Der „Erfolg“ der Diktatur und das Leid des Volkes

Die Interessen der Politiker und Geschäftsleute, die aus nichtkommunistischen Ländern kommen, sind der Grund für die schnelle wirtschaftliche Entwicklung Chinas. Aber für das chinesische Volk bedeutet Diktatur immer noch Diktatur. Aus Anlass der China Time in Hamburg stellt der Autor die jetzige Situation in einen geschichtlichen Zusammenhang.
Titelbild
Foto: 64memo.com
Von 9. September 2010

Diktatoren haben alle im Laufe der Geschichte sogenannten materiellen „Erfolg“ hinterlassen. Mit Hilfe der Diktatur können die Menschen wie Tiere, Maschinen und sogar wie lebloser Schmuck in Gräbern behandelt werden. Die Pyramiden in Ägypten; das VW-Auto, die Autobahnen und die schnelle wirtschaftliche Wachstumsrate unter der Führung von Hitler; der Erfolg des Satelliten im Jahr 1957 und die Entwicklung der Nuklearwaffen in der Sowjetunion und die Atombombe Anfang der 1960er-Jahre in China sind alles Beispiele der „Erfolge“ einer Diktatur.

Die Diktatoren müssen manchmal kurzfristige Kompromisse eingehen, damit sich das Volk kurz erholen kann. Als Beispiele zählen: Die traditionelle politische Methode in der chinesischen Diktatur, um Kompromisse zu machen; die neue wirtschaftspolitische Linie in der Sowjetunion nach 1925, die eine lockere Umgebung für westliche Investoren angeboten hat; die kurzfristige Zusammenarbeit der Sowjetunion mit dem Westen; die entspannte politische Umgebung nach dem Tod von Josef Stalin; die sogenannte Reform von Deng nach der Kulturrevolution; die weitere wirtschaftliche Entwicklung in China nach der Tötung der Studenten auf dem Tiananmen-Platz im Jahr 1989 …

Aber eine Diktatur bleibt eine Diktatur, weil sie der Menschennatur widerspricht. Sie ist eine Form der Ausbeutung und Unterdrückung der Grundrechte der Allgemeinheit, um die Macht einer Minderheit zu unterstützen. Deshalb sind die Diktatoren in allen Zeiten die Unterdrücker, die Ausbeuter und die Feinde des Volkes. Egal welche Erscheinungsform eine Diktatur einnimmt, sie ist ein Objekt, gegen das das Volk und die Gesellschaft kämpfen müssen. Weil die moderne Gesellschaftsform der Welt auf Menschenrechten, Freiheit und Demokratie basiert.

Trotz dieses deutlichen Trends gibt es ein absurdes Phänomen in der Entwicklung der vergangenen hundert Jahre, das uns zum Nachdenken bringt: Es gibt Duldung und Verschönerung der Diktaturen und sogar Zusammenarbeit mit ihnen und Abhängigkeit von ihnen. Dies sind aktuelle öffentliche Meinungen, die nach der Industriellen Revolution entstanden sind. Sie sind ein Bestandteil der modernen Beziehung zwischen den Ländern, die in den vergangenen 200 Jahren entstanden ist.

Es besteht keine Frage, dass die Unvereinbarkeit mit anderen politischen Formen, die Grausamkeit und die Blutrünstigkeit der Bolschewisten in der Sowjetunion seit ihrem Erscheinen im Jahr 1917 komplett offenbart wurden. Sogar Karl Kautsky, der Anhänger dieser Idee und Mitglied der Partei war, hat das Problem durchschaut und in der Öffentlichkeit folgende Frage gestellt: „Ist es Kommunismus oder Terrorismus?“ Aber es gibt immer noch viele Gebildete und Politiker, die trotz so hoher Opferzahlen diese Diktatur begrüßten, verteidigten und Erwartungen an sie stellten. Sie benutzten solche Ausreden wie: „Opfer sind in einer Revolution unvermeidbar, es ist vergleichbar mit der Gebühr für einen Lernprozess, der den Menschen eine schöne Zukunft bringen wird; der Bolschewismus ist viel besser als die ehemalige Gesellschaft dieses Landes und bringt Fortschritte bei der Entwicklung …“ Aber bis zum Jahr 1989 hat die bolschewistische Gesellschaft nach 72 Jahren nichts Positives für die Menschen geleistet.

Nach der Mitte der 1920er-Jahre hatten die Länder im Westen ihre eigene wirtschaftliche Krise zu bewältigen und trotz der grausamen Unterdrückung des Volkes in der Sowjetunion viel in das Land investiert, in dem die Arbeiter unter der Kontrolle der Politik leiden. Sie haben der kommunistischen Regierung dadurch geholfen, die große industrielle Basis und Infrastruktur aufzubauen, die bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1989 immer noch eine wichtige Rolle gespielt haben.

Hitlers Führung war eine Wiederholung ähnlich absurder Handlungen in den 1930er-Jahren und die Folgen waren sogar noch tragischer. Das Tolerieren der Diktatur im deutschen Volk und in der gesamten westlichen Welt und der „Genuss“ der kurzfristigen wirtschaftlichen Entwicklung haben während des Zweiten Weltkrieges große Opfer bei den Juden und in der ganzen Welt gefordert. Aber die Einstellung ist nicht aufgegeben worden: Nämlich Kompromisse mit der Diktatur zu schließen und sich nicht in die Angelegenheit einzumischen, solange man noch nicht von der Diktatur betroffen ist. Oder sogar den Wunsch zu haben, von der Diktatur in anderen Ländern Vorteile zu erlangen. Die Einstellungen und Ausreden sind immer dieselben. Eine ganz billige Erklärung einer diktatorischen Regierung reicht aus, um die Politiker, Geschäftsleute und gebildeten Menschen auf ihre Seite zu ziehen und ihre Unterstützung zu erhalten, da diese Menschen sich nicht um die anderen kümmern und sich nur für den eigenen Vorteil interessieren.

Alles was vorher erwähnt wurde, ist nicht logisch und konsequent. Aber die Menschen denken nicht darüber nach und wollen auch nicht nachdenken. Zum Beispiel: Der Optimismus und die unrealistischen Erwartungen nach dem Tod von Stalin im Jahr 1953; am Anfang der 60er-Jahre haben die Deutschen und die gesamte westliche Welt darüber diskutiert, ob Ostdeutschland und Gesamt-Osteuropa totalitäre Länder sind. Sogar Giovanni Amendola, der durch sein Buch „Ursprung des Totalitarismus“ bekannt geworden ist, war der Meinung, dass eine kommunistische Gesellschaft nicht einer totalitären Gesellschaft gleichgesetzt werden kann. Es war falsch, dass die gebildeten Menschen die linke Seite gewählt haben und an der Begrüßung des Kommunismus bei der Weltfriedenskonferenz teilgenommen haben, die von der Sowjetunion heimlich unterstützt wurde. Der Jubel für die wirtschaftliche Entwicklung der Sowjetunion und für den erfolgreichen Satellitenstart war auch falsch. Sie haben geglaubt, dass die kommunistische Regierung sich verändert habe und deshalb das sogenannte „Auftauen“ gegenüber den Kommunisten ermöglicht.

Nicht die Eigenschaften der Diktatoren haben sich verändert, sondern die Ausreden der Menschen, die Vorteile aus der Diktatur ziehen möchten. Von der Diskussion über die Erkenntnis der kommunistischen Gesellschaft nach dem Tod von Stalin in den 1960ern bis zur Gründung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE) in den 1970ern und dem Erscheinen der Ideen der friedlichen Koexistenz hat sich in China nicht die kommunistische Regierung verändert, sondern das Verhalten der westlichen Politiker und Geschäftsleute.

Es ist unmöglich, die nur an den eigenen Vorteil denkenden westlichen Politiker, Geschäftsleute und Wissenschaftler aufzufordern, ihre Vorteile zugunsten der von der Diktatur versklavten und unterdrückten Menschen aufzugeben. Natürlich hat die Demokratie mehrere Möglichkeiten anzubieten und verfügt auch über ein eigenes Überwachungssystem. Da wir alle auf einem Planeten wohnen, sind die moderne Wirtschaft und Politik in der ganzen Welt miteinander verbunden. Deshalb hat eine Handlung, die gegen das grundlegende Wertprinzip ist und nur einer Minderheit Vorteile bringen kann, eine direkt oder indirekt nachteilige Wirkung auf die Arbeitslosenquote, die Entwicklung kleiner Unternehmen und das politische Leben in der eigenen Nation. Daher können die Politiker, Geschäftsleute und gebildeten Menschen ihre Macht offensichtlich nicht mehr dafür einsetzen und ihr Land dazu bringen, mit dem Diktator zusammenzuarbeiten. Sie benötigen dafür Ausreden und Erklärungen. Und diese Ausreden dienen im Prinzip dazu, nicht nur die Menschen in einem diktatorischen Land, sondern auch die eigenen Landsleute zu betrügen.

Die Versöhnung zwischen Westen und Osten in den 1970ern war eine politische Methode des Westens, um die Zusammenarbeit mit der Diktatur zu vereinfachen. Sie glaubten, dass die Herrschaft der Kommunisten in kurzer Zeit nicht zusammenbrechen wird. Dieser politische Zug kommt im Prinzip einer Akzeptanz der Legitimität der Unterdrückung des eigenen Volkes durch einen Diktator gleich. Mit dieser „Versöhnung“ konnten die Politiker und Geschäftsleute aus dem Westen die Vorteile mit dem Diktator teilen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen oder Probleme im eigenen Land zu bekommen.

Diese Versöhnung, die Tolerierung und unrealistische Erwartungen hatten damals das Volk in der kommunistischen Gesellschaft in einen hoffnungslosen Zustand gezwungen und die Gegner der Diktatur und Menschen mit anderen Meinungen in Osteuropa in eine sehr nachteilige Situation gebracht. Aufgrund dieser Tatsache hat Václav Havel, der tschechische Präsident nach Gründung der Tschechischen Republik – vorher ein bekannter Mensch mit anderer politischer Meinung –, den Begriff des sogenannten „Post-Totalitarismus“ geprägt.

Er betonte: „Durch das Wörtchen ‚post‘, will ich jedoch nicht sagen, dass es sich um ein System handelt, das nicht mehr totalitär ist, ich will nur sagen, dass es auf eine grundsätzlich andere Art totalitär ist als die ‚klassischen‘ Diktaturen, mit denen wir üblicherweise den Begriff des Totalitarismus verbinden“ (Versuch in der Wahrheit zu leben, Reinbek 1989, (erstmals 1978), Seite 13).

Der Fall der Berliner Mauer und der Zusammenbruch der gesamten europäischen kommunistischen Länder sind überraschend eingetreten. Die Medien aus Westdeutschland, die Politiker und Menschen aus dem Gebiet der Wissenschaft haben alle akzeptiert, dass die Anstrengung der Bürger in Ostdeutschland ihnen die friedliche Revolution gebracht und die Diktatur beendet hat. Diese Meinung bedeutet offensichtlich nicht eine Versöhnung. Weder die unrealistische Erwartung an die kommunistische Partei in Ostdeutschland, die Begrüßung der sogenannten Reform in Ostdeutschland noch die Veränderung der kommunistischen Partei haben zu diesem Ergebnis geführt. Die Erfahrungen aus dem Zusammenbruch von Ostdeutschland und des kommunistischen Osteuropas zeigen, dass sich keine einzige kommunistische Regierung und keine einzige kommunistische Gesellschaft von alleine in eine moderne und fortgeschrittene demokratische Gesellschaft umgewandelt hat. Die Beendigung einer kommunistischen Diktatur wird immer mit einer Revolution und Blutvergießen verbunden sein, weil die Regierung nur die Waffen kontrolliert und nicht das Volk. In einer modernen Gesellschaft ist der Verursacher der schlimmsten Gewalt auf keinen Fall das Volk, sondern der Staat, insbesondere in einem diktatorischen Land.

Das Gleiche gilt auch für China. Die schnelle wirtschaftliche Entwicklung von China nach 1989 ist in keiner Hinsicht überraschend. Sie ist nur eine Wiederholung der Geschichte. Die westlichen Politiker und Geschäftsleute wiederholen die Geschichte. Die nach Vorteilen strebenden Geschäftsleute gehen unvermeidlich dorthin, wo die Arbeitskräfte und die Umwelt von der Diktatur kontrolliert werden. Die Investitionen gewisser Länder und Geschäftsleute haben den wirtschaftlichen Aufschwung in der Sowjetunion am Ende der 1920er-Jahre verursacht. Die Interessen der Politiker und Geschäftsleute, die aus nichtkommunistischen Ländern kommen, sind der Grund für die schnelle wirtschaftliche Entwicklung Chinas. Aber für das chinesische Volk bedeutet Diktatur immer noch Diktatur, egal wie sich die wirtschaftliche Lage verändert hat. Die Ketten, Peitschen und Messer der kommunistischen Partei hängen immer noch über ihren Köpfen und es gibt nichts, was das willkürliche Verhalten der Diktatur kontrolliert, einschränkt und beendet.

Wenn du dem chinesischen Volk sagst, dass sich die Kommunistische Partei verändert hat, dann musst du folgende Frage beantworten: „Womit kannst du das Töten in Lhasa und Urumqi oder die grausame Verfolgung der Mitglieder von Falun Gong einschränken und verhindern? Oder wenn wir eine weniger anspruchsvolle Frage stellen sollten, wie kannst du dich über die Wahrheit dieser Tötungen und Verfolgung informieren?“ Wenn du diese Frage nicht beantworten kannst, bedeutet es nur, dass deine Meinung, deine Kompromisse und dein Tolerieren der Kommunistischen Partei in China ein Betrug am chinesischen Volk sind!

Wir können dir sagen, dass bisher nur ein Boykott der Kommunistischen Partei Chinas funktioniert hat. Es war die Ablehnung nach 1989, als die ganze Welt wütend war. Diese Wut und diese Sanktionen haben dazu geführt, dass sich die kommunistische Partei in den vergangenen 20 Jahren öffentlichkeitswirksamer verhalten hat und sich auf die Kontrolle des eigenen Volk konzentrierte. Deshalb lässt sie dich unbesorgt in das Land hineinkommen. Daher haben diejenigen, die behauptet haben, dass in der kommunistischen Partei eine Veränderung stattfand, das Leid des chinesischen Volkes vergrößert und den Kalten Krieg nach 20 Jahren wieder zur Realität werden lassen. Wer die Erfolge einer Diktatur begrüßt, dem können die Chinesen, die darunter leiden, nur einen Satz des Philosophen Sir Karl Raimund Popper wiederholen: Egal wie viele Erfolge unter der Diktatur ermöglicht wurden, wir wollen nicht in einem solchen System leben!

Zhong Weiguang: Exil-Buchautor, Kommentator und Journalist, Mitgründer des Unabhängigen Chinesischen P.E.N

 

Foto: 64memo.com


Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion