Minus 10 Prozent – Deutscher Maschinenbau mit katastrophalem Absturz

Deutschlands Industrie strauchelt deutlich. Laut dem Branchenverband Maschinenbau trug besonders die stark gesunkene Nachfrage aus dem Ausland zu dieser alarmierenden Entwicklung bei. Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland lässt nach.
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In der exportorientierten deutschen Schlüsselindustrie Maschinenbau läuft es nicht mehr so rund.Foto: iStock
Von 6. Juli 2023

Die Daten für die deutsche Industrie sind schon länger alarmierend schlecht. Im April verkündete der Maschinenbau einen Rückgang der Auftragseingänge für das gesamte Verarbeitende Gewerbe von 9,9 Prozent im Jahresvergleich.

Am Montag, dem 3. Juli, verkündete der Verband der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), dass die Aufträge im Maschinenbau noch weiter eingebrochen sind. Wie „Finanzmarktwelt“ berichtet, sank die Nachfrage für den deutschen Maschinenbau aus dem Ausland laut VDMA im Mai um 18 Prozent im Jahresvergleich. Hingegen konnten die Inlandsaufträge um neun Prozent zulegen. Im Schnitt lag die Entwicklung somit bei Minus zehn Prozent.

Auftragseingang im Maschinenbau im Mai, Veränderung zum Vorjahreszeitraum. Foto: mf/Epoch Times, Daten: VDMA

Dr. Ralph Wiechers, VDMA-Chefvolkswirt, erklärte dazu über Twitter, dass gerade das Großanlagengeschäft für das noch stabile Ergebnis im Inland gesorgt hätte. Ohne dieses wäre es auch im Inland ebenfalls zu einem hohen Auftragsrückgang gekommen. Dennoch ist in Summe ein Minus zu verzeichnen.

Aus dem Euro-Raum registrierte der deutsche Maschinenbau gar ein Minus von 36 Prozent bei den Aufträgen; in den Nicht-Euro-Ländern waren es neun Prozent weniger.

Auftragsabbau bringt düstere Aussichten

Der Maschinenbau hatte im April noch einen Auftragsbestand von 11,4 Monaten, was laut Wiechers als „ungewöhnlich hoch“ gilt. Allerdings fand der Verband durch eine Umfrage heraus, dass bereits 57 Prozent der Unternehmen inzwischen Aufträge abgebaut haben. Nur 20 Prozent konnten ihr Auftragsvolumen erhöhen. Daher müsse man im zweiten Halbjahr mit einem Minus bei Umsatz und Produktion rechnen.

Die negativen Entwicklungen im Anlagen- und Maschinenbau drücken die Stimmung in der gesamten deutschen Wirtschaft. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist laut „VDI-Nachrichten“ im Juni auf 88,5 Punkte gefallen, nach 91,5 Punkten im Mai. Die Erwartungen fielen deutlich pessimistischer aus. Eine schwächelnde Industrie bringt die deutsche Konjunktur in schwieriges Fahrwasser.

Standortattraktivität Deutschlands gesunken

Aus der Sicht vieler Maschinenbauer ist die Attraktivität des Standortes Deutschland bereits deutlich gesunken. Drei von vier Unternehmen (77 Prozent) sind dieser Auffassung, wie aus veröffentlichten Umfrageergebnissen des VDMA hervorgeht.

Die Gründe sind vielseitig: Hohe Steuern, schleppende Digitalisierung und Bürokratie lassen Deutschland zurückfallen. Ebenso sorgen die im internationalen Vergleich hohen Energiepreise eher für unternehmerische Abwanderung als für Zuwanderung.

Eine ähnliche Entwicklung (75 Prozent) schreiben die Firmen nur noch Großbritannien zu. Allerdings hat auch China an Attraktivität verloren, hier ist mehr als jedes zweite Unternehmen (55 Prozent) dieser Ansicht.

Nur 20 Prozent der Unternehmen bewerten der Umfrage zufolge die aktuellen Rahmenbedingungen in Deutschland als gut oder sehr gut. Ein deutlich besseres Zeugnis stellen sie beispielsweise den USA aus – 74 Prozent bezeichneten die Bedingungen als gut oder sehr gut.

„Die amerikanische Regierung hat mit dem Inflation Reduction Act ein Programm auf den Weg gebracht, von dem die Industrie in den nächsten Jahren stark profitieren wird“, erläuterte VDMA-Präsident Karl Haeusgen. Das Programm sieht milliardenschwere Investitionen in den Klimaschutz vor, knüpft viele Subventionen und Steuergutschriften aber daran, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren.

Europa bleibt wichtigster Markt für Maschinenbau

„In Deutschland vermisse ich diese Aufbruchsstimmung“, sagte Haeusgen. Zu oft werde auf neue Regulierungen gesetzt, statt auf die Innovationskraft des Markts und der mittelständischen Unternehmen zu vertrauen. „Selbst beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz traut sich die Bundesregierung nicht, wirklich mutige Weichenstellungen vorzunehmen“, sagte Haeusgen. An der Umfrage beteiligten sich 667 VDMA-Mitgliedsfirmen vom 20. bis 23. Juni.

Der Befragung zufolge ist und bleibt Europa der wichtigste Markt für den Maschinen- und Anlagenbau. In den kommenden fünf Jahren planen rund ein Drittel der Unternehmen (34 Prozent) dort den Aufbau neuer Produktionskapazitäten. Mehr Investitionen als bisher könnten allerdings nach Übersee gehen.

Etwa jedes fünfte Unternehmen setzt demnach auf Produktionsneugründungen oder -erweiterungen in den USA, jedes sechste in Indien. Eine entscheidende Rolle spielen dabei den Angaben zufolge besonders Marktgröße, Marktwachstum, Nähe zum Kunden sowie Kostenvorteile.

(Mit Material der Agenturen)



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