Eine ausgezehrte Stadt hofft auf den Wiederaufbau – Terror aber auch westliche Sanktionen erschweren das Leben der Syrer

Der erste Schritt zum Wiederaufbau Aleppos ist die Beseitigung der vielen Barrieren, mit denen die Kriegsparteien ihre Gebiete abgesteckt und gesichert hatten. Planierraupen arbeiten sich bereits an den Hauptstraßen ab, räumen Barrikaden und Sandwälle beiseite. "Offene Straßen ermöglichen uns, die Stadt mit ihrer Wirtschaft, den sozialen Aktivitäten und öffentlichen Diensten wiederzubeleben", sagt Nadim Rahmun von der Stadtverwaltung.
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Kinder auf den Straßen Syriens. 27. Dezember 2016.Foto: GEORGE OURFALIAN/AFP/Getty Images
Epoch Times4. Januar 2017

Nachts fällt Dunkelheit und absolute Stille über Aleppo. Wenn die erschöpften Dieselgeneratoren für einige Stunden schweigen, ist die kriegsversehrte Metropole im Norden Syriens ganz ohne Strom.

Dabei ist Elektrizität schon tagsüber ein knappes Gut, genauso wie Wasser oder freie Straßen. Jahrelang wütete in Aleppo die Gewalt zwischen Regierungskräften, Rebellen und Terroristen. Sie haben die Stadt in Trümmer gelegt.

„Seit zwei Jahren haben wir unsere Waschmaschine nicht benutzt“, klagt Umm Fajes, eine Hausfrau aus dem Bezirk Furkan. „Wir waschen alles mit der Hand, aber das Wasser ist jetzt kalt und ich ertrage es nicht mehr“, sagt die Mutter zweier Kinder, während sie im Dunkeln zwischen Bergen schmutziger Wäsche sitzt.

Das Netz der knatternden Generatoren ruht, um Diesel zu sparen. Wenn Fajes‘ Mann nachts sein Süßigkeitengeschäft abgeschlossen hat, bahnt er sich mit einer Fackel den Weg durch die pechschwarze Stadt nach Hause. Weil es so selten Strom gibt, hat die Familie ihren Staubsauger verkauft.

Seit gut einer Woche ist die einstmals geteilte Wirtschaftsmetropole des Landes wieder vereint. Die Hälfte von Aleppos Gebäuden und Infrastruktur sei durch die Kämpfe ganz oder teilweise zerstört worden, heißt es in einem „vorläufigen optimistischen Gutachten“ lokaler Behörden. Der Wiederaufbau wird viele Jahre dauern und sehr viel Geld kosten – zumal der Krieg in anderen Orten Syriens andauert.

Der erste Schritt zum Wiederaufbau ist die Beseitigung der vielen Barrieren, mit denen die Kriegsparteien ihre Gebiete abgesteckt und gesichert hatten. Planierraupen arbeiten sich bereits an den Hauptstraßen ab, räumen Barrikaden und Sandwälle beiseite. „Offene Straßen ermöglichen uns, die Stadt mit ihrer Wirtschaft, den sozialen Aktivitäten und öffentlichen Diensten wiederzubeleben“, sagt Nadim Rahmun von der Stadtverwaltung.

„Wir haben zwei Projekte, um die Stromversorgung in Aleppo wiederherzustellen“, sagte ein Mitarbeiter des Elektrizitätsministeriums, der ungenannt bleiben will. Binnen eines Jahres sollen neue Leitungen aus der Provinz Hama bis Aleppo verlegt werden. Die Kosten beziffert der Mann mit umgerechnet etwa 7,6 Millionen Euro.

Nicht minder schwierig wird es, die Wasserversorgung wieder auf das Vorkriegsniveau zu bringen. Das werde noch viele Monate dauern, sagt Issa Kordsch, der Chefmechaniker des Wasserwerks. „Wir können nur nach 20 Prozent von Aleppo Wasser pumpen“, sagt Kordsch. Vor dem Krieg habe das Werk 70 Prozent der Stadt versorgt.

Nötige Reparaturen werden dem Mechaniker zufolge durch die gegen Syrien verhängten Sanktionen des Westens erschwert. Wichtige Ersatzteile seien dadurch kaum zu bekommen. Zudem stehe der Euphrat-Staudamm in der Provinz Raka unter Kontrolle der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat. „Sie drehen regelmäßig das Wasser ab“, sagt Kordsch.

Auch der Schutt kollabierter Häuser muss geräumt werden. Dabei ist in der Altstadt Aleppos besondere Vorsicht geboten. Die Unesco-Welterbestätte wurde von den Kämpfen stark verwüstet. Nun sichern Arbeiter jeden Steinbrocken, der vielleicht noch für die Restaurierung der früher so glitzernden Altstadt zu gebrauchen wäre.

Nahe der Altstadt steht Abduldschawad Nadsched vor dem Haus seines Bruders. Lange wurde ihm der Weg hierher von Sandbarrieren erschwert. „Es hat mehr als eineinhalb Stunden gedauert“, sagt Nadsched. Jetzt brauche er mit dem Auto nur noch zehn Minuten. Während Nadsched Möbel verlädt, jubelt sein Helfer: „Gott sei Dank sind alle Straßen wieder verbunden. Aleppo ist wieder eins.“ (afp)



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