„Es gibt eine Verantwortlichkeit des Künstlers“

Titelbild
(Mit freundlicher Genehmigung von Leonard Sheil)
Von 26. Juli 2009

Ein Alptraum aus Rot und Gewalt. Auf drei großformatigen Keilrahmen bietet sich dem Betrachter ein massives Panorama der Brutalität, wie sie sich 1989 in China auf dem Platz des Himmlischen Friedens den Weg brach und dessen Essenz nicht besser malerisch hätte umgesetzt werden können.

Der mittlere Rahmen, auf Hochglanz poliert erinnert in seiner Machart an die rote Lackierung chinesischer Möbel im Altertum. Die symmetrisch angeordneten Löcher darauf wecken in Verbindung mit dem Titel spontan Erinnerungen an Dum Dum Geschosse, die auf die protestierenden Studenten abgefeuert worden waren. Die äußeren beiden Rahmen erinnern an Haufen zerfetzten und verbrannten Fleisches.

„Requiem for Tian An Men“ des irischen Künstlers Leonard Sheil ist kein bequemes Gemälde. Es ist vielmehr ein Aufschrei über eines der grausamsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit der jüngeren Geschichte Chinas.

Zum 20. Jahrestag des Massakers suchte der Künstler einen besonderen Ausstellungsort und fand ihn in „Turn Berlin“, der Galerie von Jan Hughes und Brian Hackney, in den Josetti-Höfen in Berlin Mitte. Dass sich die Galerie in direkter Nachbarschaft zur chinesischen Botschaft befindet, erfuhr Sheil erst im Nachhinein. Kein Ort in Berlin könnte passender sein, denn gerade hier finden regelmäßig Proteste gegen die Menschenrechtsverletzungen der Kommunistischen Partei Chinas statt.

Der in Dublin geborene Sheil ging 1986 für ein akademisches Jahr nach China, zu einer Zeit als die Öffnung dort gerade eingesetzt hatte und die westliche Wahrnehmung Chinas auf einem Tiefpunkt stand. Er erinnert sich, dass er seine Ankunft in Peking als erdrückenden Kulturschock erlebte, ein Labyrinth aus Hochhäuserschluchten in dem er ohne Sprache und Schrift zu verstehen, zurechtkommen musste.

Später wird er in Protestaktionen und Versammlungen seiner chinesischen Kommilitonen des Sprachinstituts und der Kunstakademie in Peking involviert, nicht ahnend, dass dies die ersten Vorboten der großen studentischen Protestbewegung sein würden.

Auch vor und nach der gewalttätigen Niederschlagung auf dem Platz des Himmlischen Friedens versuchte Sheil den Kontakt zu seinen chinesischen Freunden zu halten, was schwierig war, da damals viel weniger Kommunikationsmedien zur Verfügung standen als heute.

Bis heute, sagt er, beschäftige ihn die Frage, wie viele Leute, die er kannte, wohl unter den Opfern des Massakers waren.

Sein Bild begann er erst 12 Jahre nach seiner Reise zu malen, die Arbeit daran sollte ihn vier Jahre lang begleiten.

„Ich denke die Proteste auf dem Platz gaben mir den Anstoß zu beginnen“, so Sheil zur Epochtimes. „Jedoch hatte ich ursprünglich nicht die Intention eine politische Arbeit zu malen. Es entwickelte sich über die Zeit und je mehr Informationen über jene, die ihr Leben auf dem Tian An Men verloren hatten, verfügbar wurden, desto mehr musste ich meine Impressionen von China auf Elemente reduzieren, anstatt mit einer Reihe von Bildern zu arbeiten, die man als figürlich und illustrativ bezeichnen könnte. Ich musste von den anekdotenhaften Einzelberichten wegkommen.“

„Ich erinnere mich deutlich, wie ich vor diesen riesigen roten Mauern außerhalb des Kaiserpalastes stand. Diese Mauern sprachen und die Roten von China schienen sich in alle Bereiche hinein zu drängen.“ Auf die Frage, worin die Verantwortlichkeit des Künstlers liege bei derartigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, antwortet Sheil: „Mit den Möglichkeiten eines Künstlers gibt es in gewisser Weise eine Verantwortlichkeit des Künstlers, jedoch sollte sich niemand dazu gezwungen fühlen etwas zu tun. Es ist wirklich eine Frage des Gewissens.“

„Nach meiner Rückkehr blieb ich stets an China interessiert, so wie es viele heutzutage sein mögen. Ich muss zugeben, das ich nichts über China wusste, als ich dorthin ging und wenn ich gelesen hätte, was ich später las, wäre es wahrscheinlich auch anders verlaufen. Jetzt ist es ein Phänomen und entwickelt sich mit rasanter Geschwindigkeit als eine neue Weltmacht.“

„Gleichwohl bin ich sehr traurig darüber, dass es in China eine Generation gibt, die immer noch unwissend ist bezüglich der Proteste von 1989. Die Möglichkeit Chinas, alles der KPC Unliebsame abzublocken, mit Firewalls zu bekämpfen und unter den Teppich zu kehren, ist ein gegenwärtiges Verbrechen. Viele Länder, inklusive mein eigenes, treiben Handel mit China und üben sehr wenig Kritik wegen ihrer jüngsten Verbrechen. Das ist ebenfalls unverantwortlich. Der verstorbene Norman Mailer antwortete auf die Frage, was er am meisten fürchte: „China (erneut) auf dem Vormarsch!“

Leonard Sheils „Requiem for Tiananmen“ kann noch bis zum 05.08.09 in der Galerie „turn-berlin“ in den Josetti-Höfen in Berlin Mitte, Rungestr. 22-24, S-Bahnstation Jannowitzbrücke oder U-Bahn Station Heinrich Heine Straße betrachtet werden.

Information zur Ausstellung unter: http://turn-berlin.de/Public-Platform/

Informationen über Leonard Sheil: http://www.leonardsheil.com/Leonard_Sheil/home_page_.html

 

(Mit freundlicher Genehmigung von Leonard Sheil) 
(Mit freundlicher Genehmigung von Leonard Sheil)


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