Bequem abnehmen mit der Abnehmspritze: Ärzte warnen vor erheblichen Nebenwirkungen

Ozempic oder Wegovy – die Abnehmspritze: Das Diabetes-Medikament lässt als Nebeneffekt die Pfunde purzeln und wird deshalb auch bei Personen ohne Diabetes immer beliebter. Doch Ärzte raten zur Vorsicht, denn die Medikamente haben erhebliche Nebenwirkungen.
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Ein kleiner Pikser einmal die Woche und die Pfunde purzeln. Es gibt jedoch auch viele NebenwirkungenFoto: iStock
Von 26. Juli 2023

Semaglutid, unter dem Handelsnamen Ozempic oder Wegovy, ist eigentlich ein verschreibungspflichtiges Medikament zur Behandlung von Typ-2-Diabetes. 2,4 Milligramm Semaglutid einmal die Woche unter die Haut gespritzt, kann aber das Körpergewicht senken. Dieser Nebeneffekt sorgt dafür, dass das Medikament auch unter Nicht-Diabetikern immer gefragter wird. Das löst in der Gesundheitsbranche Besorgnis aus.

Der Vorteil von Semaglutid: Es sei günstiger als andere Medikamente mit ähnlicher Wirkung und müsse nur einmal die Woche gespritzt werden. Das Medikament sei aber vor allem eine Option für Menschen, die keine Magenverkleinerung haben wollen, meinte Professor Matthias Blüher in einem Interview mit dem MDR. Blüher ist Leiter der Adipositas-Ambulanz für Erwachsene an der Uniklinik Leipzig.

Das Arzneimittel sei nicht für Menschen gedacht, die nur schnell ein wenig abnehmen möchten, so Professor Blüher.

Tumore, Nierenversagen, psychische Folgen

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlichte Anfang Juni ein Bulletin zur Arzneimittelsicherheit. Dem zufolge ist der Wirkstoff Semaglutid nicht nur bei Diabetikern, sondern auch bei fettleibigen Patienten zur Gewichtsabnahme zugelassen. 

Häufig treten bei der Einnahme leichte Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Verstopfung auf. Die Verwendung kann allerdings auch zu seltenen, aber schwerwiegenden Nebenwirkungen führen. Dazu gehören: 

  • Bauchspeicheldrüsenentzündungen, 
  • stark erniedrigte Blutzuckerwerte, 
  • Gallensteinerkrankungen, 
  • schwere allergische Reaktionen, 
  • Schild- und Bauchspeicheldrüsentumore,
  • Nierenprobleme, einschließlich Nierenversagen,
  • diabetische Retinopathie (eine Erkrankung der Netzhaut) und
  • Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfunktion (darf nicht bei Schwangeren angewendet werden).

Die Einnahme von Ozempic hat auch psychische Folgen. In einem Bericht des „Wall Street Journal“ vom 18. April heißt es, dass Ozempic und ähnliche Medikamente mit bizarren Träumen in Verbindung gebracht werden könnten.

Ein Sprecher von Novo Nordisk, dem dänischen Hersteller von Ozempic und Wegovy, äußerte sich gegenüber der Zeitung dazu. Ihm zufolge habe das Unternehmen Berichte über Anwender mit abnormen Träumen erhalten. Allerdings betonte er, dass es derzeit nicht genügend Daten gebe, um das Phänomen mit dem Medikament in Verbindung zu bringen.

Keine Lust mehr auf Essen

Ferner kann die Arznei die Beziehung der Menschen zum Essen verändern. In einem Interview mit „Wired“ vom 12. Juni warnte Jens Juul Holst, dass Menschen, die das Medikament anwenden, ihren Appetit sowie „die Lust am Essen“ verlieren können. Holst ist Professor für Biomedizin an der Universität Kopenhagen. Seine Forschungsarbeit führte zur Entwicklung von Medikamenten wie Ozempic.

„Einigen Menschen wird das Verlangen nach Essen genommen, wenn sie GLP-1-Medikamente wie Ozempic einnehmen“, meinte er. Der Wirkstoff Semaglutid wirkt, indem es ein körpereigenes Protein, ein glucagonähnliches Peptid-1 (GLP-1), im Körper nachahmt. Nach der Einnahme aktiviert das Medikament die GLP-1-Rezeptoren und erhöht den Insulinspiegel, um den Blutzucker zu senken. Zugleich unterdrückt es künstlich den Appetit, steigert das Sättigungsgefühl und verlangsamt die Magenentleerung.

„Man isst also durch die GLP-1-Therapie nicht mehr, weil man das Interesse am Essen verloren hat.“, so der Arzt.

In einem Interview mit „Healthline“ erklärte Dr. Daniel Maselli, Facharzt für Adipositas: Ozempic habe sich als sicheres und wirksames Medikament zur Gewichtsabnahme erwiesen. Außerdem sei es ein willkommenes Arzneimittel für viele Patienten, „die von Fettleibigkeit betroffen und frustriert sind, weil Diät und Sport keine dauerhafte Wirkung zeigen.“

Wie viele Medikamente wirke es jedoch bei jedem Menschen anders; die Wirkungen des Medikaments variierten entlang eines Spektrums, sagte er.

„Semaglutid bildet hier keine Ausnahme. Auf der einen Seite haben wir nur minimale Auswirkungen auf den Appetit. Auf der anderen Seite haben wir Patienten, die einen so stark regulierten Appetit haben, dass sie sowohl die Lust als auch die Freude am Essen deutlich verlieren können.“

Für Personen, die keinen Appetit verspüren, könnte das Leben trist werden. Denn Nahrung und der Prozess des Essens spielen in unserem sozialen Gefüge eine wichtige Rolle.

Foto: iStock

Novo Nordisk: Ozempic bei Anwendung gegen Typ-2-Diabetes sicher

Das Herstellerunternehmen Novo Nordisk erklärte in einer E-Mail an Epoch Times, dass Ozempic ständig nach seinen Risiken und Nebenwirkungen untersucht werde und bei der Anwendung gegen Typ-2-Diabetes sicher sei. 

Die Pressesprecherin Kate Hanna schrieb: „GLP-1-Rezeptor-Agonisten als Medikamentenklasse werden seit mehr als 15 Jahren zur Behandlung von Typ-2-Diabetes und seit acht Jahren zur Behandlung von Fettleibigkeit eingesetzt“. Dazu gehören auch andere Produkte von Novo Nordisk wie Semaglutid und Liraglutid, die seit mehr als zehn Jahren auf dem Markt sind.

So seien die oben erwähnten schweren Nebenwirkungen selten: Weniger oder gleich zwei Prozent der im klinischen Entwicklungsprogramm für Ozempic untersuchten Patienten hätten sie.

Außerdem gebe es kein erhöhtes Risiko für eine Hypoglykämie (Unterzuckerung), außer das Medikament werde mit anderen Arzneimitteln wie Sulfonylharnstoffen oder Basalinsulin eingenommen.

„Zudem zeigten Sicherheitsdaten aus großen klinischen Studienprogrammen und der Überwachung nach der Markteinführung keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Semaglutid und Schilddrüsen- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs“, so Hanna weiter.

Die Teilnehmer der klinischen Studie SUSTAIN hätten Ozempic gut vertragen. Es hätte zwar Nebenwirkungen wie leichte bis mittelschwere Magen-Darm-Beschwerden gegeben. Diese seien im Laufe der Zeit aber abgeklungen.

Gewichtsverlust und Gefahren

Eine im März 2021 im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Studie ergab, dass die Einnahme von Ozempic zu einem Gewichtsverlust führen kann. Getestet wurde das Medikament an 1.961 übergewichtigen Erwachsenen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder mehr.

Die Studie kam zu dem Schluss, dass die einmal wöchentliche Gabe von 2,4 Milligramm Semaglutid zusammen mit einer Änderung des Lebensstils (Ernährungsumstellung, mehr körperliche Bewegung) bei übergewichtigen und fettleibigen Teilnehmern zu einer anhaltenden, klinisch relevanten Verringerung des Körpergewichts um 14,9 Prozent führte.

Es gab jedoch auch negative Auswirkungen einer solchen Gewichtsabnahme. In einem Bericht der New York Times vom 23. April wurde das Beispiel einer Frau aus New Jersey angeführt, die nach der Einnahme von Ozempic einen Nährstoffmangel und Unterernährung trotz Übergewicht aufwies.

Nach dem Absetzen der Spritze kommt der Jojo-Effekt

Außerdem ist der Gewichtsverlust möglicherweise nicht von Dauer. Laut einer Studie aus dem Jahr 2022 reduzierten Nicht-Diabetiker, die Semaglutid einnahmen, innerhalb von eineinhalb Jahren durchschnittlich 17,3 Prozent ihres Gewichts. Doch innerhalb eines Jahres nach dem Absetzen des Medikaments hatten sie einen Großteil ihres ursprünglichen Gewichts wieder erlangt. Auch die positiven Wirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und den Stoffwechsel waren nicht von Dauer.

Um das Gewicht permanent niedrig zu halten, scheint also eine dauerhafte Anwendung notwendig zu sein. Zu den Langzeitfolgen gibt es jedoch noch keine Studien. 

In der Vergangenheit habe es viele Arzneimittel zum Abnehmen gegeben, die erst nach längerer Marktverfügbarkeit oder Anwendung aus Sicherheitsgründen vom Markt genommen werden mussten, schreibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Diese sei auch bei Semaglutid möglich. 

[Mit Material von Epoch Times USA]



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