Brüssel/Straßburg: Viel Kritik für Pendelbetrieb des EU-Parlaments

Über das Hin und Her der EU-Abgeordneten zwischen Brüssel und Straßburg wird schon lange debattiert. Die Energiekrise bietet einen neuen Anlass.
Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg - hierher soll weiterhin aus Brüssel gependelt werden.
Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg - hierher soll weiterhin aus Brüssel gependelt werden.Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Epoch Times5. Oktober 2022

Ungeachtet der Energiekrise hält die Spitze des Europaparlaments daran fest, das EU-Parlament zwischen Brüssel und Straßburg pendeln zu lassen. Forderungen, das aufwendige Hin und Her zu beenden, wies EU-Präsidentin Roberta Metsola in einem Brief an den Grünen-Abgeordneten Daniel Freund zurück.

Freund hatte Metsola vor rund vier Wochen dazu aufgefordert, während der Energiekrise auf das monatliche Pendeln zu verzichten. Neben Freund hatten auch der CDU-Umweltpolitiker Peter Liese, der FDP-Politiker Moritz Körner die Debatte angestoßen. Liese und Freund hatten sich in getrennten Schreiben an Metsola gewandt. Ebenso fordert EU-Parlamentsvize Katarina Barley (SPD) den EU-Parlamentsbetrieb in Straßburg auszusetzen.

Laut dem Schreiben Metsolas sei man nicht in einer Situation, in der man die Tagungen „aufgrund außergewöhnlicher und unvorhersehbarer Umstände“ im Sinne der Geschäftsordnung in Brüssel oder aus der Ferne abhalten müsse. Sie werde weiter dafür sorgen, dass das Parlament im Einklang mit den EU-Verträgen arbeite und „seine Präsenz in Straßburg als wichtiges Symbol der europäischen Integration anerkennt“.

Energie soll anderswo gespart werden

Metsola verweist in ihrem Brief nun auf verstärkte Bemühungen des Parlaments, Energie zu sparen. Das zuständige Gremium habe bereits über „eine Reihe von kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen“ beraten. Zu den kurzfristigen Schritten gehöre, die Temperatur von Heizungen in Gebäuden des Parlaments um ein Grad zu reduzieren und die von Klimaanlagen um ein Grad heraufzusetzen. Beleuchtung, Heizung, Lüftung und Klimatisierung sollten außerhalb der Bürozeiten angepasst werden. Das Parlament prüfe zudem, wie es etwa seine CO₂-Emissionen für die Reise nach Straßburg reduzieren könne.

Freund gehen diese Schritte nicht weit genug. „In der aktuellen Energiekrise reicht es nicht, das Thermostat um ein Grad nach unten zu drehen“, sagte er der dpa. „Ganz Europa ist zu massiven Sparmaßnahmen gezwungen, um die Abhängigkeit von russischer Energie zu verringern.“ Da dürfe das Parlament nicht halbherzig handeln. „Ein Stopp des Reisezirkus nach Straßburg wäre jetzt ein starkes Zeichen.“

Körner: „Winterschlaf“ für Straßburger Parlamentsgebäude

Wie die „Bild“-Zeitung (Dienstag) berichtet, forderten deutsche EU-Abgeordnete über die Parteigrenzen hinweg eine Aussetzung des Parlamentsbetriebes in der französischen Stadt Straßburg. Über die Wintermonate solle das Parlament stattdessen in Brüssel zusammenkommen. „Bis zum Frühjahr sollten wir nur noch in Brüssel tagen“, sagte demnach der CDU-Umweltpolitiker Peter Liese (CDU).

Laut dem EU-Abgeordneten Körner gehört das Straßburger Parlamentsgebäude „sofort in den energiepolitischen Winterschlaf geschickt“. Der FDP-Politiker begründete seine Forderung mit den Sparaufforderungen an die EU-Bürger. „Das Beheizen und Beleuchten von zwei Gebäudekomplexen gleichzeitig in Brüssel und Straßburg ist eine Verhöhnung der Steuerzahler“, sagte Körner.

Ein Umdenken beim Pendeln fordert zudem der Europäische Steuerzahlerbund. Der „Wanderzirkus“ sei „ein ökologisches und ökonomisches Desaster“, sagte dessen Generalsekretär Michael Jäger der „Bild“. „Hoffentlich führt die aktuelle Krise zu einem Umdenken“, sagte er.

Barley: EU-Parlamentsbetrieb in Straßburg aussetzen

Angesichts der hohen Energiepreise plädiert auch EU-Parlamentsvize Katarina Barley (SPD) dafür, den Parlamentsbetrieb in Straßburg für die nächsten Monate auszusetzen. Auch wenn man bereits einen „breiten Maßnahmenkatalog“ umgesetzt habe, könne mit einer Schließung der Parlamentsgebäude „noch mehr Energie“ eingespart werden, sagte sie der „Bild“. Die Devise diesen Winter müsse sein, Stromausfälle für EU-Bürger zu vermeiden.

„Dazu soll auch das Parlament im Rahmen seiner Möglichkeiten beitragen“, sagte Barley. Die Entscheidung könne noch im Oktober fallen. Wichtig sei ihr allerdings, dass die Schließung keine Negativ-Folgen für das in Straßburg beschäftigte Personal hat.

Das Pendeln der gesamten Volksvertretung zwischen Brüssel und Straßburg ist wenig klimafreundlich. Nach Plänen der EU sollen deren eigene Organe einen ambitionierten Weg in Richtung Klimaneutralität vorgeben: So sollen die EU-Institutionen bereits ab 2030 eine zumindest neutrale CO₂-Bilanz vorweisen.

 

Über das Hin und Her wird seit Jahren debattiert. Der Hauptsitz des Parlaments ist Straßburg. In der französischen Stadt kommen die Abgeordneten für zwölf Plenarsitzungen im Jahr zusammen. Alle anderen Sitzungen, auch die der Ausschüsse, sind im belgischen Brüssel. Vor allem Frankreich besteht auf dem Sitz in Straßburg, der in den EU-Verträgen festgelegt ist. Regelmäßig reist deshalb ein Tross mit Tausenden Mitarbeitern und tonnenweise Akten ins Elsass. Über eine Änderung könnten die EU-Staaten nur einstimmig entscheiden. (dpa/dts/afp/mf)



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