Am Brunnen vor dem Tore – Von Wilhelm Müller

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber

Und seine Zweige rauschten, als riefen sie mir zu: Komm her zu mir, Geselle, hier find'st du deine Ruh!Foto: iStock

Von Wilhelm Müller / Deutscher Dichter22. August 2020

Am Brunnen vor dem Tore

Am Brunnen vor dem Tore da steht ein Lindenbaum,

ich träumt in seinem Schatten so manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde so manches liebe Wort.
Es zog in Freud und Leide zu ihm mich immerfort,
zu ihm mich immerfort.

Ich mußt‘ auch heute wandern vorbei in tiefer Nacht,
da hab‘ ich noch im Dunkeln die Augen zugemacht.
Und seine Zweige rauschten, als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle, hier find’st du deine Ruh!

Die kalten Winde bliesen mir grad ins Angesicht,
der Hut flog mir vom Kopfe, ich wendete mich nicht.
Nun bin ich manche Stunde entfernt von jenem Ort,
und immer hör ich’s rauschen: du fändest Ruhe dort.

Aus „Die Winterreise“ von Wihelm Müller (1794 – 1827)

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Liederzyklus: Die Winterreise, vertont von Franz Schubert (1797-1828)

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