Schluss mit Seltenen Erden: Forscher entwickeln sichere und rentable Flussbatterie

Stromspeicher bestimmen, ob die Energiewende funktionieren kann. Ein neues Konzept bietet einen möglichen Weg zu einer sogenannten Flussbatterie, die sicher, wirtschaftlich und wasserbasiert ist. Ihr größer Vorteil liegt jedoch in den verwendeten und in der Erde reichlich vorhandenen Materialien.
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Wegen ihrer Umweltfreundlichkeit und den günstigen Rohstoffbedingungen könnten eisenbasierte Flussbatterien künftig die etablierten Lithium-Ionen-Batterien ersetzen.Foto: iStock
Von 1. April 2024

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US-amerikanische Forscher des Pacific Northwest National Laboratory (kurz PNNL) haben eine alltägliche Chemikalie aus der Abwasserindustrie völlig neu verwendet, indem sie eine sogenannte Flussbatterie entwickelten. Dank des Einsatzes der Chemikalie ist die neue Batterie nicht nur sicher, sondern auch wirtschaftlich rentabel, weil sie aus Materialien besteht, die in der Erde reichlich vorhanden sind.

Diese Entwicklung könnte somit das Rohstoffproblem der etablierten Lithium-Ionen-Batterien lösen, die teure Seltene Erden verwenden. Außerdem lasse sich dank der reichlich vorkommenden Materialien die Anzahl der Energiespeicher deutlich erhöhen.

Tausendmal Laden ohne Verlust

Laut den Entwicklern der Batterie besitzt die Speichereinheit auf Eisenbasis bemerkenswert wenig Verschleiß beim Laden und Entladen. So wies sie nach über eintausend aufeinanderfolgenden Ladezyklen noch immer eine Speicherkapazität von 98,7 Prozent auf – ein neuer Rekord für derartige Batterien. Zum Vergleich: Je nach Qualität, Verwendung und Chemie halten Lithium-Ionen-Batterien 500 bis 1.000 Ladezyklen lang, bis sie eine Speicherkapazität von noch 80 Prozent aufweisen.

Flussbatterien auf Eisenbasis, die für die Energiespeicherung in großem Maßstab konzipiert sind, gibt es seit den 1980er-Jahren. Einige von ihnen sind inzwischen im Handel erhältlich. Das Besondere an der neuen Erfindung ist, dass sie Energie in einer einzigartigen flüssigen chemischen Batterie speichert, die geladenes Eisen mit flüssigen Elektrolyten auf Phosphatbasis mit neutralem pH-Wert kombiniert.

Neu entwickelte Flussbatterie

Nach über 1.000 Ladezyklen soll die neu entwickelte Flussbatterie noch immer eine Speicherkapazität von 98,7 Prozent haben. Foto: Andrea Starr | Pacific Northwest National Laboratory

Möglich machte dies die Chemikalie „Nitrilo-tri-(methylphosphonsäure)“ (kurz NTMPA), die in reichlichen Mengen erhältlich ist, weil sie als Korrosionsschutz in Wasseraufbereitungsanlagen verwendet wird. Phosphonate, einschließlich NTMPA, sind eine große chemische Familie und lassen sich gut in Wasser lösen. Sie gelten als ungiftige Chemikalien und werden unter anderem in Dünge- und Reinigungsmitteln verwendet.

„Wir waren auf der Suche nach einem Elektrolyt, das geladenes Eisen in einem flüssigen Komplex bei Raumtemperatur und milden Betriebsbedingungen mit neutralem pH-Wert binden und speichern kann“, erklärt Guosheng Li, Hauptautor und leitender Wissenschaftler am PNNL. „Wir sind motiviert, Batteriematerialien zu entwickeln, die auf der Erde reichlich vorhanden sind und aus einheimischen Quellen stammen können.“

Was ist eine Flussbatterie?

Flussbatterien bestehen im Wesentlichen aus zwei Kammern, die jeweils mit einer anderen Flüssigkeit gefüllt sind. Beide fließen – daher der Name – in von ihren Kammern in einen Ionentauscher, in dem das eigentliche Laden und Entladen erfolgt. Die elektrochemischen Reaktionen beim Laden sorgen dafür, dass die Flüssigkeiten Energie in chemischen Bindungen speichern. Wenn sie an einen externen Stromkreis angeschlossen werden, geben sie diese Energie ab, die dann elektrische Geräte antreiben kann.

Im Gegensatz zu anderen konventionellen Batterien sind Flussbatterien in ihrer Größe praktisch unbeschränkt. Die ständig zirkulierenden Elektrolyte dienen als „Blutversorgung“ des Batteriesystems. Je größer die Tanks sind, desto mehr Energie kann die Flussbatterie speichern.

Aufbau und Funktionsweise der Flussbatterie

Aufbau und Funktionsweise der eisenbasierten Flussbatterie. Foto: Sara Levine | Pacific Northwest National Laboratory

Aufgrund ihrer Funktionsweise sind stationäre Einsatzorte – etwa als Notstromaggregate für das Stromnetz – am besten für diese Art Batterien geeignet. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie in jedem Maßstab gebaut werden können: vom Labormaßstab bis hin zur Größe eines Hochhauses – solange Platz und Rohstoffe vorhanden sind.

Reichlich Vorhandenes üppig nutzen

Wegen des zunehmenden Fokus auf erneuerbare Energien und der Digitalisierung wollen Netzbetreiber in Zukunft immer mehr Batteriespeichersysteme (BESS) in (vor-)städtische Gebiete nahe der Verbraucher aufstellen. Da bisherige Alternativen mit hohen Sicherheitsrisiken verbunden waren, scheiterten diese Vorhaben häufig. Der neu entwickelte Batterietyp soll dem entgegenwirken.

„Eine BESS-Anlage, die eine ähnliche Chemie verwendet, wie wir sie hier entwickelt haben, hätte den Vorteil, dass sie in Wasser mit neutralem pH-Wert betrieben werden könnte“, sagte Aaron Hollas, Mitautor der Studie.

Laut den Forschern besitzt ihre erste entwickelte Batterie eine Energiedichte von bis zu neun Wattstunden pro Liter (Wh/L) – das reicht, um etwa eine Tasse Tee zu kochen. Im Vergleich dazu haben Energiespeicher mit Seltenen Erden mit 25 Wh/L eine mehr als doppelt so hohe Energiedichte, sind aber zwingend auf jene seltenen Rohstoffe angewiesen.

Die Studie erschien am 25. März 2024 im Fachjournal „Nature Communications“.



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