehe er den Ermittlungen „völlig gelassen“ entgegen. Pressedarstellungen, nach denen „Geheimdienste“ das Potsdamer Treffen „abgehört und Correctiv eine Aufnahme zur journalistischen Verwertung zur Verfügung gestellt“ hätten, seien „Unfug“, so Feldmann laut „Welt“.

Huys Beharren auf dem Recht am eigenen Bild laufe seiner Meinung nach ebenfalls ins Leere, weil die „Correctiv“-Fotos „ein ‚zeitgeschichtliches Ereignis‘“ abbildeten. Ihre Verbreitung sei durch das Kunsturhebergesetz „auch ohne Einwilligung der dargestellten Personen“ gestattet. Zudem würden die Aufnahmen „die Teilnehmer des Treffens nicht in ihrer Intimsphäre verletzen oder sie herabwürdigen“, sodass auch Paragraf 201 StGB nicht greife. Es sei auch erlaubt, den Unternehmer-Mandanten Brenneckes namentlich zu erwähnen, weil dieser „aufgrund seiner Vergangenheit so relevant“ sei.

Insgesamt, so Rechtsanwalt Feldmann laut „Welt“, sei der „Kern der Berichterstattung […] auf juristischem Wege bisher nicht angegriffen worden“, sondern nur „wenige nebensächliche Formulierungen und die angeblichen Recherche-Methoden“.

Kaum „Tatsachenbehauptungen“ aufgestellt

In der Tat hatte Brennecke laut „Welt“ eingeräumt, dass der „Geheimplan“-Artikel „viele Wertungen enthalte, die man äußerungsrechtlich nicht angreifen könne“. „Tatsachenbehauptungen“ seien dagegen kaum vorhanden. So habe es das Recherchenetzwerk „geschickt vermieden“, es als Fakt darzustellen, dass „auf dem Treffen über die Ausweisung deutscher Staatsbürger nach rassistischen Kriterien gesprochen“ worden sei. „Das ist der einzige Grund, wieso meine Mandanten nur gegen einzelne niederschwellige Passagen und nicht gegen die zentralen Vorwürfe vorgehen“, zitiert die „Welt“ den Anwalt.

„Correctiv“ bestätigt in seinen FAQs bislang nur, von der „Strafanzeige der AfD-Politikerin Gerrit Huy“ zu wissen. Über die beiden Abmahnungsschreiben Brenneckes war mit Stand 12. Februar, 10:00 Uhr, noch nichts zu lesen. Die Autoren hatten speziell den Potsdamer Vortrag Sellners in die Nähe von NS-Gedankengut gerückt:

Was Sellner entwirft, erinnert an eine alte Idee: 1940 planten die Nationalsozialisten, vier Millionen Juden auf die Insel Madagaskar zu deportieren. Unklar ist, ob Sellner die historische Parallele im Kopf hat. Womöglich ist es auch Zufall, dass die Organisatoren gerade diese Villa für ihr konspiratives Treffen gewählt haben: Knapp acht Kilometer entfernt von dem Hotel steht das Haus der Wannseekonferenz, auf der die Nazis die systematische Vernichtung der Juden koordinierten.“

Kampf gegen die AfD

Seitdem der „Correctiv“-Artikel erschienen ist, demonstrieren teilweise Millionen in Deutschland „gegen rechts“. Plakate wenden sich insbesondere gegen die AfD. Ohne die Oppositionspartei ausdrücklich zu nennen, sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) von „extremistischen Rattenfängern“. Jüngst lud das Filmfestival „Berlinale“ AfD-Vertreter aus. Parallel zu alldem wird diskutiert, ob und wie die AfD verboten werden kann, ob man dem thüringischen Spitzenkandidaten Björn Höcke das aktive und passive Wahlrecht entziehen soll oder ob und wie man Staatsdiener mit Sympathien zur AfD unter Druck setzen kann. Auch ein Einreiseverbot für Martin Sellner steht im Raum. Inzwischen distanzierte sich sogar die französische Rassemblement-Politikerin Marine Le Pen von der AfD, und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will noch mehr Geld in das „Demokratiefördergesetz“ stecken.

AfD-Co-Bundessprecherin Alice Weidel hatte sich wenige Tage nach der „Correctiv“-Publikation von ihrem Referenten Roland Hartwig getrennt, ohne näher auf die Gründe einzugehen. Auch er war in Potsdam dabei. Dass auch Vertreter der CDU und Privatleute der Abendeinladung gefolgt waren, wird in den Leitmedien wenig thematisiert. „Correctiv“ dazu:

Die von uns im Text erwähnten CDU-Mitglieder hatten bei dem Treffen keine aktive Rolle; anders als die AfD-Politiker, von denen einige selbst Vorträge hielten. Zudem haben sie in der Partei keine herausgehobenen Ämter. Wir hatten zwei namentlich erwähnt, insofern liegt es an der CDU, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.“



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