MDR-Intendantin Karola Wille und ihr schweres Erbe für den Nachfolger

Der MDR sucht eine Nachfolge für Intendantin Karola Wille. Sie hinterlässt ihrem Nachfolger ein sehr schweres Erbe. Medien spekulieren sogar über die Senderpleite.
Karola Wille, Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), diskutiert bei einer Konferenz in Leipzig in einem Panel.
Karola Wille, Intendantin des „Mitteldeutschen Rundfunks“ (MDR), diskutiert bei einer Konferenz in Leipzig in einem Panel.Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Von 20. Januar 2023

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Im Herbst wird es einen Führungswechsel beim „Mitteldeutschen Rundfunk“ (MDR) geben. Schon im November gab Intendantin Karola Wille dem MDR-Rundfunkrat bekannt, dass sie sich nicht noch einmal für eine dritte Amtszeit bewerben wird. Ihr Vertrag wird somit am 31. Oktober auslaufen.

Ein Nachfolger steht auch schon in den Startlöchern: Wie der MDR mitteilte, beschloss der Verwaltungsrat in seiner Sitzung am 13. Januar einstimmig, dem MDR-Rundfunkrat Ralf Ludwig als neuen Intendanten vorzuschlagen. Der MDR-Rundfunkrat muss nun bis Ende April in einer Wahl darüber abstimmen.

Verwaltungsdirektor soll Nachfolger werden

„Nach einem intensiven Auswahlverfahren ist der MDR-Verwaltungsrat überzeugt davon, mit Ralf Ludwig den richtigen Kandidaten für die künftige Führung des Mitteldeutschen Rundfunks ab November 2023 gefunden zu haben“, teilte die Vorsitzende des Verwaltungsrates, Birgit Diezel, nach der Sitzung mit. Ludwig verfüge über exzellente medienpolitische Kenntnisse und insbesondere durch seine Tätigkeit als MDR-Verwaltungsdirektor über eine langjährige Führungs- und Managementerfahrung mit hoher Budgetverantwortung im MDR. Hinzu komme sein damit verbundenes fundiertes Fachwissen und seine nachweisliche Erfahrung in Strukturen und Prozessen der ARD. Ludwig ist seit 1999 beim MDR, seit 2015 Verwaltungsdirektor des Senders.

In einer Presseinformation des MDR von November 2022 blickt Intendantin Wille positiv auf die elf Jahre ihrer Tätigkeit zurück. Der Sender sei gut aufgestellt, um „als politisch und wirtschaftlich unabhängiges Medienhaus heute und in Zukunft ein verlässlicher medialer Anker für die Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu sein“.

Kosten beim MDR explodieren

Völlig anders klingt es in einem Bericht der „Bild“ vom letzten Mittwoch: „Erster ARD-Sender 2025 pleite?“, fragt das Blatt im Hinblick auf den MDR. Der Bericht beruft sich dabei auf die Landesrechnungshöfe in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Auf 36 Seiten hätten diese einen Prüfbericht aus den Jahren 2016 bis 2020 erstellt, die einen wenig schmeichelhaften Blick auf Intendantin Wille, aber auch ihren designierten Nachfolger Ludwig wirft.

Bis Ende 2024 rechne der Sender mit einem Defizit von 141 Millionen Euro. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Sender in der Lage, das Minus durch Rücklagen auszugleichen. Danach seien diese aber „aufgebraucht“ und dann wird es für den Sender eng.

Als Hauptproblem des Senders machen die Rechnungshöfe die Personalpolitik des MDR aus. So würden die Kosten der Altersversorgung der MDR-Mitarbeiter explodieren. Lagen diese 2016 noch bei 2,1 Millionen Euro, waren sie 2019 schon auf 52,3 Millionen Euro gestiegen. Und es geht auch nach 2019 bis heute und zukünftig weiter nach oben. So schreibt die „Bild“ mit Berufung auf den Prüfbericht, dass die im Herbst ausscheidende Intendantin 4,6 Millionen Euro erhalten soll.

Gegenwärtig unternimmt der MDR offenbar nichts, um in der fatalen Personalpolitik umzusteuern. Ein „ausreichender Stellenabbau“ sei „nicht erkennbar“, rügen die Rechnungshöfe. Im Jahr 2020 verließen von 2.063 Mitarbeitern gerade einmal neun Mitarbeiter den MDR. Die meisten gingen aus Altersgründen. Bis 2024 sollen lediglich 16 weitere Mitarbeiter den Sender verlassen.

Privatsender als „medienkapitalistische Heuschrecken“ brandmarken

Geräuschlos liefen die zwei Amtsperioden von Karola Wille nicht ab. 2019 wurde die ARD von einem Skandal erschüttert, an dem die Intendantin maßgeblich beteiligt war. Damals wurde ein 2017 verfasstes internes ARD-Dokument der Sprach- und Kognitionswissenschaftlerin Elisabeth Wehling öffentlich. In der 89 Seiten starken Anweisung wurden ARD-Mitarbeiter professionell und minutiös angeleitet, wie man künftig die Öffentlichkeit besser für die eigenen Senderinteressen beeinflussen könne.

Der Titel lautete „Framing Manual“ und beinhaltete alle Techniken moderner Sprachmanipulation: Von der Vernebelung von Begriffen (Rundfunkgebühren sollen künftig „Rundfunkkapital der Bürger“ oder „Rundfunkbeteiligung“ genannt werden), über die PR in eigener Sache (man solle vom „Fernsehen ohne Profitzensur“ sprechen) bis zu Diffamierungen von Kritikern (ihnen solle man nachsagen, sie würden Deutschland „ausdörren“) und Konkurrenten (private Sender sollen als „profitwirtschaftliche Anbieter“, wahlweise aber auch als „Kommerzmedien“ oder „medienkapitalistische Heuschrecken“ gebrandmarkt werden). Im Ratgeber wird empfohlen, „moralisch“ zu argumentieren und Stimmungen zu entfesseln. Wörtlich heißt es: „Wir weisen Sie auf Begriffe hin, die Sie umgehend aus dem Sprachgebrauch der ARD streichen sollten und zeigen Alternativen auf.“

ARD ging auf Distanz

Vom Januar 2016 bis Dezember 2017 war Karola Wille Vorsitzende der ARD. Als das Papier 2019 öffentlich wurde, sorgte es für Entsetzen beim Publikum, aber auch in der Politik. Nach einem damaligen Bericht des Fernsehsenders n-tv soll es damals vor allem in den Staatskanzleien Düsseldorf und München gegärt haben. Beide sind für die in der ARD mächtigen Sender WDR und BR wichtig. Eine Menge „unangenehme Telefonate“ sollen geführt worden sein. Der damalige ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm, bis 2021 Intendant des BR und bis 2010 Pressesprecher der Bundesregierung unter Angela Merkel, reagierte. ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab veröffentlichte damals eine Stellungnahme: „Vor etwa zwei Jahren hatte die damalige ARD-Geschäftsführung unter Vorsitz des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) die Sprachforscherin Dr. Elisabeth Wehling gebeten, ihre wissenschaftliche Sicht einzubringen.“ Die Botschaft der ARD war deutlich: Wilhelm habe dieses Papier nicht zu verantworten. Die Schuld trifft Karola Wille. Plötzlich war auch wieder ihre DDR-Vergangenheit Gegenstand der Berichterstattung.

In der DDR den „Klassenfeind“ fest im Blick

Schon vor ihrer Wahl 2011 hatte beispielsweise die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) unter der Überschrift „Frau aus dem Osten mit Vergangenheit“ auf ihre Karriere in der DDR hingewiesen.

Kaum volljährig, trat sie damals 18-jährig in die SED ein. „Aus Überzeugung“, wie sie selber zugibt. Damit stand die jetzige MDR-Intendantin nicht alleine. Die Linientreue sicherte ihr ein Jurastudium in Jena, was Wille 1986 mit einer Promotion abschloss. Das Thema ihrer Doktorarbeit war Ausländerkriminalität im sozialistischen Staat. „Die Vorzüge des Sozialismus sind auch im internationalen Rahmen umfassend zur Geltung zu bringen.“ Es gebe „eine historische Mission der Arbeiterklasse.“, so konnte man bei Wille lesen.

Sie wechselte von Jena nach Leipzig und publizierte fortan am „Institut für internationale Studien“. Dieses Institut hatte den „Klassenfeind“ fest im Blick. Wille veröffentlichte Aufsätze mit verschiedenen Co-Autoren in der DDR-Fachzeitschrift „Neue Justiz“ unter der Rubrik „Staat und Recht im Imperialismus“. Ende 1986 verfasste sie gemeinsam mit einem Co-Autor, den die Hauptverwaltung Aufklärung des DDR-Geheimdienstes als Offizier im besonderen Einsatz (OibE) führte, die Zusammenfassung einer „Internationalen Konferenz zu aktuellen Fragen des Revanchismus in der BRD“.

Dort kann man in der Einleitung lesen: „Im politischen und ideologischen Arsenal der aggressivsten und reaktionärsten Kräfte des Monopolkapitals nimmt der Revanchismus einen gewichtigen Platz ein. Er ist ein wesentlicher Faktor in der Strategie des Imperialismus, eine generelle Wende in der Entwicklung des internationalen Kräfteverhältnisses herbeizuführen. Seit dem Herbst 1982 wurde die Ideologie und Politik des Revanchismus durch die herrschenden Kräfte der BRD erheblich verstärkt.“

Nicht alle Repräsentanten „argumentierten so primitiv“

Karola Wille bestätigte in der Vergangenheit immer wieder, Verfasser dieser Texte zu sein. Erklärungen gab es aber erst, als im Rahmen ihrer Kandidatur ihre Vergangenheit öffentlich diskutiert wurde. Der inzwischen emeritierte Politikwissenschaftler Eckhard Jesse von der TU Chemnitz sagte damals gegenüber der FAZ, dass die Wahl Willes ein falsches Signal sei. Er verwies darauf, dass „in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre längst nicht alle Repräsentanten des wissenschaftlichen Kommunismus beziehungsweise des Marxismus-Leninismus so primitiv argumentiert [hätten], wie es Frau Wille getan hat“.

MDR immer wieder skandalgeschüttelt

Trotz ihrer Vergangenheit wurde Karola Wille am Ende Intendantin beim MDR. Der Sender hatte auch damals mit erheblichen Skandalen zu kämpfen. So musste sich im vergangenen Jahr beispielsweise der ehemalige MDR-Unterhaltungschef Udo Foht wegen Betrugs, Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten. Vor mehr als zehn Jahren war bekannt geworden, dass Foht sich immer wieder Geld bei Bekannten geliehen hatte. Die Summen wurden damals durch höhere Rechnungen an den MDR abgegolten oder gar nicht zurückgezahlt. Zudem soll Foht den Geschädigten künftige TV-Produktionen in Aussicht gestellt haben. Foht hatte im September ein Geständnis abgelegt; Wille versprach Aufklärung und Transparenz. Laut FAZ äußerten schon damals Leute im Sender Zweifel, dass Karola Wille als Intendantin in der Lage sein wird, die Kontrollmechanismen im Sender, an denen sie teilhatte und die ganz offenbar versagt haben, auf Vordermann zu bringen.

Ob der designierte Nachfolger Ralf Ludwig in der Lage sein wird, nun die Hinterlassenschaft Willes erfolgreich zu bewältigen, bleibt abzuwarten. Viel Zeit hat er nicht. Als Verwaltungsdirektor ist auch er Teil des „Systems MDR“. Das dürfte seinen Handlungsspielraum erheblich einschränken. Es ist jedenfalls ein schwieriges Erbe, das Ludwig im Herbst antreten möchte.



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