Fakten statt Ideologie: Deutsches Unternehmen kämpft für Verbrennungsmotor

Das erste deutsche Unternehmen plant, vor Gericht gegen das EU-Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 vorzugehen. Damit entbrennt ein Rechtsstreit um die Zukunft der Verbrennungsmotoren in Europa.
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Die Lühmann-Gruppe klagt gegen das EU-Verbot von Verbrennungsmotoren. (Symbolbild)Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
Von 23. September 2023

Im März hat das EU-Parlament endgültig das Aus für den Verbrennermotor besiegelt. Ab 2035 sollen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die keine Treibhausgase ausstoßen.

Die Entscheidung war nicht unumstritten. So stimmten zum Beispiel die Europaabgeordneten aus der CDU und der CSU in der EVP-Fraktion gegen das Verbrenner-Aus. Auch die FDP-Abgeordneten in der liberalen Europafraktion stimmten gegen ein Aus des Verbrennermotors ebenso wie die Abgeordneten der AfD. Die Parlamentsmehrheit entschied sich am Ende dafür, dem Verbrennermotor bis 2035 den Hahn zuzudrehen. Das letzte Wort wird nun voraussichtlich ein Gericht sprechen.

EU-Verordnung in Teilen kippen

Erstmals möchte nun ein deutsches Unternehmen gegen das Aus des Verbrennungsmotors klagen. Das berichtet die „Welt am Sonntag“.

Bei dem Unternehmen handelt es sich um die Lühmann-Gruppe, die im Handel mit synthetischen Kraftstoffen tätig ist. Ziel der angekündigten Klage soll es sein, Teile der EU-Verordnung zu kippen, wonach bis 2035 die neu zugelassenen Pkw emissionsfrei sein müssen.

Der Chef der Lühmann-Gruppe, Lorenz Kiene, sagte der „Welt“, es klinge „schön, nur noch emissionsfreie Autos zuzulassen“. Der Plan der EU sei aber „von Ideologie getrieben, nicht von Fakten“. Problematisch am Verbrennerverbot erachtet die Lühmann-Gruppe insbesondere, dass die EU nur solche Autos als emissionsfrei betrachtet, die keine Abgase ausstoßen. Es ergebe aber „keinen Sinn, Emissionen nur am Auspuff zu messen“, sagte Unternehmenschef Kiene. Man solle stattdessen den CO₂-Ausstoß „über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs hinweg erfassen“.

Die Lühmann-Gruppe möchte mit ihrem Gang vor das Gericht erreichen, dass Verbrenner, die ausschließlich klimafreundlichen Sprit tanken, wie beispielsweise sogenannte E-Fuels, weiterhin erlaubt bleiben. Diese Kraftstoffe sollen zudem auf die Flottengrenzwerte angerechnet werden können, die Pkw-Hersteller in Europa erfüllen müssen. Nur dann, sagt Kiene, würden Unternehmen solche Fahrzeuge auch bauen.

E-Fuels sollen Weiterbetrieb nach 2035 ermöglichen

Verbrennungsmotoren, die mit E-Fuels betrieben werden, sind eigentlich nicht emissionsfrei. Weil für die Herstellung des Kraftstoffs das nötige CO₂ jedoch etwa aus Industrieanlagen oder aus der Luft entnommen wird, gelten sie in der Bilanz als klimaneutral, wenn der zur Produktion verwendete Strom wiederum mit erneuerbaren Energien hergestellt wurde.

Auf Initiative von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) setzte Deutschland damals diese Ausnahme durch, damit Autos mit Verbrennungsmotor theoretisch auch über 2035 hinaus mit E-Fuels weiterbetrieben werden können.

Zurzeit arbeitet die EU-Kommission an der Umsetzung dieses Kompromisses. Details sind im Moment noch nicht bekannt, werden aber mit Spannung erwartet. Am Freitag berichtet die Nachrichtenagentur „Reuters“  über einen ersten Gesetzentwurf, der der Agentur offenbar vorliegt. Demnach sollen die Motoren tatsächlich nur mit völlig CO₂-neutralen E-Fuels betankt werden können. Das sei durch Geräte zur Überwachung der chemischen Eigenschaften des Kraftstoffs machbar. Der Vorschlag soll im Lauf des Jahres veröffentlicht werden.

Vorschlag herber Rückschlag für Verkehrsminister Wissing

Für Verkehrsminister Wissing wäre so eine Regelung ein herber Rückschlag. Es ginge dann also nicht nur darum, dass die E-Fuels nur genauso viel CO₂ freisetzen, wie vorher bei ihrer Herstellung der Luft entzogen wird, es muss zudem auch die gesamte Lieferkette von der Herstellung des E-Fuels über den Transport bis zum Verbrauch CO₂-neutral sein. Zudem müssen die Hersteller sicherstellen, dass die Autos nicht mit anderen Kraftstoffen gestartet werden können.

Kritik kommt umgehend vom Interessenverband eFuel Alliance. Für Geschäftsführer Ralf Diemer ist der nun durchgesickerte Entwurf der Kommission eine Abkehr vom ursprünglich geschlossenen Kompromiss. „Mit diesem Vorschlag rückt die Kommission von ihrem Versprechen ab, die Nutzung und damit die Zulassung von mit klimaneutralen, CO₂-freien Kraftstoffen betriebenen neuen Verbrennungsfahrzeugen ab 2035 zu ermöglichen“, sagt Diemer.

Der vorliegende Vorschlag sei so „restriktiv, dass er praktisch nicht umgesetzt werden kann“. Damit bleibe es beim Verbot des Verbrennungsmotors im Jahr 2035, kritisiert Diemer. Dem Interessensverband gehören neben E-Fuel-Herstellern auch Unternehmen der Auto- und Mineralölindustrie an. „Solange der Transport und die Verteilung nicht ebenfalls mittels erneuerbarer Energien gesichert sind, kann keine vollständige Emissionsreduktion erreicht werden“, erklärt Verbandschef Ralf Diemer.

Klimaschützer kritisieren Kompromiss

Klimaschützer hingegen sehen synthetische Kraftstoffe insgesamt skeptisch. Daher stehen sie dem Kompromiss auch eher ablehnend gegenüber. Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung macht die Position dieser Gruppe gegenüber der „Welt am Sonntag“ deutlich.

Mit E-Fuels betriebene Autos könnten „zwar genauso niedrige Emissionen haben wie Elektroautos“, sagt er, das Narrativ von E-Fuels im Straßenverkehr drohe dem Klimaschutz trotzdem zu schaden. Die Erzählung sei „unrealistisch“ und verzögere die notwendige Transformation hin zu Elektroautos, so Ueckerdt. Die Kraftstoffe würden anderswo gebraucht, etwa für Flugzeuge und Schiffe, die man kaum mit Strom betreiben könne.



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