Pferde: Wie die Arbeit mit Tieren das Selbstbewusstsein stärken kann

Wenn der Beruf zur Berufung wird, stört es auch nicht, wenn man im Mist steht. Pferde haben eine besondere Anziehungskraft. Warum das so ist und junge Menschen in ein Freiwilliges Ökologisches Jahr zieht, erklärt Sophia Roffeis-Felgentreu vom Pferdezucht- und Pensionsbetrieb Goldbeck Pferde.
Francesca von Goldbeck Pferde
Francesca hält den Wallach am kleinen Finger.Foto: Epoch Times
Von 1. April 2023

Wenige Meter eines engen Pflastersteinweges, der noch dazu starke Unebenheiten aufweist, trennen mich von Francesca. Francesca ist eine 19 Jahre junge Frau, die seit sechs Monaten ein Praktikum im Pferdezucht- und Pensionsbetrieb Goldbeck Pferde im Land Brandenburg macht.

Das Auto vor dem Anwesen parkend, versuche ich mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal ins Grüne hinausgefahren bin. Aber die Erinnerungen verschwimmen, denn meinen Augen eröffnet sich ein breiter Horizont mit weiten begrünten Flächen und sanften Hügeln. Die Sonne strahlt frühlingshaft.

Am weitläufigen Pferdehof gibt es zwei große Pforteneingänge und ich entscheide mich für den falschen. Wenige Momente später bringt mir das den verdutzten und neugierigen Blick einer eleganten Stute ein. Nachdem ich ein von Efeu begrüntes Backsteinhaus passiert habe, sehe ich Francesca. Sie steht dort selbstbewusst, Freude ausstrahlend und die Ruhe in Person. An ihrer Seite ein großer, dunkelbrauner Wallach, den sie an einem einfachen Seil hält. Alles wirkt sehr unspektakulär und authentisch.

Ihre Großmutter erzählte mir, dass sie Francesca ermutigt habe, nach dem Abitur an einem Praktikum im Rahmen eines freiwilligen ökologischen Jahres auf einem Pferdehof teilzunehmen. Pferden ganz nahe zu sein, war schon immer Francescas Wunsch. Deshalb bin ich heute hier.

Francescas eigene Erfahrungen rund um die Arbeit mit den Pferden und ihre positive Persönlichkeitsentwicklung von einem eher schüchternen Mädchen zu einer selbstbewussten jungen Frau stimmen mit den Forschungsergebnissen zahlreicher wissenschaftlicher Studien überein, welche die positiven Wirkungen der pferdegestützten Therapie auf den Menschen untersucht haben.

Auf die Frage, wie sie sich das erklärt, warum die Arbeit mit den Pferden einen selbstbewusster machen kann, antwortet sie: „Dass es hilft, mit Pferden zu arbeiten, kann ich mir dadurch erklären, weil man selbstbewusst sein muss. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Als ich hierherkam, war ich sehr unsicher und fürchtete, dass irgendwas passieren könnte. Und jetzt kann ich ihn [den Wallach] am kleinen Finger mitnehmen. Hier lernt man auch eigenständig zu arbeiten. Den Stall muss man auch mal alleine fertig machen und das in einer vorgegebenen Zeit. Es hilft wirklich sehr. Und Fitness hat man noch obendrein.“

Dabei hat Francesca ihr Praktikum im Freiwilligen Ökologischen Jahr nur zur Berufsfindung angetreten.

Pferde als Unterstützer

Sophia Roffeis-Felgentreu, die gemeinsam mit ihrem Mann den Pferdezucht- und Pensionsbetrieb Goldbeck Pferde betreibt und seit 15 Jahren mit ihrem Betrieb Stellen im Rahmen des „Freiwilligen Ökologischen Jahres“ anbietet, sagt: „Wir machen das, weil wir eine Leidenschaft für die Pferde haben, sonst könnten wir diese Arbeit nicht verrichten. Tagein, tagaus und auch nicht immer unter schönen Bedingungen, nicht so wie heute unter Sonnenschein.“

So würden es auch viele junge Menschen sehen. „Sie entscheiden sich aktiv dafür, ein Freiwilliges Ökologisches Jahr zu machen. Die jungen Menschen bewerben sich und übernehmen Verantwortung, wenn sie mit dem Pferd arbeiten.“

Ihre Praktikanten seien ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, „mit unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen und Erfahrungen in Bezug auf Pferde. Es gab auch viele, die keinen Bezug zu Pferden hatten. Und so lief jedes Jahr auch ein bisschen anders ab.“

In den letzten Jahren haben gleichzeitig pferdegestützte Therapien immer mehr an Bedeutung gewonnen. Diese Form nutzt den Einsatz von Pferden zur Förderung der körperlichen und geistigen Gesundheit des Menschen. Insbesondere in der Psychotherapie werden Pferde immer häufiger als ergänzende Maßnahme eingesetzt.

Interessant ist, dass die Pflege der Pferde einen der wichtigsten Bestandteile darstellt. Dabei helfen die Teilnehmer, die Pferde zu säubern, zu striegeln und zu füttern. Darüber hinaus lernen sie, mit den Pferden zu kommunizieren, sodass diese auf Anweisungen hören und sich führen lassen.

Der Umgang mit den Tieren erfordert viel Feinfühligkeit und Einfühlungsvermögen. Durch die Arbeit mit den Pferden verbessern sich die Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten – was sich auch positiv auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt.

Beruf wird zur Berufung

Sophia Roffeis-Felgentreu erzählt weiter, dass sich alle Teilnehmer, die mit den Pferden gearbeitet haben, positiv weiterentwickelt haben. Neben der achtstündigen Arbeit mit den Pferden gäbe es darüber hinaus in der Freizeit auch viele Möglichkeiten zur Entfaltung durch Aktivitäten wie Spazierengehen, Radfahren, Fotografieren, Schreiben und Gärtnern. Sie meint, dass sich jeder das nimmt, was er oder sie braucht. Die meisten Teilnehmer waren Mädchen.

Warum seien es gerade Pferde, die sich sehr positiv auf Menschen auswirken können, will ich wissen. „Pferde spiegeln einen unheimlich. Die haben natürlich durch ihre Größe, Kraft und Ausstrahlung nochmal eine andere Wirkung auf Menschen“, erklärt Sophia, und weiter: „Wenn ich als junger Mensch das Gefühl habe, ich kann mit einem großen, kräftigen und schweren Lebewesen, das definitiv stärker ist als ich, umgehen, und es hat Vertrauen zu mir und es folgt mir. Dann wächst man vielleicht zusammen zu einer Einheit zwischen Pferd und Mensch, das ist dann die Königsdisziplin.“

Die Arbeit mit dem Pferd funktioniere nur durch gegenseitiges Vertrauen. „Durch diese Größe der Pferde macht es das wahrscheinlich zu etwas Besonderem. Man wächst über sich hinaus. Gerade, wenn man ängstlich ist.“

Das Freiwillige Ökologische Jahr ist ein Programm, das jungen Menschen im Alter zwischen 16 und 26 Jahren die Möglichkeit bietet, sich für ein Jahr lang in verschiedenen ökologischen und sozialen Projekten zu engagieren. Francesca ist zumindest sehr zufrieden mit ihrer Teilnahme und nennt es eine Auszeit, bei der sie viel lernen und sich beruflich orientieren konnte. Für sie ist klar, sie würde nun gerne die Ausbildung zur Pferdewirtin machen.

Eine kurze Auszeit

Der Besuch bei Goldbeck Pferde ist eine Auszeit, das kann ich bestätigen. Nicht nur die Menschen hier strahlen Zufriedenheit aus, die Pferde sind ebenfalls gelassen.

Sie werden mit dem selbst angebauten Hafer aus der ökologischen Landwirtschaft der Familie verpflegt. Als Laie neige ich dazu, schnell zu vergessen, wie professionell ein solcher Betrieb geführt werden muss, damit alles derart locker und mühelos aussieht. Immerhin sind es über 50 Pferde, die hier versorgt werden.

Während ich das Grundstück verlasse, kalkuliere ich, wie viele zig Stunden Arbeit notwendig sind, um diese Leistung zu erbringen – die beinhaltet, dass man immer präsent ist. „Und die Sicherheit steht bei uns ganz hoch auf Kurs“, sagte mir Sophia wenige Minuten zuvor mit einer selbstverständlichen Bestimmtheit, „damit sich niemand verletzt. Das ist uns ganz wichtig“.

Damit meinte sie sowohl die Tiere als auch die Menschen. Diese Worte nehme ich mir mit. Sie zeugen von bindender Verpflichtung mit Handschlagqualität. Dann hat sich der Job in Hingabe gewandelt.



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