Wer schweigt, hat Pech – Impfgeschädigte verliert Prozess gegen Impfärztin

Es dürfte das wohl erste deutschlandweite Urteil sein, das in Bezug auf eine COVID-Impfung und die damit in Verbindung stehende Aufklärungspflicht der Impfärzte ergangen ist. Am 14. Februar hat das Landgericht Heilbronn die Klage einer dreifachen Mutter mit schweren Nebenwirkungen abgewiesen. Damit hat die Impfärztin die erste Instanz für sich entschieden.
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Die Impfnebenwirkungen der Klägerin spielten in dem Prozess vor dem Landgericht Heilbronn nur eine untergeordnete Rolle (Symbolbild).Foto: iStock
Von 18. Februar 2023

Der Valentinstag am 14. Februar 2023 war ein schwarzer Tag für die Impfgeschädigte N. Ferati. Nachdem sie ihre Gesundheit und auch ihren Job aufgrund schwerer Nebenwirkungen nach einer COVID-Impfung verloren hat, scheiterte sie jetzt auch vor dem Landgericht Heilbronn. Die erlittenen Nebenwirkungen spielten dabei eine eher untergeordnete Rolle. Knackpunkt des Verfahrens war die Impfaufklärung. Ist eine Unterschrift unter dem Impfaufklärungsbogen von der zu impfenden Person ausreichend oder müssen Impfärzte zusätzlich eine mündliche Aufklärung durchführen? Diese Frage hatten die Richter zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall hatte die 35-jährige Impfgeschädigte am 21. Dezember 2020 während einer Weihnachtsfeier des Pflegeheims, in dem sie arbeitete, einen Aufklärungs- und Anamnesebogen des Sozialministeriums in die Hand gedrückt bekommen. Die Pflegedienstleiterin habe sie bedrängt, die Blätter zügig durchzulesen, zu unterschreiben und abzugeben, schilderte die Heilbronnerin.

Die dreifache Mutter gab gegenüber ihrer Vorgesetzten zu verstehen, dass sie bereits eine Tetanusimpfung im September 2020 nicht gut vertragen habe. Sie sei danach massiv angeschlagen, extrem müde und krank gewesen. Die Pflegedienstleiterin habe jedoch geantwortet, dass die COVID-Impfung „nicht so schlimm“ sei. Außerdem würde noch eine Ärztin zur Aufklärung ins Pflegeheim kommen.

In diesem Sinne unterschrieb N. Ferati die Dokumente, wobei sie ankreuzte:

  • Ich habe keine weiteren Fragen.
  • Ich willige in die vorgeschlagene Impfung gegen COVID-19 mit mRNA-Impfstoff ein.

Ein ausdrücklicher Verzicht auf das ärztliche Aufklärungsgespräch hingegen folgte nicht.

Die arbeitgeberseitige Informationsveranstaltung, in der am 5. Januar 2021 über die Impfung aufgeklärt werden sollte, konnte die Betroffene krankheitsbedingt jedoch nicht wahrnehmen. Sie war massiv erkältet, sodass sie die Pflegeeinrichtung aufgrund der strengen Auflagen gar nicht betreten durfte. Ein in Aussicht gestelltes Telefonat mit der Impfärztin erfolgte nicht. Später hieß es seitens des Pflegedienstes, dass keine telefonische Aufklärung mehr nötig sei. Schließlich habe die 35-Jährige den Aufklärungsbogen bereits unterschrieben.

Impfung als Massenveranstaltung

Am 16. Januar erhielt N. Ferati schließlich ihre erste Impfung mit Comirnaty von BioNTech/Pfizer. Unmittelbar zuvor bekam sie den bereits ausgefüllten Fragebogen noch einmal in die Hände. Die Impfärztin erkundigte sich nicht, ob sie noch Fragen zur Impfung habe, schildert die Betroffene. Auch die sonst üblichen Nachfragen, ob in den vergangenen 14 Tagen ein Infekt bestanden habe oder eine Impfung erfolgt sei, seien ausgeblieben. Schließlich galt es, die gesamte Belegschaft mit 250 Personen zu impfen. Ähnlich verlief die zweite Impfung am 6. Februar. Aufgrund der Impfaktion, die nach Auffassung der Impfgeschädigten einen Massenveranstaltungscharakter hatte, bot sich keine Gelegenheit, ihre Fragen loszuwerden.

Die Impfärztin stellte den Sachverhalt etwas anders dar: Die Impfgeschädigte habe nicht zur Informationsveranstaltung kommen wollen, weil sie bereits die Einverständniserklärung unterschrieben hätte. Sie hätte keine weiteren Fragen gehabt und auch keine weiteren Informationen zur Impfung gewünscht. Auch eine telefonische Aufklärung habe N. Ferati abgelehnt. Am Tag der ersten Impfung habe sie sodann die Betroffene gefragt, ob sie noch Fragen zur Impfung habe, ob ein Infekt bestünde oder eine andere Impfung in den letzten 14 Tagen erfolgt sei. Vor der zweiten Impfung habe die Impfärztin wissen wollen, wie sie die Impfung vertragen hätte. Darüber hinausgehende Fragen habe N. Ferati jedoch nicht gestellt, so die Ärztin.

Probleme schon während des Impfvorgangs

Schon während des Impfens am 6. Februar verspürte N. Ferati plötzlich ein heftiges Brennen im Oberarm. Ihr Zustand verschlimmerte sich zusehends. Nach kurzer Zeit wurden ihr die Beine schwer und sie fühlte sich arg geschwächt. Da sie sich nicht traute, allein Auto zu fahren, wurde sie vom Pflegeheim abgeholt. Am Abend kamen Lähmungserscheinungen im linken Arm und Bein hinzu.

Am nächsten Morgen wurde N. Ferati stationär im SLK-Klinikum Heilbronn aufgenommen, wo sie während der Untersuchungen ohnmächtig wurde. Die Ärzte diagnostizierten eine Autoimmunkrankheit in Form von Enzephalitis mit neurologischen Ausfällen und Lähmungserscheinungen. In den Arztberichten wird ein klarer Zusammenhang zur Impfung hergestellt.

Die Impfärztin hingegen wandte ein, dass laut der vorgelegten Befunde „kein auffälliger organischer neurologischer Befund festgestellt worden sei“. Sollten tatsächlich Beschwerden bei der 35-Jährigen vorliegen, seien diese nicht durch die Impfung verursacht.

COVID-Injektion als „Routineimpfung“

Das Gericht vermochte eine Verletzung der Aufklärungspflicht seitens der Impfärztin nicht erkennen. Die Kammer sei überzeugt davon, „dass die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß über die Risiken der beiden verabreichten COVID-19-Impfungen aufgeklärt“ habe, heißt es in dem Urteil. Ein Anspruch bestünde schon deshalb nicht, weil N. Ferati der Impfung wirksam zugestimmt hätte.

„Die Frage, ob durch die zweite Impfung bei der Klägerin ein Gesundheitsschaden eingetreten ist und welche Schäden gegebenenfalls verursacht wurden, kann offen bleiben“, so die Richter.

Zudem ändere auch die öffentliche Impfempfehlung nichts daran, „dass die Impfung gleichwohl freiwillig ist und sich der einzelne Impfling daher auch dagegen entscheiden kann“. Die zu impfende Person müsse auch eine Entscheidung darüber treffen, ob sie „die mit der Impfung verbundenen Gefahren auf sich nehmen soll oder nicht“, äußerten die Richter. Dafür müsse sie jedoch auch die Gefahren kennen; hierzu wiederum diene die ärztliche Aufklärung.

Wie aus der weiteren Urteilsbegründung hervorgeht, stellt das Landgericht Heilbronn die COVID-Impfung mit einer „Routineimpfung“ gleich. Demnach sei es ausreichend, „wenn der Impfling am ersten Tag aufgeklärt wird“. Eine Verwendung von Merkblättern sei nicht ausgeschlossen, sondern heutzutage weitgehend üblich.  Allerdings würden diese Schriftstücke nicht das erforderliche Arztgespräch ersetzen. Der Arzt müsse sich davon überzeugen, „ob der Patient die schriftlichen Hinweise gelesen und verstanden hat“. Er müsse auch eventuelle Fragen beantworten.

Wer schweigt, hat Pech

Insbesondere für öffentlich empfohlene Impfungen könne es laut Gericht jedoch genügen, wenn der Patient nach schriftlicher Aufklärung die Möglichkeit bekomme, mit dem Arzt zu sprechen und Fragen zu stellen. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich um eine Einzelimpfung oder eine Impfung im Rahmen von öffentlichen Impfterminen handele. Wenn hier der Impfling schweige, könne der Arzt davon ausgehen, dass „ein Bedürfnis nach weiterer Aufklärung nicht besteht“, heißt es in dem Urteil mit Verweis auf eine frühere Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Zwar handle es sich bei der durchgeführten COVID-Impfung mit einem neuartigen mRNA-Impfstoff, der nur eine vorläufige Zulassung von der Europäischen Arzneimittelagentur erhalten habe, nicht um eine Routineimpfung im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung, so die Richter weiter. „Gleichwohl sind nach Auffassung der Kammer die dargelegten Grundsätze des BGH zu den sogenannten Routineimpfungen auf den vorliegenden Fall zu übertragen.“

Massenimpfungen und Zeitmangel rechtfertigen fehlendes Aufklärungsgespräch

„Nach den klinischen Prüfungen, die eine hohe Wirksamkeit des Impfstoffs versprachen, war die Grundstimmung im überwiegenden Teil der Bevölkerung der Impfung [gegenüber] positiv“, ist im Urteil weiter zu lesen. Im ersten Halbjahr 2021 habe eine Massenimpfung von Millionen Menschen stattgefunden.

„Würde man verlangen, dass vor jeder Impfung ein persönliches ausführliches ärztliches Aufklärungsgespräch erforderlich ist, wäre dies logistisch kaum zu leisten gewesen und hätte die Impfkampagne erheblich verzögert“, stellten die Richter fest. Dies bedeute zwar nicht, dass auf ein persönliches ärztliches Aufklärungsgespräch grundsätzlich verzichtet werden könne. Aber es erscheine „angemessen und ausreichend, dass nach vorheriger schriftlicher Aufklärung mittels Merkblatt jedem Impfling die Möglichkeit gegeben wird, im mündlichen Arztgespräch vor der Impfung Nachfragen zu stellen und weitere Informationen einzuholen.“

Wegen der breiten öffentlichen Diskussion sowie des hohen Informationsstands in der Bevölkerung und der hohen Impfbereitschaft konnte ein Impfarzt laut Gericht davon ausgehen, dass der Impfling „bei einer schriftlichen Aufklärung auf eine zusätzliche gesprächsweise Risikodarstellung keinen Wert legt“. Nach durchgeführter Beweisaufnahme seien die Richter überzeugt, dass die Aufklärung der Impfärztin ordnungsgemäß erfolgt sei.

Impfgeschädigte geht in Berufung

Für die Impfgeschädigte und ihren Anwalt ist das Urteil ein Schlag ins Gesicht. Gegenüber Epoch Times äußerte der Heilbronner Rechtsanwalt Dr. Ulrich Stegmüller: „Das Urteil finde ich inhaltlich schlichtweg falsch.“ Zwar begrüße er es, dass das Gericht erkannt habe, dass es sich bei der Impfung mit dem völlig neuartigen mRNA-Impfstoff um keine Routineimpfung handle; dass aber letztendlich doch die Grundsätze der Routineimpfung angewandt wurden, halte er für verfehlt.

In § 630e BGB sei klar geregelt, dass eine Impfaufklärung mündlich zu erfolgen habe. „Jeder Eingriff ist eine Körperverletzung in die körperliche Substanz“, erklärt Dr. Stegmüller weiter. Hierzu bedürfe es einer wirksamen Einwilligung des Patienten, die aber nur vorliege, wenn dieser über sämtliche Umstände ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Bei seiner Mandantin sei diese gesetzlich vorgeschriebene mündliche Aufklärung unstreitig nicht erfolgt. „Doch damit haben sich die Richter überhaupt nicht auseinandergesetzt“, bemängelt der Anwalt.

Nach Ansicht des Juristen gibt es gleich mehrere Ansatzpunkte, um gegen das Urteil vorzugehen. Dr. Stegmüller wird für seine Mandantin Berufung einlegen. „Wir sind guter Dinge, dass das Oberlandesgericht Stuttgart den Fall etwas sachgerechter behandelt und in der zweiten Instanz anders entschieden wird.“



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