Bis nach Argentinien hat es gebraucht: Treffen zwischen Orbán und Selenskyj

Der EU-Gipfel rückt in greifbare Nähe. Der ungarische Ministerpräsident lehnt es nach wie vor ab, die Ukraine-Politik der EU zu unterstützen. Orbán schien sich auch zu weigern, Selenskyj zu treffen. Doch nun sind die beiden in Argentinien aufeinander getroffen.
Titelbild
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (l.) unterhält sich mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán (r.) während der Amtseinführung des neuen argentinischen Präsidenten Javier Milei in Buenos Aires am 10. Dezember 2023.Foto: Alejandro Pagni/AFP via Getty Images
Von 12. Dezember 2023

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj trafen sich am Sonntag, 10. Dezember, für ein kurzes, aber intensives Gespräch auf der Besuchertribüne des argentinischen Parlaments. Das Treffen fand am Rande der Amtseinführung des neuen argentinischen Präsidenten Javier Milei statt.

Während Orbán in Argentinien mit Milei – auch beschrieben als „Argentiniens Trump“ – einen neuen Verbündeten gefunden zu haben scheint, war Selenskyj bemüht, in Südamerika Beistand für die Kriegsanstrengungen seines Landes zu gewinnen.

Nach Angaben der ungarischen regierungsnahen Presse zielte der Argentinien-Besuch Selenskyjs auch darauf ab, Orbán im Vorfeld des EU-Gipfels Ende dieser Woche zur Unterstützung der Ukraine zu bewegen. In der letzten Woche hatte Ungarns Regierungschef mehrfach angedeutet, dass er die EU-Vorschläge zur Ukraine blockieren werde. Sowohl in Bezug auf den Beginn von EU-Beitrittgesprächen der Ukraine als auch hinsichtlich der Gewährung von weiteren 50 Milliarden Euro Hilfsgelder für Kiew.

Was die Ungarn über das Zusammentreffen verrieten

Etliche Kommentare über das unerwartete Treffen erschienen auf X und in den Medien. Beide Seiten waren allerdings sehr wortkarg, wenn es um den Inhalt des Gesprächs ging.

Der Pressesprecher des Ministerpräsidenten, Bertalan Havasi, sagte nur, dass Orbán Selenskyj mitgeteilt habe, dass „in der Frage des EU-Beitritts der Ukraine die Mitgliedstaaten der Europäischen Union diese Frage kontinuierlich diskutieren“.

„Kyiv Post“ veröffentlichte ein Video von dem anscheinend angeregten Gespräch zwischen den beiden. Mit dem Zusatz, dass „die Einzelheiten des Gesprächs nicht bekannt sind“.

Videobotschaft von Selenskyj

Selenskyj fasste am Montag in einer Videobotschaft seine Erfahrungen in Argentinien zusammen. Dabei ging er kurz auf das Treffen ein.

Ich habe mit dem ungarischen Ministerpräsidenten gesprochen. Es war ein sehr offenes Gespräch, wir haben über unsere gemeinsamen europäischen Themen gesprochen.“

Selenskyj erklärte in der Botschaft auch, dass er auf die Unterstützung der neuen argentinischen Führung hoffe.

„Ich habe heute gespürt, dass Javier Milei die Stärke seines Landes und Ehrlichkeit in internationalen Beziehungen ernst nimmt. Ich habe ihm für die Unterstützung der Ukraine gedankt und Argentinien eingeladen, mit uns zusammenzuarbeiten, um den Frieden wiederherzustellen“, sagte er.

EU-Beitritt der Ukraine

Bálint Rotyis, Leiter des rechtsgerichteten ungarischen Forschungsinstituts Nézőpont, kommentierte das Treffen damit, dass die Ukrainer alles tun würden, um eine positive Beziehung zu EU-Regierungschefs aufzubauen. „Es ist verständlich, dass Selenskyj jede Gelegenheit nutzen möchte, um mit Viktor Orbán zu verhandeln“, so Rotyis im Interview mit dem Nachrichtensender M1.

Brüssel verfolge eine „idealistische Politik der Gesten“, so der Experte, wolle sich aber vorerst nicht mit den Problemen befassen, wie sich ein EU-Beitritt Ukraine auf die Staatengemeinschaft auswirken könnte und umgekehrt. Orbán hingegen sei überzeugt, dass es ernsthafter Vorbereitungen bedarf, um mit der Integration des Landes zu beginnen.

Die Ukraine sei nicht nur eine große Agrarmacht, sondern auch bettelarm. „190 Milliarden Euro könnten für den Beitritt des Landes zur EU ausgegeben werden“, sagte Rotyis.

Die Frage ist nun, ob auf dem Brüsseler Gipfel, der am Mittwoch beginnt, ein Kompromiss mit Orbán gefunden werden kann. Der Politiker hat detaillierte Vorstellungen über die Zusammenarbeit mit der Ukraine. Diese Vorschläge haben in Brüssel und den anderen europäischen Hauptstädten jedoch noch keine große Resonanz gefunden.

Von den Brüsseler Politikern zitierten ungarische Medien den deutschen Europaabgeordneten Daniel Freund und den belgischen Europaabgeordneten Guy Verhofstadt. Beide befürworten einen baldigen EU-Beitritt der Ukraine.

„Ich hoffe, er hat es geschafft, den Autokraten zur Vernunft zu bringen“, schrieb Freund auf Plattform X. „Wir können nicht zulassen, dass Orbán die europäische Integration zerstört. Es ist an der Zeit, dass die EU ihm das Vetorecht entzieht“, sagte Verhofstadt. Die Situation bleibt somit im Vorfeld des Brüsseler Treffens äußerst angespannt.



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