„Feminisierung“ der französischen Sprache war lange Zeit verpönt – das könnte sich nun ändern

Neumodische Ausdrücke waren bisher in Frankreich nicht erwünscht. Nun hat eine Sprach-Kommission der altehrwürdigen "Académie française" einen Bericht vorgelegt, in dem über weibliche Berufsbezeichnungen abgestimmt werden soll.
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Französisches Wörterbuch.Foto: ERIC FEFERBERG/AFP/Getty Images
Epoch Times27. Februar 2019

„Autorinnen“, „Lehrerinnen“, „Staatsanwältinnen“: Wenn Frankreichs Sprachpäpste zustimmen, könnten solche Berufsbezeichnungen für Frauen künftig offiziell zum Wortschatz der Grande Nation gehören. Denn so kurios es klingt: Bisher sperrte sich die altehrwürdige Académie française gegen eine „Feminisierung“ der französischen Sprache. Dies soll sich bei der neuen Auflage des Französisch-Wörterbuchs ändern, das die Akademie derzeit herausgibt.

Eine Kommission unter Leitung der französischen Autorin und Literaturkritikerin Dominique Bona legt der Akademie am Donnerstag einen Bericht zu weiblichen Berufsbezeichnungen zur Abstimmung vor. „Der Académie française ist klar geworden, dass es eine große Not gibt: Wie benennt man Berufe, Titel, Dienstgrade und Funktionen von Frauen?“, sagte Bona der Zeitung „Libération“.

Um diese harte Nuss zu knacken, hätte der Akademie womöglich ein Blick in eine x-beliebige französische Zeitung oder in Stellenanzeigen der Arbeitsagentur Pôle emploi geholfen: Dort sind Bezeichnungen wie „professeure“ für Lehrerin oder „ingénieure“ für Ingenieurin längst üblich. Auch in Ländern wie der Schweiz oder Kanada hat man(n) keine Berührungsängste.

„Wahre Unworte“

In das offizielle Wörterbuch der französischen Sprache, über das die Académie française eifersüchtig wacht, haben diese Begriffe allerdings bisher keinen Eingang gefunden. Noch 2014 betonte die Akademie in einer Stellungnahme zur „Feminisierung“, sie sei gegen ein System, das Frauen „oft gegen den Willen der Betroffenen“ Bezeichnungen wie „professeure“ (Lehrerin), „recteure“ (Rektorin) oder „auteure“ (Autorin) aufzwinge.

Dies seien „wahre Unworte“, wetterte die Akademie. Die Beispiele stünden den „allgemeingültigen Regeln der Ableitung entgegen“. Dabei entsteht die feminine Form in den genannten Fällen schlicht durch das Anhängen des Buchstaben „e“ – eine im Französischen gängige Praxis.

Frauen in bestimmten Berufen bisher nicht vorgesehen

Das bisher gültige Wörterbuch des Französischen von 1932-35 legt nahe, dass Frauen in bestimmten Berufen nicht vorgesehen sind. So wird etwa eine „ambassadrice“ nicht als Botschafterin definiert, sondern als „Gattin eines Botschafters“ – mit dem Beispielsatz „Die Frau Botschafterin bittet Sie für Dienstag zum Diner.“ Analog handelt es sich bei einer „préfète“ nicht um eine Präfektin, sondern um die „Ehefrau eines Präfekten“.

Auch bei höheren Ämtern war die Akademie bisher eindeutig: Sie verurteilte neumodische Ausdrücke wie „Madame la ministre“ für eine Ministerin, mit dem weiblichen Artikel. Korrekt heiße es: „Madame le ministre“, mit dem männlichen Artikel. Viele französische Ministerinnen unterwarfen sich dieser Sprachregel.

Wer die traditionelle Denkweise verstehen will, dem hilft ein Blick in die Annalen der Académie française. Die 1635 von Kardinal Richelieu gegründete Gelehrtengesellschaft zeichnet sich durch große Gründlichkeit aus. So hat sie es in knapp vier Jahrhunderten auf gerade acht Wörterbücher gebracht – die neunte Auflage ist seit 33 Jahren in Vorbereitung. Die deutsche Duden-Redaktion arbeitet deutlich schneller: Sie hat seit 1880 insgesamt 27 Auflagen geschafft.

Für übergroße Hast sind die 36 „Unsterblichen“ nicht bekannt, wie die auf Lebenszeit ernannten Sprachpäpste in Frankreich heißen. Unter den größtenteils stark ergrauten Mitgliedern sind fünf Frauen.

Zu ihnen zählt auch die Reformerin Bona, seit 2013 Mitglied der Akademie. Die 65-Jährige ist ebenfalls nicht als Umstürzlerin bekannt. Sie nennt einen ganz einfachen Grund für ihre Initiative: „Der gute Sprachgebrauch ist eben nicht mehr derselbe wie zur Zeit Richelieus.“ (afp)



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