Bauern kritisieren Satellitenüberwachung ihrer Agrarflächen zum Erhalt von EU-Subventionen

Von der EU gepriesen, von so manchem Landwirt als arbeitsaufwendiges „Überwachungsmittel“ gesehen: Dieses Jahr startete in Deutschland die satellitengestützte Überwachung von fördermittelfähigen Agrarflächen. Landwirte empfinden das System als „staatliche Gängelei“.
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Ein Mähdrescher bei der Ernte.Foto: iStock
Von 1. September 2023

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Seit März 2017 liefern EU-eigene Satelliten hochauflösende Bilder der Erdoberfläche. Danach beschloss die EU gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten, dass mithilfe von Satellitenüberwachung die EU-Subventionen an die EU-Landwirte verwaltet und kontrolliert werden.

Während in anderen Ländern die Satellitenüberwachung der Agrarflächen seit einigen Jahren bereits läuft, begann die EU-Überwachung aus dem Weltraum für Deutschland erst in diesem Jahr.

Nun wird ganzjährig kontrolliert, ob Bauer Meier auf seiner Agrarfläche in der Kölner Bucht wie angemeldet auch tatsächlich Wintergerste anbaut, für die er EU-Fördermittel beantragt hat.

Allerdings forderte der EU-Rechnungshof, dass die neue Technologie mit Blick auf den „Green Deal“ auch für das Monitoring von Umwelt- und „Klimaanforderungen“ genutzt wird. „Durch entsprechende Aktionspläne sollten noch bestehende Hindernisse für eine breitere Nutzung des Umwelt-Monitorings beseitigt werden“, so die EU-Behörde. Genutzt werden dafür die EU-Satelliten Sentinel 1 und 2 als Teil des Copernicus-Programms der Europäischen Weltraumbehörde (ESA).

Mit ihnen werden automatisierte Kontrollen durchgeführt, bei denen nicht nur die angebauten Pflanzen identifiziert werden. Auch die landwirtschaftlichen Tätigkeiten der Bodenbearbeitung wie das Ernten und Mähen auf einzelnen Parzellen werden überwacht. Da diese Satelliten in kurzen Zeitabständen dieselben Gebiete überfliegen, lassen sich mit ihrer Hilfe schnell Veränderungen auf den Feldern beobachten.

Fehlerreiche Technik

Allerdings zeigte sich bereits, dass die Technik noch fehlerbehaftet ist. Anfang August berichtete die Frankenschau des „Bayerischen Rundfunks“ über den Landwirt Marcus Link aus Mönchberg (Landkreis Miltenberg, Bayern). Statt der Wintergerste, die auf einem seiner Äcker wuchs, erkannte der Satellit Weizen. Dadurch gab es eine Fehlermeldung.

Um Fördermittel zu erhalten, müssen die Landwirte die Daten der Satellitenüberwachung bei einer Fehlermeldung selbst mithilfe einer App verifizieren. Für Marcus Link ist das ein Unding: „Wir sollen mit dem Handy selbst Bilder machen. Ich mache das nicht, das ist nicht meine Aufgabe. Ich bin kein Kontrolleur, ich bin Landwirt.“ Er beklagt in der Sendung, dass niemand ihm die Zeit für die Korrektur der falschen Datenerfassung bezahlen würde.

Dass der Fall von Landwirt Link offenbar kein Einzelfall ist, zeigt der zweite Fall, der in der Sendung vorgestellt wurde. Hier hat die Satellitenüberwachung fälschlicherweise Maisanbau anstatt wachsenden Klee erkannt. Und auch hier erhielt die Landwirtin eine Fehlermeldung.

Um nun doch noch die rund 200 Euro pro Hektar zu erhalten, musste sie zum Feld hinaus fahren, eine Detailaufnahme der angebauten Frucht und ein Panoramafoto des Feldes anfertigen und über eine entsprechende App hochladen.

Für die Landwirtin ist dies ein weiterer Schritt zur gläsernen Landwirtschaft. Die offizielle Begründung hingegen lautet, man wolle die stichprobenartigen Vor-Ort-Kontrollen mithilfe der Satellitenüberwachung einsparen.

„Sargnagel für das EU-Subventionssystem“

Als „Sargnagel für das EU-Subventionssystem“ bezeichnen die „Freien Bauern“, eine Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, die in diesem Jahr erstmals praktizierte Satellitenüberwachung. „Die ohnehin geringe Akzeptanz der Agrarsubventionen im Berufsstand dürfte mit diesem Bürokratiemonster auf den Nullpunkt sinken“, schätzt Jann-Harro Petersen von der Bundesvertretung.

„Deutlicher kann eine Bundesregierung nicht ausdrücken, wie abgrundtief sie die Landwirte verachtet und wie sehr sie ihnen misstraut.“ Mitten in der unter schwierigsten Witterungsbedingungen eingebrachten Getreideernte verlangen die Ämter in vielen Bundesländern jetzt von den Landwirten, Unstimmigkeiten zwischen ihren Angaben im Agrarantrag und den im Wochentakt erstellten Satellitenfotos ihrer Flächen mittels georeferenzierter Vor-Ort-Fotos aufzuklären, beschreibt der 46-jährige Milchviehhalter aus dem schleswig-holsteinischen Tating den neu eingeführten Kontrollmechanismus.

Weil die Datenverarbeitung der EU zu dumm ist, Kleegras von Wiesengras zu unterscheiden, muss ich mir eine App aufs Mobiltelefon laden, technisch anspruchsvolle Fotos der Fläche machen und diese dem Amt übermitteln. Als hätte ich gerade sonst nichts zu tun.“

Im Grunde sei bereits die flächendeckende Satellitenüberwachung in seinen Augen eine Unverschämtheit, weil damit unterstellt werde, die im Agrarantrag gemachten Angaben würden nicht der Wahrheit entsprechen.

„Ursprünglich sollten die Subventionen die höheren Kosten unserer Betriebe gegenüber dem Weltmarkt ausgleichen“, erinnert Petersen. „Heute müssen wir dafür irgendwelche absurden öffentlichen Leistungen erbringen. Der Kostendruck durch Billigimporte aus Ländern mit niedrigeren sozialen und ökologischen Standards wird als selbstverständlich hingenommen.“

„Fachlich sinnlose Anreize zur Extensivierung“

Auch seien in den vergangenen Jahrzehnten alle Versuche gescheitert, die Fördermittel auf ortsansässige Landwirte zu begrenzen und Agrarinvestoren auszuschließen. Stattdessen ginge es zuletzt nur noch um „fachlich sinnlose Anreize zur Extensivierung“ wie die ebenfalls in diesem Jahr eingeführte Pflicht, vier Prozent der Flächen stillzulegen, so der Landwirt. Damit hätten sich für Petersen die Agrarsubventionen als politisches Steuerungsinstrument „überlebt“.

Allerdings ist der Ausstieg aus dem EU-Fördermittelsystem nicht einfach, da die Fördermittel im Durchschnitt immer noch rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Einnahmen ausmachen würden, so Petersen. „Jedenfalls nicht, solange alle seine Nachbarn weiter Subventionen beziehen.“

Jedoch würden dennoch bereits einige Mitgliedsbetriebe keine Agraranträge mehr stellen, weiß Petersen: „Es sind vor allem kleinere Bauern auf guten Standorten mit einer hohen Wertschöpfung, die es sich leisten können, auf die staatliche Gängelei zu verzichten.“ Damit entfalle eine erhebliche Arbeitsbelastung. Petersen: „Am Ende muss jeder selbst die Höhe der Agrarsubventionen abzüglich Steuern gegenrechnen gegen die Kosten, die aus überbordender Bürokratie, praxisfremden Auflagen und Verlust an persönlicher Lebensqualität resultieren.“



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