Polnischer Regisseur Andrzej Wajda gestorben – Polens Oscar-Kandidat für den besten fremdsprachigen Film

Die komplizierte, dramatische Geschichte seiner polnischen Heimat prägte immer wieder Wajdas Werk. Sein Klassiker „Der Mann aus Marmor“ aus dem Jahr 1977 war eine schonungslose Kritik am stalinistischen System in Polen.
Titelbild
Andrzej Wajda ist tot.Foto: Jörg Carstensen/dpa
Epoch Times10. Oktober 2016
Der Altmeister des polnischen Kinos, Andrzej Wajda, ist tot. Er starb im Alter von 90 Jahren. Der Theater- und Filmregisseur hatte bis zuletzt gedreht – vor wenigen Monaten erst waren die Arbeiten an seinem jüngsten Werk „Powidoki“ (Nachbilder) beendet worden.

Der an der Biografie des Avantgarde-Künstlers Wladyslaw Strzeminski (1893-1952) inspirierte Streifen ist Polens Oscar-Kandidat für den besten fremdsprachigen Film.

Der in Suwalki in Nordostpolen geborene Wajda hatte an der Filmschule in Lodz studiert. Bereits seine ersten Filme – „Eine Generation“ (1955), „Der Kanal“ (1957) und „Asche und Diamant“ (1958) gelten bis heute als Meisterwerke und Klassiker der „polnischen Filmschule“. In diesen Filmen setzte sich der Regisseur, der selbst am Widerstand gegen die deutsche Besatzung teilgenommen hatte, mit der Kriegszeit und der Machtübernahme durch die Kommunisten nach 1945 auseinander.

Die komplizierte, dramatische Geschichte seiner polnischen Heimat prägte immer wieder Wajdas Werk. Sein Klassiker „Der Mann aus Marmor“ aus dem Jahr 1977 war eine schonungslose Kritik am stalinistischen System in Polen. „Der Mann aus Eisen“ arbeitete 1981 die Geschichte der Streiks an der polnischen Ostseeküste und das Ringen um freie Gewerkschaften auf. Abschluss der „Danziger Trilogie“ war vor drei Jahren die Filmbiografie „Walesa. Mann der Hoffnung“.

Wajda porträtierte Janusz Korczak, den Schriftsteller und Pädagogen, der mit seinen Schützlingen des Waisenhauses im Warschauer Ghetto im deutschen Vernichtungslager Treblinka ermordet wurde. Mit „Das Massaker von Katyn“ (2007) setzte Wajda tausenden polnischen Offizieren, die 1940 vom sowjetischen Geheimdienst erschossen worden waren, ein Denkmal. Es war auch die filmische Aufarbeitung eines ganz persönlichen Traumas: Unter den Opfern des Massakers befand sich auch Wajdas Vater, ein Kavallerieoffizier.

Manche Kritiker warfen Wajda vor, er sei bis zum Ende des Kommunismus im Jahr 1989 zu viele Kompromisse mit den Kommunisten eingegangen. „Ich war die Stimme der Nation, die nicht frei sprechen konnte“, konterte dagegen der Regisseur. Ohne seine Filme hätte es 1980 die Freiheitsbewegung „Solidarnosc“ nicht gegeben.

Der vier Mal verheiratete Regisseur, der auch einen vorübergehenden Ausflug in die Politik machte und zwei Jahre lang als Senator für die Solidarnosc-Bewegung in der zweiten Kammer des polnischen Parlaments saß, wurde im Jahr 2000 für sein Lebenswerk mit dem Oscar ausgezeichnet. Im Jahr 2006 würdigte ihn die Berlinale mit dem Goldenen Ehren-Bären.

(dpa)


Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion