Drei Wochen später: Statement über Kulturnacht-Randale im Schwarzwald veröffentlicht

Stadt und Polizei in Villingen-Schwenningen schafften es wegen eines „Kommunikationsfehlers“, mehr als drei Wochen zu schweigen. Am 1. Juli war Kulturnacht ...
Wolken ziehen nahe des Feldbergs über den Schwarzwald hinweg. Am Vorabend waren von Westen kommend schwere Gewitter über Baden-Württemberg gezogen (Aufnahme mit Langzeitbelichtung).
Wolken ziehen nahe des Feldbergs über den Schwarzwald hinweg.Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Von 29. Juli 2023

In den Polizeimeldungen sucht man vergeblich danach, was zu Julibeginn auf dem Kulturfest der Stadt Villingen-Schwenningen passiert ist, dort, ganz im Südwesten von Baden-Württemberg und keine 30 Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt. Dabei ist in Villingen-Schwenningen, der Stadt im Schwarzwald-Baar-Kreis, sogar die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg angesiedelt. Vorbildfunktion. Und dennoch, man wartete mehrere Wochen ab, um über die Ausschreitungen am Rande der Schwenninger Kulturnacht zu berichten. Was hatte sich eigentlich bei der Veranstaltung zugetragen?

Party, Musik und vielfältige Ausschreitungen

Am Samstag, 1. Juli, ging es ab 18 Uhr los. Mehr als 1.000 Akteure auf vier Open-Air-Bühnen sollten die 17.000 Besucher im Partystimmung versetzen, die Schwenninger Innenstadt in eine „große Flanier- und Erlebnismeile“ verwandeln, schrieb die Stadt im Vorfeld der Großveranstaltung.

Der Eintritt war mit 10 Euro im VVK und 12 Euro an der Abendkasse moderat. Schüler und Studenten zahlten nur die Hälfte. Bus-Shuttles sorgen für An- und Abreise. Für die Sicherheit waren neben den Einsatzkräften der Polizei und dem Kommunalen Ordnungsdienst der Stadt 87 engagierte Securitys zuständig – „zum Großteil für Einlasskontrolle, Nachtwache und für die Einsatzleitungszentrale“. Alles schien perfekt. Eine laue Sommernacht mit viel Musik und Unterhaltungsprogramm.

Doch alles kam anders. „Wie auch im Vorjahr kam es im Bereich C&A und City-Rondell und der benachbarten Uhlandstraße zu mehreren Auseinandersetzungen zwischen Einzelpersonen sowie Personengruppen“, berichteten Stadt und Polizei in einem Statement am 26. Juli, mehr als drei Wochen nach den Vorfällen. „Der Kommunale Ordnungsdienst, der in voller Einsatzstärke vor Ort war, erkannte diese Gruppen in den Randgebieten und nahm bereits am frühen Abend eine zunehmend aggressive und provozierende Stimmung in diesen Bereichen wahr.“

Wohl in Vorahnung möglicher Ausschreitungen zeigten die Sicherheitskräfte verstärkt auf dem Gelände der Kulturnacht und in den Randbereichen Präsenz. Man kannte solche Vorfälle aus den vergangenen Jahren. Nichts Neues. Normalerweise, so die Erfahrungen, spielten sich solche Angelegenheiten „eher in den Nebenstraßen, im Randbereich des Events“ ab, weniger auf der Kulturnacht selbst.

Eine Minderheit von 100 bis 300 Personen

Doch auch mit verstärkten Streifengängen wurde es nicht ruhiger, ganz im Gegenteil: Zwischen 22 Uhr und Mitternacht kam es „wiederholt zu Auseinandersetzungen und Provokationen einzelner Personen aus den unterschiedlichen Gruppen“, heißt es in der Stellungnahme zur Kulturnacht. Den Höhepunkt erreichte das Geschehen wohl ab 23:30 Uhr, ist dem Bericht der Stadtregierung zu entnehmen.

Den Startschuss zum Finale bildete ein Böller, der einen der Stadtmitarbeiter am Kopf traf. „Urplötzlich standen dem KOD (Kommunaler Ordnungsdienst), sowie weiteren hinzugezogenen Einsatzkräften der Landespolizei, mehrere aggressive Personen aus diesen Gruppen gegenüber“, wurde berichtet. Man schätzte, dass zwischen 100 und 300 Personen „in diesem Bereich (…) unterschiedlich agierten“. Die Polizei konnte eine Festnahme durchführen. Ein mutmaßlicher Böllerwerfer. In seinem Rucksack fand man entsprechend weitere Böller.

„Fünf Kräfte des KOD wurden durch diesen Vorfall verletzt (Schwindel, Benommenheit, starkes Pfeifen im Ohr und Knalltrauma)“, während die übrigen Stadtmitarbeiter vor Ort vom DRK versorgt worden seien. Wie die Stadt in ihrer späten Stellungnahme mitteilte, wirkten sich die Verletzungen bei einzelnen Mitarbeitern bis über eine Woche hinweg aus. Auch eine Polizistin wurde durch ein Knalltrauma „nicht unerheblich verletzt“.

Der Einsatzleiter der Polizei in dieser Nacht: „Die Mehrzahl der Besucherinnen und Besucher feierte friedlich, doch eine Minderheit suchte die Auseinandersetzung mit den Sicherheitskräften und fiel nicht zuletzt alkoholbedingt durch gröbliche Störungen, wie Böllerwürfe, auf“, so Andreas Willmann, stellvertretender Leiter des Polizeireviers Schwenningen.

Kommunikationsfehler und Hilfe von oben

Die polizeiliche Erfolgsbilanz: 8 Platzverweise, 3 erkennungsdienstliche Behandlungen, 5 Strafanzeigen, 7 angezeigte Ordnungswidrigkeiten. Für das kommenden Jahr will die Polizei mit Stadt und Securitys ein „neues Sicherheitskonzept mit Maßnahmenkatalog“ erarbeiten. Es gelte „aus dem Vorgefallenen Konsequenzen zu ziehen, erkannten Störern den Zutritt künftig zu verweigern, das Verbot des Mitführens von Böllern durchzusetzen und die restriktivere Handhabung des Alkoholausschanks zu prüfen“, so der Leiter der Schutzpolizeidirektion Tuttlingen, Stephan Behnke.

Marcel Ferraro, Sprecher des zuständigen Polizeipräsidiums in Konstanz, versuchte die wochenlange Stille damit zu erklären, dass an jenem Abend eine Ordnungskraft mit der anderen gesprochen, es unterschiedliche Interpretationen gegeben – und man den Vorgang als bearbeitet abgetan habe.

Der SWR erfuhr von der Polizei Näheres über die „Minderheit“ der Randalierer – auf Nachfrage. Teils polizeibekannte Personen, hieß es, unterschiedlicher Nationalitäten. Junge Männer und solche im mittleren Alter, von 19 bis 37 Jahre.

Der „Schwarzwälder Bote“ sprach angesichts des Ganzen vom „Schweigen im Walde“, OB Roth nannte es „eine neue Herausforderung“ und sprach von einem großen „Lernerfolg“, die Stadt blieb trotz allem in ihrem Statement bei einem großartigen „Fest des Zusammenhaltes, der Vielfalt und der Toleranz“.

Doch wie hatten die Ordnungskräfte es schließlich geschafft, die Randale zu beenden? Die „Bild“ erfuhr eigenen Angaben nach aus Polizeikreisen, dass es vor allem am einsetzenden Regen gelegen habe. Offenbar hatte der Himmel ein Einsehen.



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