Chinesische Medienkampagne gegen Ai Weiwei

Die Verleumdungskampagne gegen den gefeierten Dissidenten und Künstler Ai Weiwei spiegelt die Angst des chinesischen Regimes wider, die politische Stabilität im Lande zu verlieren.
Titelbild
Weltweite Sitzdemonstration "1001 Stühle für Ai Weiwei". Rund 150 Berliner setzten sich am vorigen Sonntagmittag mit Stühlen vor die chinesische Botschaft.Foto: Erik Rusch / The Epoch Times
Von 22. April 2011

Der Künstler Ai Weiwei wurde von der Polizei am Flughafen in Peking am 3. April festgenommen und weggebracht. Seitdem sind mehrere seiner Kollegen verschwunden und deren Aufenthaltsorte ebenfalls unbekannt.

In letzter Zeit haben die staatlichen Massenmedien, sowie die von dem chinesischen Regime organisierte „Fünfzig Cent Partei“ im Internet, Verleumdungspropaganda gegen Ai verbreitet. [Anm. der Für „Fünfzig Cent“ schreiben Chinesen im Internet manipulative Leserbriefe oder Blogs, um die Stimme der KP zu vertreten.] Er wird, unter anderem, der Wirtschaftskriminalität und Steuerhinterziehung beschuldigt.

Das Regime herausfordern

Die renommierte politische Kommentatorin He Qinglian glaubt, dass Ai eine echte Herausforderung für das Regime darstellt. In einem kürzlich erschienenen Artikel sagte sie: Wenn die Normen, die Ai auferlegt worden sind, flächendeckend ausgeführt wären, müssten 99 Prozent der chinesischen Beamten angeklagt werden. Ais sogenanntes „Wirtschaftsvergehen“ sei nur ein Vorwand, die westlichen Medien von den Fragen der Menschenrechte oder politischen Fragen abzulenken, fügte sie hinzu.

He sagte außerdem, dass Ai Weiwei die politische Macht des kommunistischen Regimes in einer für China einzigartigen Weise herausfordert. Das ist der Grund, warum Ai eine Vielzahl an Anhängern in China gesammelt und solch große internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.

„Jetzt, wo die Diktatoren des Nahen Ostens und Nordafrikas einer nach dem anderen gestürzt sind, fürchtet Peking eine bevorstehende politische Krise. In diesem Moment ist das Bedürfnis, ein international annerkanntes „Image“ beizubehalten, in den Hintergrund getreten. Vielmehr ist die Aufrechthaltung der politischen Stabilität zur wichtigsten, ja sogar einzigen Notwendigkeit geworden, sagte He.

Sich der Parteilinie anfügen

Am 15. April veröffentlichte die chinesische Ausgabe der Deutschen Welle einen Artikel mit dem Titel „Ai Weiwei wird weiterhin von chinesischen Medien verleumdet“. Dem Artikel zufolge wurde der vermisste Ai von den chinesischen Behörden wegen Wirtschaftskriminalität beschuldigt. Die Deutsche Welle zitiert zwei Artikel der staatlich geführten „Global Times“. Darin wird berichtet, wie eine Armee von „Fünfzig Cent Partei“ Bloggern eine Welle von Artikeln mit Angriffen auf Ai im Internet eingetragen haben.

Die in Hongkong ansässigen Zeitungen „Ta Kung Pao“ und „Wen Wei Po“ haben ähnliche Artikel wie die  Global Times veröffentlicht. Ta Kung Paos Redaktionsleitung sagte jedoch zu Radio Free Asia, dass diese Artikel „direkt aus der Regierung kämen.“

Richard Burger, Autor des China-Blogs „Peking Duck“ und ehemaliger Redakteur bei der Global Times, schrieb in einem Blog am 13. April, dass dem Global Times Personal gesagt wurde, sich „der Parteilinie um jeden Preis zu fügen.“

Burger schrieb, dass der Chefredakteur der Global Times, Hu Xijin, am 4. April folgenden Befehl hinter verschlossenen Türen an seine chinesischen Mitarbeitern gab:

„Sie sollten zu ihren Schreibtischen gehen und jegliche Kommentarfäden und Diskussionen chinesischer Portale und Blogs heraussuchen – jede einzige im Internet laufende Diskussion über die Inhaftierung von Ai Weiwei – und dieser mit der Parteilinie entgegnen. So wie es vor kurzem klar und drohend in einem Global Times Leitartikel ausgedrückt wurde, nämlich, dass Ai Weiwei ein selbsternannter Nonkonformist sei, der es verdient habe verhaftet zu sein, und der von feindlichen Westmächten benutzt werde, um China zu blamieren, zu schaden und zu destabilisieren. Das war keine Aufforderung, es war ein direkter Befehl. Es war Pflicht.“

Kein rechtliches Verfahren

Ai Weiweis Familie hat seit seiner Festnahme vor zwei Wochen keinen Kontakt mehr mit ihm. Ais Schwester Gao Ge erzählte dem Fernsehsender NTD, dass die Familie bisher noch keine offizielle Mitteilung über seine Festnahme von der Regierung erhalten hätte, und dass alle Anschuldigungen der staatlichen Medien nicht offiziell seien. „ Also haben wir bis jetzt geschwiegen. Wir bitten die Regierung den rechtlichen Verfahren zu folgen“, sagte Gao.

Lu Qing, Ais Frau und CEO von Ais Firma, teilte NTD mit, dass die staatliche Steuerabteilung alle Buchungsunterlagen der Firma weggenommen habe. Das sei ein Gesetzesverstoß. Liu Yanping, Ais Assistentin, berichtete, dass Ais Buchhalter seit sieben Tagen verschwunden sei. Sie sagte auch, dass die Abteilung für Innere Sicherheit Ai eine Mitgliedschaft in einer der höchsten nationalen Komitees der KPCh angeboten hatte, die er jedoch abgelehnt hätte.

Ai ist der Designer des als „Vogelnest“ bekannten Nationalstadions in Peking, das für die Olympischen Spiele 2008 gebaut wurde. Sein Verschwinden erregte weltweit Aufsehen.

Am 15. April versuchten Künstlerkollegen in Peking eine Versammlung zur Unterstützung von Ai zu veranstalten, die sie „In die Sonne rausgehen“ nannten. Allerdings wurden sie von den Behörden in Peking davon abgehalten, berichtete die in Hong Kong ansässige „Apple Daily“ am 17. April.

Das chinesische Regime hat mehr als 100 Blogger, Menschenrechtsanwälte und Aktivisten in den letzten Tagen verhaftet. Ihren Familien geht es wie den Familienangehörigen von Ai Weiwei. Niemand weiss, wo sie festgehalten werden, berichtete die BBC am 15. April.

Weltweite Unterstützung

Unterdessen machten sich Ais Unterstützer in Städten auf der ganzen Welt auf, gegen die Inhaftierung des Künstlers zu protestieren und seine Freilassung zu fordern. In Los Angeles versammelten sich am 17. April mehrere Dutzend Menschen vor dem chinesischen Konsulat, um an einer weltweiten Sitzdemonstration mitzumachen, der „1001 Stühle für Ai Weiwei“.

Am selben Tag demonstrierten rund 150 Anhänger Ais in Hongkong vor dem chinesischen Verbindungsbüro. Sie hielten Banner und eine große „Göttin der Demokratie“ Statue. Hunderte von Polizisten blockierten Strassen und errichteten Barrikaden. Die verärgerten Demonstranten schoben sich bis zu den Eingangspforten, wobei mindestens ein Demonstrant festgenommen wurde, laut Reuters.

Auch Museen auf der ganzen Welt, darunter das Guggenheim Museum und das Museum of Modern Art in New York, setzen sich für den Künstler ein. Sie haben alle eine Unterschriftensammlung für die sofortige Freilassung von Ai Weiwei unterzeichnet. (mjk)

 

 



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