Streit um hohe Zinsen: Herbe Schlappe für Bausparkasse vor Gericht

Im Streit um hoch verzinste Sparverträge hat erstmals eine Bausparkasse eine höherinstanzliche Niederlage hinnehmen müssen. Die Kündigung eines mit drei Prozent verzinsten Vertrags aus dem Jahr 1978 durch die Bausparkasse Wüstenrot sei nicht rechtens gewesen, entschied das Oberlandesgericht Stuttgart. Zuvor hatten andere OLG in Koblenz, Celle, Hamm und München den Kassen rechtgegeben. In der Niedrigzinsphase sind relativ hohe Guthabenzinsen den Bausparkassen ein Dorn im Auge. Mehr als 200 000 Sparern wurde seit 2015 gekündigt, einige von ihnen zogen vor Gericht.
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Seit vergangenem Jahr sind deutsche Gerichte mit einer Klagewelle gegen die Kündigung von Bausparverträgen beschäftigt.Foto: Uli Deck/Symbolbild/dpa
Epoch Times30. März 2016
Erstmals hat eine Bausparkasse im Streit um gut verzinste Sparverträge eine höherinstanzliche Niederlage hinnehmen müssen.

Die Kündigung eines mit drei Prozent verzinsten Vertrags durch die Bausparkasse Wüstenrot aus dem Jahr 1978 sei unberechtigt gewesen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart am Mittwoch (Aktenzeichen 9 U 171/15).

Das Urteil in dem Berufungsverfahren war insofern eine Überraschung, als Wüstenrot in erster Instanz rechtbekommen hatte. Zudem hatten andere OLG – etwa in Koblenz, Celle, Hamm und München – zugunsten der Bausparkassen entschieden. Diese Gerichte hatten nur schriftliche Beschlüsse gefasst, da ein mündliches Verfahren aus ihrer Sicht keine Aussicht auf Erfolg hatte. Das OLG Stuttgart fuhr nun eine ganz andere Linie.

Seit vergangenem Jahr sind deutsche Gerichte mit einer Klagewelle gegen die Kündigung von Bausparverträgen beschäftigt, von den etwa 200 Urteilen an Amts- und Landgerichten gingen nach Angaben des Verbands der Privaten Bausparkassen etwa 90 Prozent zu Gunsten der Geldinstitute aus. Die Vergleiche, in denen die Bausparkassen den Kunden weit entgegenkommen, sind hierin aber nicht inbegriffen.

Der strittige Bausparvertrag war seit 1993 zuteilungsreif, die Sparerin hätte also ein Darlehen in Anspruch nehmen können, was sie nicht tat. Knackpunkt in dem Streit ist eine Art Sonderkündigungsrecht (Paragraf 489 im Bürgerlichen Gesetzbuch), bei dem ein Darlehensnehmer zehn Jahre nach Empfang der vollständigen Leistung einen Vertrag kündigen kann.

In der Sparphase eines Bausparvertrags sehen sich die Finanzinstitute als Darlehensnehmer, die Geld vom Kunden bekommen. In dem strittigen Fall ging es um eine Bausparsumme von 40 000 D-Mark (etwa 20 500 Euro), von denen die Sparerin 15 000 Euro als Guthaben einzahlte, dann aber mit den Einzahlungen aufhörte.

Der Richter bemängelte, dass die Kasse der Sparerin nicht längst gekündigt habe, als die Einzahlungen aufgehört hatten. Dadurch habe es das Geldinstitut zugelassen, dass der Vertrag ruhe. Da es das getan habe, könne sich die Bausparkasse nicht später auf ein gesetzliches Kündigungsrecht berufen, so der Richter.

Ein Sprecher der Privaten Bausparkassen sagte, man halte an der Auffassung fest, dass die Kündigungen grundsätzlich rechtmäßig seien. Ein Wüstenrot-Vertreter sagte, man werde das Urteil prüfen. Ob das Finanzinstitut in Revision geht, wollte er nicht sagen. Geschieht dies, müsste der Bundesgerichtshof ein Machtwort sprechen.

Der Anwalt der Klägerin, Filippo Siciliano, bezeichnete das Urteil als absolut richtig. Er ging von einer BGH-Revision aus. „Es bleibt spannend“, sagte Siciliano. „Das letzte Wort hat wohl der BGH.“

(dpa)

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