Kriminalität in Berlin: Mehr Attacken auf Frauen und der aktuelle Hotspot-Bericht

Wie gefährlich ist es derzeit für Frauen im nächtlichen Berlin und welche sind die aktuellen Hotspots der Kriminalität in der Bundeshauptstadt?
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Wolken hängen am Abend über der Berliner-City mit dem Fernsehturm, aufgenommen von der Panorama-Terrasse des Park Inn Hotel.Foto: Paul Zinken/dpa/dpa
Von 30. Mai 2023

Nach der Wahlwiederholung im Februar ist eine Große Koalition ins Berliner Rathaus eingezogen. Mit der beständig wachsenden Kriminalität hat die neue Landesregierung ein schweres Erbe aus rot-rot-grünen Zeiten übernehmen müssen. Die Lage ist ernst und Berlin hat zahlreiche kbOs – kriminalitätsbelastete Orte.

Gefährliche Berliner Nacht

Aktuell berichten Medien von einem rasanten Anstieg von Übergriffen auf Frauen im nächtlichen Berlin. Waren es 2019 noch 3.096 attackierte Frauen, stieg deren Anteil 2022 auf 4.210. Von Drohungen und Nötigungen wird berichtet, von Körperverletzung, Raubüberfall und Sexualdelikten. Der besonders gefährliche und untersuchte Zeitraum: vom frühen Abend, 19 Uhr, bis zum frühen Morgen, 6 Uhr. Ort des Geschehens sind öffentliche Plätze, Straßen und Parks. Die Hitliste führen 2.195 Körperverletzungen.

Dem Bericht zufolge ist es für Frauen am gefährlichsten im bevölkerungsreichen Bezirk Mitte (846 Fälle) unter Bürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) und im für sein kunterbuntes Nachtleben bekannten Friedrichshain-Kreuzberg (635 Fälle) unter Bürgermeisterin Clara Hermann (Grüne). Die beiden zentralen und aneinandergrenzenden Bezirke sind die flächenmäßig kleinsten in Berlin, aber die größten, wenn es um die Bevölkerungsdichte geht.

Statistisch am relativ sichersten ist es hingegen im gutbürgerlichen südwestlichen Außenbezirk Steglitz-Zehlendorf (156 Fälle) unter Bürgermeisterin Maren Schellenberg (Grüne). Die Zahlen stammen nach Angaben der „Berliner Morgenpost“  aus einer Antwort des Berliner Senats für Inneres und Sport auf eine Kleine Anfrage der AfD.

Aktuell sieben kriminalitätsbelastete Orte

Doch auch ganz allgemein hat Berlin Probleme mit der Kriminalität. Nicht umsonst gibt es sieben kriminalitätsbelastete Orte (kbO), wie die Polizei es nennt. Dabei handelt es sich um eine Definition nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) für Berlin und beinhaltet „Straftaten von erheblicher Bedeutung“.

Was genau dazu zählt, erklärt die Polizei: „Zum Beispiel Raubtaten, Brandstiftungen, gefährliche Körperverletzungen, gewerbs- oder bandenmäßiger Taschendiebstahl oder Rauschgifthandel“ – häufig auch in Gruppen und organisiert begangen. Straftaten also, die „ganz erhebliche Auswirkungen auf das Leben von vielen Menschen haben können“.

Die Polizei erklärt, dass sich die Grenzen der kbOs nach der aktuellen Kriminalitätslage richten. Ein kbO werde kleiner, wenn die Kriminalität zurückgehe und sich die Sicherheitslage nachhaltig verbessere. „So wurden in den vergangenen Jahren mehr als zehn kbO aufgehoben, weil eine aktuelle Bewertung mit strengem Maßstab zu der Einschätzung geführt hatte, dass diese Orte den rechtlichen Anspruch an einen kbO nicht mehr erfüllten.“ Eine Aufhebung bedeute jedoch nicht das Ende von polizeilichen Maßnahmen an diesem Ort.

Am 9. Mai informierte der Innensenat von Berlin das Abgeordnetenhaus in der Drucksache 19/0979 über die Bestimmung der aktuell sieben kriminalitätsbelasteten Orte für das Jahr 2022 nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG Bln). Diese sind:

  • Alexanderplatz (Mitte)
  • Görlitzer Park/Wrangelkiez (Friedrichshain-Kreuzberg)
  • Kottbusser Tor (Friedrichshain-Kreuzberg)
  • Hermannplatz/Donaukiez (Neukölln)
  • Hermannstraße/Bahnhof Neukölln (Neukölln)
  • Rigaer Straße (Friedrichshain-Kreuzberg)
  • Warschauer Brücke (Friedrichshain-Kreuzberg)

Kämpfende Gruppen am Alexanderplatz

In den Begründungen, die zur Benennung dieser Orte als kbOs führten, wird unter anderem von Gewaltdelikten am Alexanderplatz als „Mittel zur Konfliktlösung von Personen unterschiedlicher Gruppen mit niedriger Reizschwelle“ berichtet und von Taschendiebstählen und Drogendelikten. „Wiederkehrend treten insbesondere Gruppen junger Geflüchteter, Personen aus dem Obdachlosen- und Trinkermilieu sowie vergnügungsorientierte junge Menschen als Tatbeteiligte in Erscheinung.“

Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung werde das aggressive Auftreten und „öffentlich ausgetragene verbale und körperliche Auseinandersetzungen der Personengruppen untereinander, aber auch gegenüber Dritten“ beeinträchtigt, heißt es. Zudem spricht die Polizei von einer Zunahme der Kriminalitätsbelastung am Alexanderplatz gegenüber dem Vorjahr.

Offener Drogenhandel: Görlitzer Park und Kottbusser Tor

Im Görlitzer Park/Wrangelkiez wird ein sich über die Jahre hinweg verfestigter „offener Handel mit Betäubungsmitteln“ geschildert. Der Handel mit Cannabisprodukten und „harte Drogen“ wie Kokain, Ecstasy und Amphetamine paart sich hier mit „Begleitkriminalität, bei der es sich überwiegend um Rohheits- und Eigentumsdelikte handelt“. Die Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung wird den Angaben nach durch das „aggressive Auftreten von mit Betäubungsmitteln handelnden Personen“ beeinträchtigt. Auch hier wird von einer sich gegenüber dem Vorjahr deutlich verschlechterten Lage berichtet: mehr Raubdelikte, mehr gefährliche und schwere Körperverletzung und mehr Sachbeschädigung.

Vor Jahren sorgte ein Grünes Manifest im Görlitzer Park (2016) zur Gleichberechtigung von Drogendealern und anderen Parknutzern wie Familien für Furore, ebenso wie ein Jahr später eine Ausstellung über die afrikanischen Drogendealer im Görlitzer Park (2017), die „unerschrocken und tapfer im öffentlichen Raum arbeiten“. Gastgeber war: das Heimatmuseum des Bezirksamtes. Wieder zwei Jahre später entstand das Dealer-Denkmal „Letzter Held“ (2019). Angesichts dieser jüngsten Geschichte des Görlitzer Parks ist eine Verfestigung des offenen Drogenhandels nachvollziehbar.

Auch am „Kottbusser Tor hat sich über Jahre hinweg ein offener Handel mit Betäubungsmitteln verfestigt“ und auch hier wird das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung durch die damit einhergehende Begleitkriminalität „in besonderem Maße“ beeinträchtigt. Zwar seien die „angezeigten Taschendiebstähle und Raubstraftaten im öffentlichen Personennahverkehr“ 2022 zurückgegangen, dennoch seien die Gesamtstraftaten „deutlich über denen der vorpandemischen Jahre 2018 und 2019“.

Hermannplatz und Bahnhof Neukölln: Drogen, Gewalt und Clankriminalität

Am Hermannplatz/Donaukiez und auf der Hermannstraße/Bahnhof Neukölln sind Drogenhandel, Diebstahl und Körperverletzung auf Straße und im Öffentlichen Nahverkehr gang und gäbe und „teilweise durch das Phänomen der Clankriminalität beeinflusst“, so der Senatsbericht.

„Gewaltdelikte zeichnen sich durch eine hohe Aggressivität und niedrige Hemmschwelle aus“ und werden „nicht selten unter Anwendung von Waffen und gefährlichen Gegenständen ausgetragen“.

In dieser Gegend gab es eine „deutliche Steigerung“ der Kriminalitätsbelastung im Jahr 2022, insbesondere bei den Körperverletzungen, Raubdelikten und Taschendiebstählen.

Rigaer Straße: Der Linksextremismus-Hotspot

„Die Kriminalitätslage in der Rigaer Straße zeichnet sich durch die Begehung politisch motivierter Straftaten aus, die einen erheblichen Einfluss auf das Sicherheitsgefühl haben […] insbesondere aus der linksextremistischen Szene heraus“, heißt es. Diese richteten sich vor allem „gegen Institutionen des Staates oder solche, die in ihren Tätigkeiten den politischen Zielen der relevanten Personen entgegenstehen“.

Stellvertretend für staatliche Institutionen würden vor allem „im unmittelbaren Umkreis wohnende Personen geschädigt“, oft „punktuell und anlassbezogen“.

Partymeile Warschauer Brücke: Drogen, Diebstahl und Gewalt

Die Kriminalität an der Warschauer Brücke hängt eng mit der dort „ansässigen Kultur-, Club- und Veranstaltungsszene sowie den gastronomischen Angeboten“ zusammen. „Der sich über Jahre hinweg verfestigte offene Handel mit Betäubungsmitteln und die damit einhergehende Begleitkriminalität blieb im Jahr 2022 erhalten“, mit deutlichen Steigerungen gegenüber 2021.

Das Sicherheitsgefühl der Menschen werde hier besonders von den „ortsrelevanten Delikten wie Körperverletzungen, Raub- und Sexualdelikten“ beeinflusst. Als nach der Pandemie das gesellschaftliche Leben ab Anfang 2022 zurückgekehrt sei, habe es auch „wieder mehr Tatgelegenheiten und Konfliktsituationen“ gegeben, so der Senatsbericht des Inneren an das Berliner Abgeordnetenhaus.

Summa summarum erklärte der Innensenat, dass diese kbOs über das ganze Jahr 2022 Bestand hatten, „um die Identität relevanter Personen festzustellen, das Entdeckungsrisiko zu erhöhen und damit die Begehung von Straftaten zu verhindern“. Die für die innere Sicherheit Berlins zuständige Senatorin erinnerte eindringlich daran: „Bei einem Wegfall der Möglichkeit zur Durchführung der hier berichtsgegenständlichen Maßnahmen hätte sich mit großer Wahrscheinlichkeit der Anstieg relevanter Delikte fortgesetzt und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wäre deutlich negativ beeinflusst worden.“



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