Bauernproteste in Brüssel: Traktoren blockieren EU-Viertel – Aktionen auch in Polen

Am Montag stand ein Sondertreffen der EU-Agrarminister auf dem Programm. Das machte Brüssel erneut zu einem Schauplatz vehementer Bauernproteste. Hunderte Traktoren belagerten das EU-Viertel. Auch in Polen gingen die Proteste gegen Green Deal und Getreide aus der Ukraine weiter.
Im Europaviertel in Brüssel stehen sich die Polizei und zahlreiche Landwirte gegenüber. Vor einem Treffen der EU-Agrarminister protestieren die Bauern gegen die Agrarpolitik der Union.
Im Europaviertel in Brüssel stehen sich die Polizei und zahlreiche Landwirte gegenüber. Vor einem Treffen der EU-Agrarminister protestieren die Bauern gegen die Agrarpolitik der Union.Foto: Harry Nakos/AP/dpa
Von 27. Februar 2024

Seit dem frühen Montagmorgen, 26. Februar, ist Brüssel Schauplatz von massiven Bauernprotesten. Anlass ist ein Sondertreffen der EU-Agrarminister. Aufgeschreckt durch die zahlreichen Aktionen, mit denen Landwirte seit Wochen in mehreren Mitgliedstaaten gegen die Agrarpolitik aufbegehren, will man nun über Entlastungen beraten.

EU-Minister bemühen sich um Schadensbegrenzung

Wie der BR berichtet, erörtern die Minister, wie Bauern von überflüssigen Kontrollen und Bürokratie befreit werden können. Außerdem soll es einfacher werden, Hilfen in Anspruch nehmen zu können. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir betonte, Bauern sollten nicht durch unnötige Schreibtischarbeit eingebremst werden. Diese mache derzeit ein Viertel der Tätigkeit für die Landwirte aus.

Der Minister betonte, der Status quo sei nicht im Interesse der Bauern. Dem Höfesterben, wie es die vergangenen Jahre geprägt habe, müsse der Kampf angesagt werden. Es gehe darum, Wettbewerbsfähigkeit und Artenschutz zusammenzubringen. Die derzeitige EU-Agrarpolitik sei „ein Bürokratiemonster“. Auch dürften Milchbauern nicht mehr „die großen Verlierer“ der EU-Politik sein.

Frankreich fordert einen EU-Kompromiss zu Emissionen aus der Geflügel- und Schweinehaltung wieder zu entschärfen. Im Dezember hatten Vertreter der Länder und Mitglieder des EU-Parlaments Grenzwerte für „industrielle“ Betriebe vereinbart. Landwirtschaftsminister Marc Fesneau mahnte „pragmatische“ Lösungen im Interesse der Bauern an. Bereits zuvor hatte Brüssel Vorschriften für einen Mindestanteil an Brachland auf Ackerflächen gelockert.

Zusammenstöße mit Einsatzkräften in Brüssel

In den Reihen der protestierenden Bauern ist jedoch wenig Vertrauen in die Entschlossenheit der Politiker vorhanden, Veränderungen zu ihren Gunsten herbeizuführen. Auch deshalb fielen die Aktionen der Landwirte am Montag in Brüssel besonders heftig aus. Es brannten Reifen, Traktoren durchbrachen Polizeibarrikaden, mancherorts wurde Gülle versprüht oder Strohballen flogen in Richtung der Einsatzkräfte.

Diese antworteten teilweise mit dem Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern. Die der belgischen Nachrichtenagentur „Belga“ zufolge sollen mindestens 900 Traktoren angereist sein.

Zwei U-Bahn-Stationen in Brüssel wurden gesperrt; dazu kamen zahlreiche Verkehrsstörungen in der belgischen Hauptstadt.

Brüssel nimmt längst nicht alle Anliegen der Landwirte zur Kenntnis

Die Bauernproteste in Europa richten sich zum Teil gegen politische Entscheidungen auf nationaler Ebene – wie die Streichung von Agrardiesel-Vergünstigungen in Deutschland. Einige Themen verbinden jedoch die Proteste in allen europäischen Ländern, in denen sie bislang aufgetreten sind.

So geht es gegen Billigimporte, die man in den Reihen der Bauern durch geplante Handelsabkommen und die privilegierten Einfuhrbestimmungen von Getreide aus der Ukraine befürchtet. Außerdem sind Bürokratie und immer weitergehende Umweltauflagen den Landwirten ein Dorn im Auge.

Der sogenannte Green Deal, der die EU bis 2050 „klimaneutral“ machen soll, wird von den Landwirten als utopisches Reißbrettprojekt wahrgenommen, das ihnen eine wirtschaftliche Betriebsführung unmöglich mache.

Bauernproteste in Polen auch an der Grenze zu Deutschland

In Polen gingen unterdessen Bauernproteste gegen importiertes Getreide aus der Ukraine weiter. Wie „Euronews“ meldet, haben die Landwirte am Montag auch im Westen des Landes protestiert. Unter anderem sperrten Bauern mit Traktoren den Autobahn-Grenzübergang zu Deutschland in Frankfurt an der Oder.

In den Wochen zuvor war es mehrfach zu Blockaden von Grenzübergängen zur Ukraine gekommen. Am Wochenende hatten die Landwirte auch Züge angehalten, die das zollfrei importierte Getreide aus dem kriegsgeschüttelten Nachbarland transportiert hatten. Dabei brachen die Bauern Waggons auf und machten die Ladung unbrauchbar.

Enttäuschung in der Ukraine über Vorgehen polnischer Bauern

Der ukrainische Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow beklagte, dass bei der Aktion etwa 160 Tonnen Getreide vernichtet worden wären. Diese seien auf dem Weg in den Danziger Hafen gewesen, um von dort aus in Drittländer verschifft zu werden.

Auf X wies Kubrakow anlässlich des zehnten Jahrestags des Staatsstreichs von Kiew darauf hin, dass dieser das Ziel verfolgt hätte, in einem Europa zu leben, wo „Arbeit respektiert wird und Partnerschaft einen Wert hat“. Die ukrainischen Bauern müssten seit zwei Jahren in kugelsicheren Westen ernten und dabei auf Raketenangriffe und Minengefahr achten.
Von den ukrainischen Getreideexporten verliefen 90 Prozent durch das Schwarze Meer. Länder in Afrika und Asien seien auf diese angewiesen.

Spanien: Großkundgebung der Landwirte in Madrid

Auch in Spanien gehen Proteste gegen die Landwirtschaftspolitik weiter. In Madrid versammelten sich mehrere Tausend Landwirte aus dem gesamten Land, um gegen ideologische Umweltpolitik und überbordende Bürokratie zu protestieren.

Bei einer Demonstration in Madrid bliesen Landwirte aus ganz Spanien in Trillerpfeifen, läuteten Kuhglocken und schlugen Trommeln. Wie „Yahoo News“ berichtete, forderten Teilnehmer die EU auf, die Vorschriften zu lockern und einige Änderungen an der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mit ihren Subventionen und anderen Programmen zurückzunehmen. Der Getreide- und Rübenbauer Roberto Rodriguez aus der Provinz Avila äußerte beispielsweise:

„Es ist unmöglich, sich mit diesen Vorschriften abzufinden. Sie wollen, dass wir tagsüber auf dem Feld arbeiten und uns nachts mit Papierkram beschäftigen – wir haben die Bürokratie satt.“



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