Akademische Kunst und Postimpressionismus

Eine Ausstellung im amerikanischen Bundesstaat Wisconsin stellte Werke der akademischen Kunst und des Postimpressionismus vergleichend gegenüber.
Titelbild
Der französische Maler Bouguereau (1825-1905) hielt an traditionellen Techniken und Themen fest...Foto: Trout Museum
Von 21. April 2012

Das Trout Museum of Art in Appleton, Wisconsin, beleuchtete in seiner vom 16. September 2011 bis zum 25. März 2012 stattfindenden Ausstellung „A World of Postimpressionism“ die konträren Welten des Impressionismus und der Akademischen Kunst am Beginn des 20. Jahrhunderts. Werke von namhaften Künstlern wie Antoine Blanchard, Édouard Cortès und Paul Signac waren in der Ausstellung vertreten.

In der Galerie hatte der Kurator „Zwei Schwestern“ von William-Adolphe Bouguereau ausstellen lassen, weil er damit die unterschiedlichen Annährungsweisen an die Kunst aufzeigen wollte. Einen der äußerst angesehenen und streng akademischen Maler mit den skizzenhaften Stilen des Postimpressionismus zu paaren, führte zu einem interessanten Kontrast und einer angeregten Debatte.

Am Puls der Großstadt: Der Postimpressionismus

Die Künstler des Postimpressionismus der 1920er- und 1930er-Jahre folgten den Vertretern des Impressionismus bei der Darstellung von ungefähren Eindrücken von Dingen. Als Thema für ihre Arbeiten bevorzugten die Postimpressionisten oft die Blütezeit der industriellen Revolution. Unter den Gemälden gab es Szenen aus einer vergangenen Ära, in denen die Straßen von Paris dargestellt wurden, wie sie Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesehen haben müssen. In den Fußstapfen der ursprünglichen impressionistischen Maler machten die Postimpressionisten dieses Thema sogar zu ihrem Hauptschwerpunkt.

Die Kuratorin Rebecca Klabacka, die für das Trout Museum die Führungen macht, sagte: „Impressionistische Maler machen Kunst um der Kunst willen. Es war eher etwas zum Vergnügen als zur geschichtlichen Dokumentation.“

Um einen dramatischeren Effekt zu erzielen, wurden die Gegenstände in vielen der postimpressionistischen Gemälde ungenau wiedergegeben. Die Künstler verwendeten sehr schwere Pinselstriche und befassten sich in ihren Bildern mehr mit den Motiven als mit inhaltlichen Aussagen.

Zur damaligen Zeit wurden die impressionistischen Gemälde als schockierend empfunden, weil sie sich abwendeten von den akademischen Richtlinien, die in den vorhergehenden Generationen auf den Weg gebracht worden waren. Die Impressionisten veranlassten die Akademien in Europa schließlich dazu, ihren Stil als Standard in der Kunstwelt anzunehmen. Sie wurden als die Avantgarde der modernen Strömung in der Kunst betrachtet, die üblicherweise nach dem nächsten „Extrem“ suchte, mit dem die Aufmerksamkeit des Publikums erobert werden konnte.

Dem Postimpressionismus traute man hohes Verkaufspotential zu und schnell fand er viele Nachahmer. Die Bilder von Édouard Cortès zum Beispiel gehören zu den meistkopiertesten Werken in der Kunstwelt.

Das akademische Meisterwerk der „Zwei Schwestern“

Bouguereaus Verständnis von Körperhaltung und Gestik, die inneren Gefühlsregungen und das Temperament eines Menschen auszudrücken, zeigen seine frappierende Fähigkeit, mit dem kleinsten Detail Bände zu sprechen.

Das Bild „Zwei Schwestern“ ist ein klassisches Beispiel für die meisten Werke Bouguereaus. Er schafft es, in seinen Gemälden über das Leben zu reflektieren und regt den Betrachter zum  Nachdenken über das Dargestellte an.

In „Zwei Schwestern“ umarmt die ältere Schwester ihre jüngere Schwester mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck, der den Betrachter durchdringt. Alle Gebärden der älteren Schwestern beugen sich zur Jüngeren hin. Die jüngere Schwester lehnt sich unbekümmert weg und lacht heiter nach oben.

Es scheint, dass die ältere Schwester all ihre Zeit und Mühe aufwendet, um sich aufopfernd und duldsam um ihr Geschwisterchen zu kümmern, damit das Kind keine Sorgen hat. Die ältere Schwester trägt die Last, während die jüngere die Früchte ihrer Arbeit genießt. Dies ist ein Abbild von Güte und von der Bereitschaft sich einzufühlen – etwas womit sich jeder identifizieren kann.

Entgegengesetzte Denkrichtungen

Während der industriellen Revolution wurde diese alles verändernde gesellschaftliche Entwicklung  ein Thema für viele Schriftsteller und Künstler, die sich in Wort und Malerei dagegen einsetzten. Obwohl zu Bouguereaus Zeit bereits die Eisenbahn und neue Technologien nach Frankreich kamen, sind sie in keinem seiner Werke sichtbar – er ignorierte sie. Bouguereaus Gemälde stellen ruhige ländliche Szenen dar, die Erinnerungen an wertvolle Augenblicke im Leben wachrufen.

Die Postimpressionisten jedoch stellten sich selbst mitten in die Straßen der Städte und fingen das Gefühl und die Energie der städtischen Betriebsamkeit ein. Die Gegenstände und Personen auf diesen Bildern bestehen oft aus einfachen Pinselstrichen, die die Bewegung einer Person oder eines Lichtstreifens festhalten sollen.

Mit dem Aufstieg des Impressionismus veränderte sich die Kunst immer mehr vom Handwerk zum Hobby. Akademische Künstler von einst benötigen eine jahrelange Ausbildung, um den menschlichen Körper und Gegenstände getreulich wiederzugeben und die Prinzipien und Eigenschaften, von Licht, Schattierungen und Form zu kennen. Impressionisten hätten in ihrer Technik gar nicht lässiger sein können – sie trieben es bis zu dem Punkt, wo es kaum mehr eine Möglichkeit gab, ihre Gemälde kritisch zu beurteilen.

Je mehr man über diese Ausstellung nachdenkt, umso mehr Gegensätze werden offenkundig. Das Ergebnis insgesamt war eine perfekte Gegenüberstellung, um diese beiden unterschiedlichen Denkrichtungen in der Kunstwelt zu verdeutlichen.

 



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