England setzt auf Eigenverantwortung: Deutlicher Rückgang der Fallzahlen trotz Aufhebung der Maßnahmen

Seit dem 19. Juli herrscht in Großbritannien fast wieder Normalität - die Maßnahmen wurden großteils aufgehoben. Dennoch ist die von Skeptikern befürchtete Explosion der Infektionen ausgeblieben. Boris Johnsons Corona-Rechnung scheint aufzugehen.
Titelbild
Eigenverantwortung statt Vorschriften: Volle Ränge beim Spiel Brentford gegen Arsenal im Brentford Stadium.Foto: Shaun Botterill/Getty Image
Von 14. August 2021

Der britische Premierminister Boris Johnson musste sich auf viel Kritik einstellen, als er – der Delta-Variante zum Trotz – zum „Freedom Day“ am 19 Juli, fast alle gesetzlichen Corona-Restriktionen aufgehoben hat. Eigenverantwortung statt Vorschriften lautet seither das Motto. Masken sind nun an den meisten Orten in Großbritannien freiwillig, ebenso das Abstandhalten. Für Clubs oder private Partys gibt es keine Beschränkungen mehr – und Theater sowie Kinos dürfen ihre Säle voll besetzen.

„Delta-Variante in England kaum noch kontrollierbar“, titelte etwa die „Frankfurter Rundschau“, während der „Bayerische Rundfunk“ besorgt fragte: „Freiheit um jeden Preis?“ Seinem Nimbus als oberster Warner der Nation wurde auch Karl Lauterbach gerecht: „Was Boris Johnson hier macht, ist verantwortungslos“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte der „Wirtschaftswoche“, „er wird scheitern, die Fallzahlen werden wieder sehr hoch sein.“

Knapp vier Wochen nach dem „Freedom Day“ haben sich die apokalyptischen Prognosen nicht bewahrheitet: Hatte die Delta-Variante Mitte Juli noch für mehr als 50.000 Ansteckungen pro Tag gesorgt, schwankt diese Zahl aktuell zwischen 20.000 und 33.000.

Fallzahlen Großbritanniens im Juli

Quelle: Gov.uk dashboard

Auch die Krankenhäuser melden keine besonderen Vorkommnisse. Nach einem starken Anstieg ist die Zahl der Hospitalisierungen seit Ende Juli wieder rückläufig. Die derzeit täglich rund 700 neu in die Kliniken eingewiesenen Patienten stehen in deutlichem Gegensatz zur Situation im Januar, als tagtäglich mehr als 4.000 Menschen wegen oder mit dem Coronavirus neu in die Krankenhäuser mussten.

Medienberichten zufolge zeigte sich selbst Premier Johnson überrascht, dass die befürchtete Explosion der Zahlen ausblieb. Gleichwohl gibt sich sein Kabinett vorsichtig – nicht zuletzt, um bei einem möglichen Anstieg der Zahlen nicht verlegen zu wirken.

Gutes Omen für die anderen Länder?

Während Experten davon ausgehen, dass eine Kombination aus hohen Temperaturen und weniger öffentlichen Veranstaltungen zu der rasanten Abnahme der Fallzahlen geführt hat, bezweifeln Skeptiker, dass die Zahlen die tatsächliche Lage widerspiegeln.

Tim Spector, Epidemiologe am Londoner Kings College, der über eine Applikation Covid-19-Symptome in der Bevölkerung erfasst, berechnete kürzlich fast dreimal so viele positive Corona-Fälle wie die Regierung. Als besonders zuverlässig gilt indes die turnusmäßige Studie des nationalen Statistikamts. Dieses bestätigte in der vergangenen Woche, dass die Zahl der positiven Coronavirus-Fälle Ende Juli trotz des „Freiheitstags“ zurückgegangen ist.

Die vielversprechende Entwicklung in Großbritannien könnte ein gutes Omen für die Länder sein, in denen die Fallzahlen aufgrund der Delta-Variante gerade wieder ansteigen. Insbesondere die Bundesregierung täte gut daran, von ihrem Mantra des „weiter so“ abzurücken.



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