DENOMINATION – auf dem Weg zur Namenlosigkeit

Von 15. Juli 2013

Die Etymosophie-Kolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.

Wir sind gewohnt, allem einen Namen zu geben (lat.: nomen, engl.: name, frz.: nom). „Nomen est omen“ (der Name ist ein bedeutungsvolles Zeichen). Unter dem Wort „Denomination“ verstehen wir landläufig „Bezeichnung“, obwohl es die Entfernung des Namens bedeutet – „no name“. Bei unserer Geburt sind wir zunächst namenlos, unser Urwesen benötigt kein besonderes Kennzeichen. Aus diesem Grund heißt es bereits im 1. Kapitel des „Tao Te King“: „Das Namenlose ist der Anfang von Himmel und Erde…“ Um uns mit anderen zu verständigen, haben wir für alles Worte und Begriffe in unzähligen Sprachen gefunden und sind damit nicht glücklicher geworden. In dem pazifischen Inselstaat Papua Neuguinea (nur 6, 7 Millionen Einwohner) werden mit Abstand die meisten Sprachen der Welt gesprochen: fast 850 verschiedene lebendige Dialekte – nahezu unvorstellbar. Für jede Erscheinung unterschiedliche Begriffe und Interpretationen – der Turmbau zu Babel im 21. Jahrhundert.

Unsere Urquelle im Innersten ist namenlos. Anhand von einigen wenigen Beispielen aus dem Bereich der Geographie soll uns bewusst werden, wie inhaltsvoll manche Namen sein können. China (Zhongguo) bedeutet „Reich der Mitte“; Deutschland kommt von althochdeutsch „Diota“ = Volk. Ägypten (griechisch: aigyptos = schwarz) – der griechische Dichter Herodot sprach als Erster vom schwarzen Schlamm des Nils; das englische Wort für Zigeuner (gypsy) leitet sich von Ägypten her, weil man der Ansicht war, die Zigeuner stammten aus Ägypten. Argentinien, das Land des Silbers (lat.: argentum = Silber). Israel bedeutet im Hebräischen: „Gott streitet“. Japan (Nippon) ist das „Land der aufgehenden Sonne“. Mongolei hat mit dem Wort „mengu“ (= tapfer) zu tun, Palästina mit dem antiken Volk der Philister. Peru geht auf das Quechua-Wort „biru“ (= Wasser) zurück. Russland wird in Zusammenhang gebracht mit dem schwedischen Wort „Rus“ für Wikinger. Spanien war für die Phönizier „I-Shephanim“, das Land der Klippenschleifer.

Die Überfülle an Bezeichnungen macht nicht das Leben, den eigentlich namenlosen Weg auf der Erde aus. Nicht von ungefähr liegen die lateinischen Bezeichnungen für Leben und Weg so eng beieinander: „vita“ und „via“.

Im 41. Kapitel des „Tao Te King“ von Lao Tse lesen wir:
„Wenn der gute Schüler vom Weg hört, befolgt er ihn fleißig.
Wenn der durchschnittliche Schüler vom Weg hört, beschäftigt er sich hin und wieder damit.
Wenn der dumme Schüler vom Weg hört, lacht er aus vollem Hals.
Wenn niemand darüber lachen würde, wäre der Weg nicht das, was er ist.
Daraus ergibt sich Folgendes:
Der helle Weg erscheint dunkel.
Sich vorwärts bewegen erscheint wie rückwärts gehen.
Der einfache Weg erscheint schwer.
Die höchste Tugend ist wie das Tal.
Die höchste Reinheit erscheint besudelt.
Reich an Tugend zu sein erscheint unvollständig.
Die Kraft der Tugend erscheint leicht zerbrechlich.
Wirkliche Tugend erscheint unwirklich.
Das perfekte Quadrat hat keine Ecken.
Große Talente kommen spät zur Reife.
Die höchsten Töne sind schwer zu hören.
Die schönste Form ist ohne Gestalt.
Der Weg verbirgt sich in Namenlosigkeit.
Doch nur der Weg ernährt alle Wesen
und bringt sie zur Vollendung.“

 

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Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag

Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers

Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag von Roland R. Ropers

Roland Ropers erreichen Sie mit: [email protected]



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