Gelddrucken: Kaufkraft um 83 Prozent niedriger als 1970

Die Abkehr vom Goldstandard hat massive Auswirkungen. Die soziale Gerechtigkeit wurde seit 1971 immer weiter abgebaut, die Staatsquote stieg. Medien sprechen zwar immer wieder von sozialer Ungerechtigkeit, aber sie lassen die Geldproduktion als mögliche Ursache außen vor.
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Wie viel kann man von seinem Arbeitseinkommen noch kaufen? Erheblich weniger als früher.Foto: iStock
Von 21. September 2023

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Viele Menschen setzen sich – zumeist mit guten Absichten und auf vielfältige Art und Weise – für soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Ausgleich ein. Unter dem Strich rufen in diesem Zusammenhang sehr viele Menschen nach dem Staat und zusätzlicher Umverteilung. Es wird nicht erkannt, dass im Rahmen der bürokratischen und ineffizienten staatlichen Umverteilung ein hohes Maß an Ressourcen sinnlos verschwendet und Wohlstand vernichtet werden.

Die Umverteilungseffekte, die das Gelddrucken auslöst, werden ebenfalls, obwohl allzu offensichtlich, nahezu komplett unter den Tisch fallen gelassen. Würde man die geldsystemisch bedingte, sozial ungerechte monetäre Umverteilung beenden, wäre viel für eine leistungs- und auch sozial gerechtere Gesellschaft getan.

1971: Insolvenzverschleppung zulasten der unteren und mittleren Einkommensschichten

Am 15. August 1971 ist bekanntermaßen die Abkehr von der ohnehin nur auf dem Papier bestehenden Golddeckung durch den damaligen US-Präsidenten Nixon verkündet worden. Damals sollten für 35 US-Dollar eine Unze Gold als Deckung vorgehalten werden. Unter anderem die Kriege in Vietnam, Korea und auch die Sozialprogramme hatten massive Defizite im US-Staatshaushalt hervorgerufen.

Es konnte in der Folge nicht genug Gold auf Basis der genannten Einlösungsrelationen vorgehalten werden. Insofern war die Ankündigung nichts anderes als ein Eingeständnis einer US-Staatspleite im „formalen Goldstandard“.

Warum bezeichne ich diesen Goldstandard als formal? Der ursprüngliche Goldstandard wurde bereits im Jahr 1914 unmittelbar nach Gründung der amerikanischen Notenbank Fed abgeschafft.

Die Abschaffung bezog sich seinerzeit auf die komplette westliche Welt. Die Kriegsfinanzierung des Ersten Weltkriegs ist als zentraler Grund anzuführen. Aus ersparten liquiden Mitteln wäre sowohl der genannte als auch die danach folgenden Kriege nicht oder nur für sehr kurze Zeit finanzierbar gewesen.

Mit der Abkehr vom Goldstandard und der erleichterten Geldzugangsmöglichkeit der Staaten stieg nach 1914 auch der staatliche Anteil an der Wirtschaftsleistung (Staatsquote) sukzessive an. Diese empirische Beobachtung war in sämtlichen Ländern der westlichen Welt zu beobachten.

Für Deutschland errechnete sich beispielsweise vor 1914 eine Staatsquote im Bereich zwischen zehn und 15 Prozent. Vor und nach dem Zweiten Weltkrieg wies Deutschland eine „offizielle“ Staatsquote von um die 30 Prozent aus. Heute werden von den staatlichen Behörden Zahlen deutlich über der 50-Prozent-Marke veröffentlicht.

Die wohlfahrtsstaatlichen Aktivitäten, die Finanzierung der sogenannten Lockdown-Politik und einige andere interventionistische Maßnahmen könnten ohne jeden Zweifel nicht allein aus Steuern und Abgaben bestritten werden. Ohne neue Staatsschulden und die Ausdehnung der Geldmenge wären die genannten und andere staatliche Aktionen nicht finanzierbar gewesen.

Mit fatalen Effekten, denn durch die Inflation (neue Staatsschulden gleich Ausdehnung der Geldmenge) wird der Tauschwert jeder einzelnen Einheit herabgesetzt. Die Inflation richtet sich also gegen Sparer und gegen die Bezieher von Nominalwerteinkünften.

Kaufkraft um 83 Prozent herabgesetzt

Nominalwerteinkünfte sind zum Beispiel Mieten, Renten, Pensionen und die Einkommen der Arbeitnehmer. Um den Umverteilungseffekt eingängig darzustellen, habe ich mir angesehen, wie lange ein durchschnittlicher Arbeitnehmer in den USA arbeiten muss, um einen Dow-Jones-Anteil kaufen zu können.

Die Entwicklungen sind verheerend. Im Jahr 1970, also vor der Abkehr von der formalen Golddeckung, konnte ein durchschnittlicher Arbeitnehmer bereits nach 25 Arbeitsstunden einen Dow-Jones-Anteil erwerben.

Nach 1971 begann das zügellose Gelddrucken und die US-Geldmenge stieg von August 1971 bis Ende 2022 um den Faktor 30 (von 685 Milliarden US-Dollar auf über 20.000 Milliarden US-Dollar).

Im Jahr 2022 ist ein durchschnittlicher US-Arbeitnehmer erst nach 150 Arbeitsstunden in der Lage, einen Dow-Jones-Anteil zu erwerben. Er hat also im Vergleich zu 1970 das Sechsfache an Zeit zu investieren.

Anders gesagt: Die Kaufkraft der durchschnittlichen Arbeitsleistung wurde, gerechnet in Aktienanteilen des Dow-Jones-Index, um 83,33 Prozent herabgesetzt.

Gelddrucken schafft soziale Ungerechtigkeit

Die Kaufkraftminderungseffekte kommen schleichend daher. Die Menschen nehmen von den sich über viele Jahre erstreckenden Entwicklungen scheinbar kaum Notiz. Der beschriebene Vorgang lässt sich zudem auf sämtlichen Märkten für Vermögensgüter (Immobilien, Edelmetalle und so weiter) beobachten.

Auch der sogenannte Gini-Index, auf dessen Basis die Gleich- und Ungleichverteilung von Vermögen und Einkommen errechnet wird, bestätigt die Datenlage. Auch hier ist klar ersichtlich, dass sich die Gleichverteilung von Vermögen und Einkommen nach 1971 immer weiter verschlechtert hat. Vor 1971 war die Ungleichverteilung gesunken, doch mit der Abkehr von der formalen Golddeckung stieg die Ungleichverteilung erheblich. Das Gelddrucken schafft also de facto eine sozial ungerechte Welt.

Die herkömmlichen Medien sprechen zwar immer wieder von sozialer Ungerechtigkeit, aber sie führen die Geldproduktion als mögliche Ursache nicht ins Feld.

Die auftretenden Protagonisten fordern neue Umverteilungen, um die Symptome zu bekämpfen. Aber den ursächlichen Gründen gehen sie in der Tiefe nicht auf den Grund. Diese Beobachtung ist auch für Gewerkschaften oder politische Parteien mit sozialer Ausrichtung zutreffend.

Politiker haben kein Interesse an knappen finanziellen Ressourcen

Regierende Politiker haben kaum einen Anreiz, sparsam zu agieren. Im Gegenteil: Ein zentraler Anreiz ist die Wiederwahl. Diese hängt wesentlich von den Wahlversprechen und den vermeintlichen Wohltaten für die Bevölkerung ab.

Die wohlfahrtstaatliche Illusion kann in letzter Konsequenz nur durch Ausgabenausweitung durchgeführt werden. Folglich steigt die staatliche Aktivität, und auch der Verschuldungsgrad erhöht sich.

Ein Rückbau des Staates und der staatlichen Ausgaben würden Wählerstimmen kosten. Insofern haben die Politiker überhaupt keinen Anreiz, mit den finanziellen Ressourcen zu haushalten. Sie kaufen sich buchstäblich mit dem neu entstandenen Fiatgeld die Wählerstimmen.

Folglich sind Machterhalt und Machtausbau eng mit dem aktuellen Geldsystem verwoben. Auch die Machtausdehnung durch Krieg und die Finanzierung der Aggressionen durch ungedecktes Fiatgeld sollten an dieser Stelle noch einmal explizit Erwähnung finden.

Schlussbemerkung – der Cantillon-Effekt

Je weiter die Menschen von der Geldproduktion beziehungsweise dem neu entstandenen Geld entfernt sind, desto mehr leiden sie unter der Geldmengenausweitung (Inflation) und den daraus resultierenden Kaufkraftminderungseffekten.

Von dem nach Richard Cantillon (1680–1734) benannten Cantillon-Effekt profitieren diejenigen Gruppen und Personen, die nah an der Geldproduktion sind. Diese Gruppen erhalten durch ihre staatliche Nähe entweder direkt Geld vom Staat (Subventionen, direkte Staatsaufträge und so weiter) oder sie verpfänden Vermögenswerte, die sie bereits besitzen.

Gegen die Verpfändung erhalten sie Kredite, wodurch neues Geld entsteht, und damit kaufen sie zusätzliche Vermögenswerte (Aktien, Immobilien und so weiter) zu den noch günstigen Preisen. Dieser Vorgang wiederholt sich immer wieder und führt zu einer Verknappung in den Vermögensgütermärkten. In der Folge dominiert die Nachfrage das Angebot, und so kommt es sukzessive zu Preissteigerungen.

Löhne, Pensionen, Renten und Gehälter werden erst deutlich später und auch nicht zwingend im identischen Ausmaß der Preissteigerungen erhöht. Diese Gruppen stehen am Ende der Kette und erhalten erst deutlich später Zugang zu der gestiegenen Geldmenge.

Zu diesem Zeitpunkt sind die Preise in den verschiedenen Gütermärkten bereits gestiegen, und folglich wurde die Qualität (Tauschwert) des Geldes bereits vor Erhalt beziehungsweise der Gehaltssteigerung deutlich durch die Teuerung (Kaufkraftminderung) herabgesetzt.

Die Tatsache, dass ein durchschnittlicher US-Arbeitnehmer nun das Sechsfache an Zeit aufzuwenden hat, zeigt, wie enorm die Auswirkungen über einen längeren Zeitraum von fünf Dekaden sein können. Die Profiteure dieser Entwicklung sind als finanzoligarchische Institutionen bekannt. Ebenso ist ihre Nähe zu den Zentralbanken mehr als offensichtlich.

Einzig der Erkenntnisgewinn möglichst vieler Menschen kann diesem faulen Zauber ein Ende setzen.

Zum Autor

Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann und Diplom-Wirtschaftsinformatiker. Er ist Vorstandsmitglied der Atlas Initiative, Mitglied der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft und begleitet aktiv einige andere freiheitliche Projekte wie das Free Economic Forum und den YouTube-Kanal „Der ökonomische IQ“. Im November 2021 veröffentlichte er das Buch Geldzeitenwende: Vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“.

Der Artikel erschien zuerst auf Freiheitsfunken.info unter dem Titel Arbeitseinkommen erleiden 83 Prozent Kaufkraftverlust.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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