Fast 500 Angeklagte wegen Putschversuchs in Türkei vor Gericht – Demonstranten fordern Todesstrafe

In der Türkei beginnt ein neuer Mammutprozess gegen mutmaßliche Putschisten. Sie werden von je zwei Polizisten ins Gericht geführt, aufgebrachte Demonstranten fordern bei ihrer Ankunft die Todesstrafe.
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Türkei-FlaggeFoto: ADAM BERRY/AFP/Getty Images
Epoch Times1. August 2017

Fast 500 Angeklagte müssen sich in der Türkei seit Dienstag in einem neuen Mammutprozess wegen des gescheiterten Militärputsches vor einem Jahr verantworten. Bei ihrer Ankunft am Gericht wurden die mutmaßlichen Putschisten von einer aufgebrachten Menge empfangen, die die Todesstrafe für sie forderte. Unter den Beschuldigten ist der flüchtige Theologie-Dozent Adil Öksüz, der vom Luftwaffenstützpunkt Akinci aus den Putschversuch gesteuert haben soll.

Der Prozessauftakt fand unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen in einem speziell erbauten Gerichtssaal des Gefängnisses von Sincan bei Ankara statt. Bei ihrer Ankunft beschimpften Demonstranten die Angeklagten, die jeweils von zwei Polizisten ins Gericht geführt wurden, und riefen: „Märtyrer sterben nicht, die Nation wird nicht gespalten werden!“

„Wir wollen die Todesstrafe“

Einige Demonstranten warfen auch Henkersknoten und riefen: „Wir wollen die Todesstrafe.“ Auf Bannern der Regierungspartei AKP wurde zudem gefordert, dass die Angeklagten vor Gericht eine einheitliche Häftlingskleidung ähnlich der Gefangenen im US-Lager Guantanamo tragen. Bei einem früheren Prozess hatte ein mutmaßlicher Putschistenführer mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Held“ für Empörung gesorgt.

Während der Anhörung wurden die Anwälte der Angeklagten von Angehörigen der Opfer ausgebuht, wie die Nachrichtenagentur Dogan berichtete. In der Putschnacht waren rund 250 Menschen getötet und 2200 verletzt worden. Einige Anwälte protestierten gegen die „physische Intervention“, der sie seitens der Opferfamilien ausgesetzt seien.

Die Zuschauerin Nazan Aytop sagte, sie wolle sichergehen, dass das Blut der Opfer „nicht umsonst“ vergossen worden sei. Sie hoffe, dass die Angeklagten „die Strafe erhalten, die sie verdienen“. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich nach dem Umsturzversuch wiederholt für die Wiedereinführung des Todesstrafe ausgesprochen, die 2004 abgeschafft worden war.

Prediger Gülen als Drahtzieher des Umsturzversuchs beschuldigt

Von den 486 Angeklagten sind 18 auf freiem Fuß und sieben flüchtig. Unter den flüchtigen Beschuldigten sind der islamische Prediger Fethullah Gülen und der Theologiedozent Adil Öksüz. Gülen soll der Drahtzieher des Umsturzversuchs vom 15. Juli 2016 gewesen sein, während Öksüz in der Putschnacht auf der Akinci-Basis das Kommando geführt haben soll.

Öksüz, der der sogenannte Imam der Gülen-Bewegung für die Luftwaffe gewesen sein soll, war am Morgen des 16. Juli in der Nähe des Stützpunkts festgenommen worden, wurde jedoch kurz darauf wieder freigelassen. Gülen, der seit Jahren im Exil in den USA lebt, bestreitet jede Verwicklung in den Putschversuch gegen seinen langjährigen Verbündeten und heutigen Erzfeind Erdogan.

Ebenfalls angeklagt sind der frühere Luftwaffenkommandeur Akin Öztürk und der Geschäftsmann Kemal Batmaz, die ebenfalls eine führende Rolle bei dem Putschversuch gespielt haben sollen. Viele der Angeklagten sind auch in anderen Prozessen angeklagt, die im Februar und Mai im selben Gerichtssaal begonnen hatten.

Nach Putschversuch: Über 100.000 Menschen aus Staatsdienst entlassen

Die Putschisten hatten am Abend des 15. Juli Generalstabschef Hulusi Akar in Akinci festgesetzt, während F-16-Kampfflugzeuge das Parlament, die Fernsehzentrale, das Polizeihauptquartier und das Hauptquartier der Spezialkräfte bombardierten. Der Putschversuch scheiterte jedoch, als sich zehntausende Menschen auf den Straßen den Putschisten entgegenstellten.

Erdogan verhängte nach dem versuchten Staatsstreich den Ausnahmezustand und ging mit großer Härte gegen mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung sowie generell gegen Regierungskritiker vor. Mehr als 100.000 Menschen wurden aus dem Staatsdienst entlassen und mehr als 50.000 inhaftiert, darunter zahlreiche kritische Journalisten, Forscher und prokurdische Oppositionspolitiker. (afp)



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