Freie Universität Berlin will kein Containerdorf auf dem Campus

Inmitten des noblen Berliner Bezirks Dahlem soll ein brachliegendes Grundstück der Freien Universität Berlin (FU) zu einem neuen Zuhause für 260 Flüchtlinge werden. Doch die FU wehrt sich gegen das Vorhaben des Berliner Senats.
Die Freie Universität Berlin hat dem mutmaßlichen Angreifer Hausverbot erteilt.
Kein Platz für Flüchtlinge? Freie Universität BerlinFoto: Monika Skolimowska/dpa
Von 24. April 2024

Im Jahr 2024 wurden in Deutschland bis Ende März rund 71.100 Asylanträge gestellt, im gesamten Jahr 2023 waren es 351.915. Bei diesen Asylanträgen sind die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nicht enthalten, denn die müssen in Deutschland und in anderen EU-Ländern kein reguläres Asylverfahren durchlaufen.

Bis Ende Dezember 2023 wurden in Deutschland etwa 1,1 Millionen Menschen aus der Ukraine gezählt; die genaue Zahl dazu ist nicht verfügbar, da sie eventuell weitergereist oder zurückgegangen sein können. Fakt ist, viele Kommunen sind von der Zahl der Flüchtlinge, die sie unterbringen müssen, überfordert.

Villenviertel mit Flüchtlingscontainern

Berlins Flüchtlingskoordinator Albrecht Broemme ist dabei, alle freien Möglichkeiten und Flächen zu prüfen. 16 Containerdörfer für Flüchtlinge sollen in Berlin errichtet werden. Eines davon soll im noblen Villenbezirk Berlin-Dahlem entstehen – auf dem Gelände der Freien Universität.

Das Areal an der Thielallee 63, das derzeit noch als Parkplatz der FU dient, soll laut den Plänen des Senats bald die Heimat für eine beträchtliche Anzahl von Flüchtlingen bieten. Geplant ist auf der 4.000 bis 5.000 Quadratmeter großen Fläche ein Containerdorf mit Platz für 260 Flüchtlinge. Der Widerstand gegen dieses Vorhaben ist stark, nicht nur vonseiten der Bevölkerung der noblen Gegend, sondern besonders innerhalb der Universität selbst.

Wie die „BZ“ schreibt, sei FU-Präsident Günter Ziegler „stinksauer“, denn er habe von der Senatsidee aus der Zeitung erfahren: „Die Hochschulleitung hat dieser Maßnahme nicht zugestimmt, noch wurden wir bisher hierzu befragt“, so der Unipräsident. FU-Kanzlerin Andrea Güttner entgegnete in einer Antwort an Flüchtlingskoordinator Albrecht Broemme: „Eine auch befristete Unterbringung von Flüchtlingen ist für die Fläche nicht möglich.“

Die FU sei grundsätzlich bereit, geflüchtete Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. Wie es im Winter 2014 und 2015 unbürokratisch geschehen ist, als 200 Erwachsene und Kinder mit der Sporthalle der FU ein Dach über den Kopf bekamen, da kurzfristige Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen gefragt war.

Schon zuvor, als man 2023 dem Senat Bereitschaft für eine kurzfristige Nutzung des Parkplatzes signalisiert habe, wurde seitens der FU darauf verwiesen, dass die Fläche nach 2023 für eigene Baumaßnahmen dringend benötigt werde.  

FU-Rektor: Kein Platz für Flüchtlinge

Andere Flächen für Flüchtlinge könne die FU nicht anbieten; die Universität habe hohen Sanierungsbedarf und plane umfangreiche Baumaßnahmen. Viel geeigneter sei ein anderer Standort, der weiter entfernt sei von der FU in der Thielallee. Es handele sich um das Gebäude der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, das seit einiger Zeit leer stehe und bis 2017 bereits für die Unterbringung von Geflüchteten genutzt wurde.

Flüchtlingskoordinator Broemme räumt dazu ein: „Wir wollen keine Erweiterung der FU blockieren, doch solange das Grundstück brachliegt, können dort doch Flüchtlinge untergebracht werden.“ In der nächsten Woche entstehe dort ohnehin kein Containerdorf, „sondern wenn, in naher Zukunft“, so Broemme. Zumal noch eine Prüfung ausstehe, ob es Bedenken im Hinblick auf Naturschutz gebe oder nicht.  

Um Naturschutz geht es auch offiziell im rot-grünen Berliner Bezirk Pankow, wo in der Nähe des Schlosses Niederschönhausen gleich beim Schlosspark inmitten gutbürgerlicher Altbauten ein Asylheim mit 400 Plätzen entstehen soll. Hier wehren sich die Anwohner der „gutbürgerlichen“ Gegend, wie die Zeitung „Welt“ schreibt, aus Sorge um „Bäume und Grünflächen“, die beim Neubau des Flüchtlingsheims verschwinden würden.

„… wenn es einen selbst betrifft“

Berlins Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe findet, dass die Berliner noch enger zusammenrücken müssen, da Unterkünfte und Wohnungen für Geflüchtete gebraucht werden. Vielfach versuchten rassistische Akteure, „die Sorgen von Anwohnerinnen und Anwohnern zu instrumentalisieren“, sagt die SPD-Politikerin gegenüber der „Berliner Zeitung“. 

Das sei in Berlin dank seiner antifaschistischen Tradition selten erfolgreich. Doch auch „jenseits einer ausgrenzenden Politik protestieren Bewohnerinnen und Bewohner aus Gründen des Klima- oder Naturschutzes gegen den Bau neuer Unterkünfte“. Für die Integrationssenatorin gehe dabei eines nicht: „Für offene Grenzen und die Aufnahme von Geflüchteten auf die Straße zu gehen und dann, wenn es einen selbst betrifft, laut zu schreien und zu protestieren.“ Gemeinhin werde heute von „Nimbys“ – not in my backyard –, also: nicht in meinem Hinterhof, gesprochen.

Die meisten der aktuell geplanten 16 Flüchtlingsunterkünfte der Hauptstadt sind auf Grundstücken geplant, die kein Bauland darstellen oder auf Parkplätzen. Neun Unterkünfte sollen im Ostteil Berlins entstehen. Drei der 16 sind im rot-grünen Pankow geplant. Das ist die höchste Anzahl pro Stadtbezirk. Pankow wurden bereits jetzt fast 15 Prozent aller hauptstädtischen Flüchtlinge zugewiesen. Zu den aktuell etwa 5.000 geflüchteten Menschen, die hier leben, sollen noch einmal bis zu 1.400 hinzukommen. Nur die Bezirke Marzahn-Hellersdorf, Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg sollen vorerst keine neuen Containerdörfer bekommen. 

16 Containerdörfer werden nicht reichen

Um das Containerdorf im Nobelbezirk Dahlem auf dem bislang ungenutzten Parkplatz der Freien Universität zu verhindern, hat die CDU des Bezirks Steglitz-Zehlendorf am letzten Wochenende Flugblätter an die Anwohner verteilt. Darin heißt es, dass eine menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen wichtig, das FU-Gelände aber dafür nicht geeignet sei. Zudem seien die Anwohner nicht angehört worden. 

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat bereits angekündigt, dass die 16 Containerdörfer nicht reichen und noch weitere hinzukommen werden.

 



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