Handyverbot beim Essen, beim Gehen – und für ledige Frauen: Ein Kulturvergleich

Das Handy ist für viele – ob groß oder klein – ein ständiger Begleiter geworden. Die Nutzung einschränken? Nicht immer einfach. Weltweit gibt es die ungewöhnlichsten Maßnahmen, um Menschen vom Handy fernzuhalten – wenn auch mit unterschiedlichen Motivationen. Eine kleine Weltreise.
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Manche Menschen schalten sich regelmäßig ganz bewusst „offline“.Foto: iStock
Von 10. April 2023

„Handyfreie Zone“: Gleich drei Schilder an der Tür zum Hort des Albert-Einstein-Gymnasiums in Magdeburg weisen auf die seit Februar eingeführte Regel hin. Nach dem Unterricht Videos schauen, Fotos liken oder Nachrichten verschicken – das war einmal. Für die Schüler hier bleibt das Smartphone auch nach Schulschluss ausgeschaltet in der Tasche.

Als klar wurde, dass die eingeschränkte Handynutzung von maximal 20 Minuten nicht funktionierte, hat die Hortleitung ein generelles Handyverbot für alle dort betreuten Kinder festgelegt.

Selbstkontrolle oder Fremdverbot?

Diskussionen über Handyverbote flammen derzeit wieder auf. Nicht nur in Deutschland und nicht ausschließlich an Schulen. Kritisiert werde unter anderem, dass unter ständiger Handynutzung die zwischenmenschliche Kommunikation leide.

Übermäßiger Medienkonsum könne laut verschiedenen Studien außerdem zu psychosozialen Problemen führen – von erhöhtem Stresslevel bis zu Schlafstörungen und Depressionen. Auch in Bezug auf die Leistungs- sowie Konzentrationsfähigkeit gebe es Bedenken. Im Straßenverkehr oder in manchen Berufen geht es auch um die Frage der Sicherheit.

Reichen hier der gesunde Menschenverstand und die Selbstkontrolle oder muss gleich ein Handyverbot unter bestimmten Umständen verhängt werden? Die Diskussion ist kontrovers. Manche Menschen schalten sich regelmäßig ganz bewusst „offline“ nach dem Motto des „digital Detox“. Andere sehen keine andere Möglichkeit, als ein Verbotsschild aufzuhängen. Weltweit gibt es hierfür die ungewöhnlichsten Beispiele.

Japans „ungeduldige“ Ramen

In einem Ramen-Restaurant in Tokio, Japan, dürfen Kunden seit März während des Essens keine Handys mehr benutzen. Damit will der Restaurantbesitzer Kota Kai die Qualität seines berühmten Gerichts bewahren und die Sitzdauer zu Stoßzeiten verkürzen.

Kai serviert nämlich Hakata-Ramen, ein „Essen für ungeduldige Menschen“, erklärte er gegenüber „CNN“. Die dünnen Nudeln sind nur einen Millimeter breit. Liegen sie zu lange in der Brühe – etwa, weil Kunden Videos auf ihren Handys anschauen –, führe es unvermeidlich zu einer „schlechten Mahlzeit“.

Für Kai seien Ramen auch „eine Form von Unterhaltung“. Und diese beinhalte ebenfalls gewisse Regeln. Auf Schilder, die Kunden über das Handyverbot informieren, hat der Restaurantbetreiber jedoch verzichtet. Stattdessen spricht er die Kunden einzeln an.

Ramen. Symbolbild. Foto: iStock

Eingeschränkte Handynutzung gibt es allerdings nicht nur beim Essen. In Adachi, einem Stadtbezirk von Tokio, ist es verboten, das Handy beim Gehen oder Radfahren zu benutzen. Eine Verordnung hierfür wurde im Jahr 2021 erlassen.

Gleichzeitig gehen und telefonieren verboten

Eine ähnliche Regelung setzte ein amerikanisches Unternehmen im Jahr 2018 durch. Schnell einen Anruf zu Ende führen oder eine Textnachricht abschicken, während man sich einen Kaffee in der Küche holt oder auf dem Weg zur Toilette ist – das ist beim Automobilkonzern General Motors (GM) nicht erlaubt.

Diese Regeln sind in Lagern und Produktionsstätten nichts Ungewöhnliches. Das Unternehmen hat die Einschränkung allerdings auch für Büromitarbeiter ausgeweitet.

„Wir haben die Mitarbeiter gebeten, beim Gehen keine SMS zu schreiben oder zu telefonieren, weil dies die Aufmerksamkeit gegenüber potenziellen Gefahren mindert“, zitierte das Magazin „Fast Company“ Jim Glynn, GM-Vizepräsident für globale Sicherheit am Arbeitsplatz.

Das stille Tal der Handylosen

Während viele Menschen sich noch daran gewöhnen müssen, hier und da auf das Smartphone zu verzichten, ist ein Leben ohne Handy und ohne WLAN in Green Bank ganz „normal“. Seit 1958 gibt es hier keinen Handyempfang.

Das kleine Örtchen im US-Bundesstaat West Virginia hat rund 140 Einwohner und gehört zu der insgesamt 34.000 Quadratkilometer großen „National Radio Quiet Zone“. Die US-Regierung schützt diesen Ort vor jeglichen Störsignalen, um die Forschung des dort stationierten Radioteleskops zu gewährleisten. Hier werden die aus dem Weltall kommenden Radiofrequenzen empfangen und gemessen.

Heute ist Green Bank ein beliebter Rückzugsort für Menschen, die dem Elektrosmog für eine Zeit lang entkommen wollen. In etwa vier Autostunden gelangt man von Washington, D.C. ins Tal der Handylosen. Zum Telefonieren benutzen die Einheimischen das Festnetztelefon. Kabellose Netzwerke sind hier illegal.

Das Radioteleskop in Green Bank, West Virginia, USA. Foto: iStock

Kein Handy für unverheiratete Frauen

Ganz anders sieht es mit dem Handyverbot in einem Dorf in Gujarat, dem westlichsten Bundesstaat Indiens, aus. Hier sind der Besitz und das Tragen eines Mobiltelefons für unverheiratete Frauen und Mädchen verboten.

„Wozu brauchen Mädchen ein Handy? Das Internet ist für Menschen in der Mittelschicht wie uns eine Verschwendung von Zeit und Geld“, sagte Dorfführer Devshi Vankar gegenüber der „Hindustan Times“. Junge Frauen sollten seiner Meinung nach ihre Zeit besser fürs Studium und andere Arbeiten nutzen.

Frauen, die mit einem Handy erwischt werden, müssen eine Geldstrafe von umgerechnet rund 24 Euro bezahlen. Personen, die den Verstoß melden, erhalten hingegen eine Belohnung von etwa 2,30 Euro. Zum Vergleich, ein durchschnittlicher Bauer verdient in der Region rund 40 Euro im Monat.

Das Handyverbot für unverheiratete Frauen gilt bereits seit 2016. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Wenn ein Verwandter mit einem Mädchen sprechen möchte, dürfen die Eltern ihr Handy für das Gespräch weiterreichen.

So drastisch sieht die Situation am Magdeburger Gymnasium gewiss nicht aus. Das Handyverbot wird von den Schülern sogar „sehr gut angenommen“, erklärte der pädagogische Mitarbeiter Ralf Meyfarth gegenüber dem regionalen Nachrichtenportal „Volksstimme“. Statt Bildschirmzeit gibt es nun mehr sportliche Aktivitäten und gemeinsame Spiele.



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