AfD verbieten – ja oder nein? Meinungskampf auf X

Trotz hoher verfassungsrechtlicher Hürden werden quer durch die Parteien wieder Stimmen für ein AfD-Verbot laut. Auch auf X tobt der Meinungskampf: Die einen fürchten ein neues 1933, die anderen das Ende von Oppositionsparteien.
Titelbild
Das Symbolbild zeigt das Rednerpult eines AfD-Parteitags. Knapp elf Jahre nach ihrer Gründung sind die Umfragen so gut wie nie. AfD-Gegner würden die Partei am liebsten verbieten.Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 16. Januar 2024

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Während sich einige Politiker und Prominente schon länger für ein Verbot der Alternative für Deutschland (AfD) starkmachen, bezweifeln andere, dass sich die Einleitung eines Verbotsverfahrens strategisch günstig auf die eigenen Ziele auswirken würde.

Sahra Wagenknecht etwa, die Initiatorin der jüngst ins Leben gerufenen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) und erklärte Gegnerin der AfD, sprach sich gerade erst dagegen aus: „Wir können doch nicht ernsthaft, weil die Politik so schlecht ist und deswegen Menschen aus Empörung eine Partei wie die AfD wählen wollen, sagen, dann verbieten wir diese Partei“, so Wagenknecht im ARD-„Bericht aus Berlin extra“ vom 14. Januar 2024. Auch wenn die AfD einen „rechtsextremen Flügel“ habe, halte sie „das für eine völlig gefährliche und auch fatale Debatte“. Es gelte vielmehr, die „schlechte Politik zu beenden“ (Video ab 28:27 Min. in der „ARD Mediathek“).

Um ein Parteiverbotsfahren in Karlsruhe in Gang zu bringen, muss es entweder vom Bundestag, Bundesrat oder von der Bundesregierung beantragt werden.

„Correctiv“-Artikel brachte Stein erneut ins Rollen

Die Diskussion um ein Verbot der Alternative für Deutschland (AfD) hatte mit der Veröffentlichung eines „Correctiv“-Artikels vom 10. Januar 2024 über ein privates Treffen von AfD-Politikern in einem Landhaus bei Potsdam wieder frischen Wind bekommen. Bei der Zusammenkunft, die bereits im November 2023 stattfand, sei es auch um die Abschiebung von Millionen Migranten gegangen. Neben zwei Gästen, die sowohl der CDU als auch der WerteUnion angehören, war mit Martin Sellner auch einer der Köpfe der Identitären Bewegung (IB) aus Österreich anwesend, die nach Einschätzung des Verfassungsschutzes „rechtsextremistisch“ ist.

Die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. steht nach wie vor auch auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD (PDF-Datei). Das auch aus Steuermitteln unterstützte Netzwerk „Correctiv“ hatte das Landhaus eigenen Angaben zufolge mit vier versteckten Kameras und Mikrofonen ausgespäht.

Pro Verbot: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst

Eine kurz vor dem Artikel veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos hatte an den Tag gebracht, dass jeweils 42 Prozent der befragten Bürger entweder für oder gegen ein AfD-Verbot sind. Seither flammt die Debatte auch auf X wieder auf. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erneuerte sein schon öfter geäußertes Bekenntnis gegen die AfD, ohne jedoch konkret ein Verbot zu fordern:

Eine Partei, in der Nazis den Ton angeben und in der Nazi-Inhalte vertreten werden, ist eine Nazi-Partei.“

Mit der Forderung „AFD Verbot jetzt! 1933 darf sich nicht wiederholen“ spiegelt der Twitterer sternenpflücker die Gedanken vieler ähnlich denkender AfD-Gegner auf den Punkt. Ups meint ebenfalls: „Gegen die faschistische AfD zu sein ist notwendig! Die wollen das Deutschland wieder in Schutt und Asche liegt! AfD Verbot sofort!“

Der Nutzer Benny schlägt in die gleiche Kerbe: „AfD Verbot? Ich bin klar dafür! Eine in großen Teilen faschistische Partei sollten wir nicht, wegen geschichtsvergessenem Stimmvieh, an die Schalthebel der Macht lassen. Das hatten wir schon! Die Gefahr ist zu groß!“

Homburg: „rotgrünes Niveau“

Mark Rudolph wundert sich: „Nazis haben 6 Millionen Juden ermordet und viel Leid über die Welt gebracht. Denke mal was die AfD so veranstaltet fällt in eine andere Kategorie“. Und direkt an Hendrik Wüst: „Warum also verharmlosen Sie den Holocaust? Im übrigen: Warum haben Sie noch keinen Verbotsantrag angestrengt? Das wäre bei einer Nazi Partei sofort erforderlich.“ Der Mutbürger kontert ebenfalls in Richtung Wüst: „Ihnen ist doch klar, daß Sie damit eine Verharmlosung der furchtbaren Kriegsverbrechen im 2. Weltkrieg betreiben.“

Der Vieltwitterer und Finanzexperte Prof. Stefan Homburg bemüht sich gegenüber dem NRW-Regierungschef um Sachlichkeit: „Ich sehe diese sprachlichen Entgleisungen mit Sorge. Frau Strack-Zimmermann (‚Scheißhaufen‘) und Sie haben sich auch hierbei dem rotgrünen Niveau angepasst. Nutzt nichts: Mit AfD und Werteunion gibt es jetzt zwei Alternativen zur Merkelunion.“

Sternennacht argumentiert mit zweierlei Maß: „Komischerweise gibt es diese sprachlichen Entgleisungen nur gegen Menschen, die nicht mit der Regierung einverstanden sind. Aus der C-Zeit kennen wir ja auch übelste Schimpfworte und die Bauern lernen auch diverse Wortneuschöpfungen kennen.“

Soul of a woman macht eine ganz andere historische Parallele auf:

Die Regierung denkt, dass sie uns mit AfD Verbot einschüchtern wird. Die Regierung denkt, dass sie unsere Meinung zensieren kann. Sie liegen falsch. 20 % der Bevölkerung hat sich nicht impfen lassen, trotz Ausgrenzung, Diffamierung und Verfolgung. Viele die sich aus Druck impfen lassen haben, sind aufgewacht und werden sich auch nichts mehr gefallen lassen. Noch paar Steuer mehr, noch mehr Belastung für das Volk und AfD wird die stärkste Partei sein. Wir sind das Volk!“

„Demokratie“ in Gefahr?

Der Politikwissenschaftler Timo Reinfrank sieht angesichts der AfD-Opposition die „Demokratie“ durchaus in Gefahr:

Die Debatte um ein #AfD – #Verbot sollte nicht zum Evergreen werden. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, muss das Verbot geprüft werden. Hier geht es nicht darum, sich der Konkurrenz zu entledigen, sondern sicherzustellen, dass die Demokratie in ihren Grundsätzen geschützt wird.“

Unterstützung bekommt er von @Xpolice4719801: „Ging mit anderen rechten Parteien auch in der Vergangenheit und das ziemlich fix selbst wenn ein afd verbot 4 jahre dauert irgendwann bald sollte man mal anfangen sonst haben wir die noch ewig an der Backe hängen!“

Lena Lena scheint unentschlossen: „Zum AfD-Verbot. Ich weiß nicht ob ich dafür bin. Zumindest müsste über 90% tige Sicherheit bestehen dass, das Verbot auch klappt. Ansonsten kann es gut sein das die AfD als demokratischer dasteht als davor.“ „Mit einer solchen Partei setzt man sich nicht auseinander. Man bekämpft sie“, meint dagegen der X-Nutzer @HelgeJaster.

Morlock Nr. 2 dreht den Spieß allerdings um: „Da ja auch CDU‘ler am #Geheimtreffen dabei waren, sollte es selbstverständlich sein, nun auch die CDU zu verbieten. Und wer mit denen koaliert, natürlich auch. Und falls die GEZ gezahlt haben, dann sollte man auch die GEZ abschaffen. Sicher ist sicher.“

Der Twitterer Max Stirner nimmt lieber die aktuellen Argumentationsmuster der Ampelparteien aufs Korn:

Wir müssen uns besser erklären, wir müssen klarer kommunizieren, wir müssen die Menschen dort abholen, wo sie uns verstehen, wir waren nicht transparent genug, es ist unsere Aufgabe uns deutlicher zu artikulieren, Scheiß drauf, AfD Verbot jetzt.“

Steinbach mit Spitze gegen Scholz

Dass auch der Kanzler der Ampelkoalition, Olaf Scholz (SPD), noch im Oktober 2023 ein „Spiegel“-Titelbild mit dem Zitat „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ füllte, war der früheren CDU- und heutigen AfD-Politikerin Erika Steinbach eine Spitze wert: „Hallo Herr #Bundeskanzler, bei solchen Aussagen müssen sie damit rechnen, als Nazi enttarnt zu werden. Herr #Haldenwang wird Sie jetzt wohl als gesichert rechtsextremistisch klassifizieren.“

Der AfD-Landesverband Thüringen wünscht seinem Vorwahlsieger im Saale-Orla-Kreis, Uwe Thrum (AfD), unterdessen alles Gute für die Stichwahl am 28. Januar und ergänzt selbstsicher:

Demonstriert ruhig gegen uns. Bespitzelt uns. Beleidigt uns weiter. Grenzt uns aus, verbietet unsere Meinungen. Fordert ein AfD Verbot. Wir revanchieren uns derweil ganz kühl an der Wahlurne. Die Stichwahl kann kommen!“

Staatsrechtler: AfD-Parteiprogramm „nicht rechtsextremistisch“

Im „ZDF heute“-Liveinterview hatte selbst der AfD-kritische Staatsrechtler Prof. Christian Waldhoff von der Berliner Humboldt-Universität vor zwei Tagen klargestellt, dass das AfD-Parteiprogramm „nicht rechtsextremistisch“ sei. Es enthalte nicht einmal jene Aussagen, die die „Correctiv“-Redaktion aufgedeckt habe, stattdessen aber „sogar in Passagen Bekenntnisse zum Grundgesetz“.

Waldhoff war nach Angaben des ZDF schon 2013 „im Auftrag des Bundesrates für ein NPD-Verbot vor das Bundesverfassungsgericht“ gezogen. 2017 aber war er damit gescheitert, obwohl das Vorhaben nach eigener Aussage „durch die Nachrichtendienste“ mit mehr als 3.000 Beweisstücken „sehr gut vorbereitet“ gewesen sei. „Das Parteiprogramm, das im NPD-Verfahren ganz wichtig war für die Zurechnung dessen, was die Partei macht, das hätte man bei der AfD nicht“, erklärte Waldhoff, „eine seriöse Abschätzung könnte man nur machen, wenn man Material hätte“.

Allein die „Correctiv“-Recherche über das Potsdam-Treffen genüge nicht, zumal es keine AfD-Parteiveranstaltung gewesen sei. „Ein Schnellschuss, mit dem man jetzt irgendwie politischen Konkurrenten vielleicht aus den Landtagswahlen im Herbst heraushalten könnte“ wäre ein Verbotsverfahren „ganz sicher nicht“.

AfD könnte „Gütesiegel aus Karlsruhe“ erhalten

Sollte man die AfD trotzdem damit überziehen und sich am Ende herausstellen, dass die Gesamtpartei „doch nicht so schlimm“ sei, käme dies einer „Art Gütesiegel aus Karlsruhe“ gleich: „Das wäre natürlich fatal“. Sicher sei derzeit einzig, dass die AfD nicht „zu unbedeutend ist, um verboten werden zu können“ (Video auf „YouTube“).

Zu einem ähnlichen Fazit waren nach Angaben der „Jungen Freiheit“ der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Prof. Hans-Jürgen Papier, der Staatsrechtler Rupert Scholz (CDU) und der emeritierte Staatsrechtler Prof. Dietrich Murswiek gelangt. Laut Murswiek ändert daran auch die Tatsache nichts, dass die AfD-Landesverbände von den Landesverfassungsschützern in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft worden seien.

 



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