Archibald Douglas – Von Theodor Fontane

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Und Kies und Staub aufwirbelte dicht, herjagte Meut′ und Mann, und ehe der Graf sich aufgericht′t, waren Roß und Reiter heran.Foto: iStock

Archibald Douglas

»Ich hab′ es getragen sieben Jahr,

und ich kann es nicht tragen mehr,

wo immer die Welt am schönsten war,

da war sie öd′ und leer.

Ich will hintreten vor sein Gesicht

in dieser Knechtsgestalt,

er kann meine Bitte versagen nicht,

ich bin ja worden alt,

Und trüg′ er noch den alten Groll,

frisch wie am ersten Tag,

so komme, was da kommen soll,

und komme, was da mag.«

Graf Douglas sprichts. Am Weg ein Stein

lud ihn zu harter Ruh′,

er sah in Wald und Feld hinein,

die Augen fielen ihm zu.

Er trug einen Harnisch, rostig und schwer,

darüber ein Pilgerkleid, –

da horch, vom Waldrand scholl es her

wie von Hörnern und Jagdgeleit.

Und Kies und Staub aufwirbelte dicht,

herjagte Meut′ und Mann,

und ehe der Graf sich aufgericht′t,

waren Roß und Reiter heran.

König Jakob saß auf hohem Roß,

Graf Douglas grüßte tief,

dem König das Blut in die Wangen schoß,

der Douglas aber rief:

»König Jakob, schaue mich gnädig an

und höre mich in Geduld,

was meine Brüder dir angetan,

es war nicht meine Schuld.

Denk nicht an den alten Douglas-Neid,

der trotzig dich bekriegt,

denk lieber an deine Kinderzeit,

wo ich dich auf den Knieen gewiegt.

Denk lieber zurück an Stirling-Schloß,

wo ich Spielzeug dir geschnitzt,

dich gehoben auf deines Vaters Roß

und Pfeile dir zugespitzt.

Denk lieber zurück an Linlithgow,

an den See und den Vogelherd,

wo ich dich fischen und jagen froh

und schwimmen und springen gelehrt.

O denk an alles, was einsten war,

und sänftige deinen Sinn,

ich hab′ es gebüßet sieben Jahr,

daß ich ein Douglas bin.«

»Ich seh′ dich nicht, Graf Archibald,

ich hör′ deine Stimme nicht,

mir ist, als ob ein Rauschen im Wald

von alten Zeiten spricht.

Mir klingt das Rauschen süß und traut,

ich lausch′ ihm immer noch,

dazwischen aber klingt es laut:

Er ist ein Douglas doch.

Ich seh dich nicht, ich höre dich nicht,

das ist alles, was ich kann,

ein Douglas vor meinem Angesicht

wär′ ein verlorener Mann.«

König Jakob gab seinem Roß den Sporn,

bergan ging jetzt sein Ritt,

Graf Douglas faßte den Zügel vorn

und hielt mit dem König Schritt.

Der Weg war steil, und die Sonne stach,

und sein Panzerhemd war schwer;

doch ob er schier zusammenbrach,

er lief doch nebenher.

»König Jakob, ich war dein Seneschall,

ich will es nicht fürder sein,

ich will nur warten dein Roß im Stall

und ihm schütten die Körner ein.

Ich will ihm selber machen die Streu

und es tränken mit eigner Hand,

nur laß mich atmen wieder aufs neu

die Luft im Vaterland.

Und willst du nicht, so hab′ einen Mut,

und ich will es danken dir,

und zieh dein Schwert und triff mich gut

und laß mich sterben hier.«

König Jakob sprang herab vom Pferd,

hell leuchtete sein Gesicht,

aus der Scheide zog er sein breites Schwert,

aber fallen ließ er es nicht.

»Nimm′s hin, nimm′s hin und trag es neu,

und bewache mir meine Ruh′,

der ist in tiefster Seele treu,

der die Heimat liebt wie du.

Zu Roß, wir reiten nach Linlithgow,

und du reitest an meiner Seit′,

da wollen wir fischen und jagen froh

als wie in alter Zeit.«

Theodor Fontane   (1819 – 1898)



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