Shell verkauft Privatkundengeschäft und warnt vor überstürzter Energiewende

Der Energiekonzern Shell hat sein Privatkundengeschäft in Deutschland und Großbritannien an Octopus Energy verkauft. Den Schritt hatte der Konzern bereits im Frühjahr angekündigt. Zuletzt hatte der Bereich deutliche Verluste zu verzeichnen.
Das Shell-Logo steht an einer Tankstelle.
Das Shell-Logo an einer Tankstelle.Foto: Kirsty Wigglesworth/AP/dpa
Von 5. September 2023

Am Freitag, 1. September, hat der Shell-Konzern den Verkauf seines Geschäftsbereichs Haushaltsenergie an die Octopus Energy Group bestätigt. Dies berichtete „Bloomberg“ neben anderen Medien unter Berufung auf Angaben der 100-prozentigen Tochter Impello Limited. Die Vereinbarung gilt für Großbritannien und Deutschland. Der Verkauf soll – vorbehaltlich der noch ausstehenden aufsichtsbehördlichen Genehmigung – im Laufe des vierten Quartals des Jahres abgeschlossen sein.

Über die Details der Vereinbarung haben beide Parteien noch Stillschweigen vereinbart. Quellen äußerten jedoch gegenüber der Agentur „Reuters“, dass der Wert von Shell Energy zwischen 50 und 100 Millionen US-Dollar zu beziffern sei.

Das Privatkundengeschäft von Shell Energy umfasst auch eine halbe Million Breitbandabonnements in Großbritannien. Beide Konzerne haben zudem eine Absichtserklärung unterzeichnet, auch über eine künftige Zusammenarbeit beim Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur für E-Autos zu verhandeln.

Schwieriges Marktumfeld ließ Shell an Gewinnchancen zweifeln

Shell hatte bereits im Frühjahr einen solchen Schritt angekündigt. Interesse an einem Erwerb der Sparte hatten damals neben Octopus noch Ovo und British Gas signalisiert. Shell Energy, das derzeit 1,5 Millionen Privatkunden unter Vertrag hat, war 2019 mit dem Erwerb von First Utility entstanden.

Auf die Ankündigung während des Kapitalmarkttages des Konzerns im Juni nahm auch der stellvertretende Vorstandschef von Shell Energy, Steve Hill, Bezug. Er erklärte dazu:

Um Leistung, Disziplin und Vereinfachung voranzutreiben, setzen wir Prioritäten bei den Ländern, Projekten und Marktwegen, in denen wir den größten Wert schaffen können.“

Die Verkaufsabsicht begründete man bei Shell mit dem schwieriger gewordenen Marktumfeld in Europa. Neben den Unsicherheiten einer politisch forcierten Energiewende sorgten ein schnelllebiger und wettbewerbsintensiver Markt für geringere Gewinnmargen im Privatkundensegment.

Vorstandschef: Energiesystem nicht mit der Brechstange demontieren

In den Jahren 2020 und 2021 hatte Shell Energy Verluste in Höhe von umgerechnet 257,2 Millionen Euro eingefahren. Octopus ist ein Energie-Einzelhandelsunternehmen, das Energielösungen für Privatkunden anbietet und in 15 Ländern tätig ist. Es ist noch offen, ob Octopus die Festnetz-Breitbandabonnements behalten wird. Bezüglich dieser soll sich der Erwerber eine Weiterveräußerung vorbehalten. Ein Verkauf der Shell-Energy-Privatkundensparte ist auch für die Niederlande geplant.

Der Shell-Konzern will sich strategisch auf politisch vorgegebene Energiewende-Ziele ausrichten. Dennoch hält man es für unumgänglich, weiterhin in Öl und Gas zu investieren. Vorstandschef Wael Sawan warnte im Juni vor einer Transformation mit der Brechstange.

Es sei entscheidend, das derzeitige Energiesystem nicht „schneller zu demontieren, als wir in der Lage sind, das saubere Energiesystem der Zukunft aufzubauen“. Sawan unterstrich dabei:

Öl und Gas werden noch lange Zeit eine entscheidende Rolle im Energiesystem spielen, und die Nachfrage wird im Laufe der Zeit nur allmählich zurückgehen.“

Shell setzt auf EU-Vorgaben zum Ausbau von Ladestationen

Was die mögliche Kooperation im Bereich der Ladesäulen-Infrastruktur anbelangt, rechnet man bei Shell und Octopus Energy offenbar mit einem großen, noch unerschlossenen Gewinnpotenzial. Immerhin hat die EU eine Verordnung geschaffen, die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, diese deutlich auszubauen.

So soll es ein dichteres Netz an Ladesäulen für E-Autos und E-Lkw geben, zudem soll das Tankstellennetz für Wasserstofffahrzeuge wachsen. Bis Ende 2025 soll es entlang von Hauptstraßen mindestens alle 60 Kilometer eine Ladestation geben.

Derzeit hinkt der Ausbau der Ladeinfrastruktur in der EU dem anvisierten Ziel noch deutlich hinterher. Experten wie Energiewende-Vordenker Georg Brasseur von der Universität Graz halten eine flächendeckende Versorgung für nicht machbar. Es gebe nicht ausreichend grünen Strom, um etwa in Deutschland eine Million Ladestationen zu betreiben. Ein unkontrollierter Zugang zu allen geplanten Ladestationen würde „das Netz zusammenbrechen“ lassen, äußerte Brasseur im Vorjahr gegenüber dem „Standard“.



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