Griechenlands Ikarus-Mentalität

Titelbild
Es ist gefährlich, zu nahe an die Sonne zu fliegen.Foto: Mark Kolbe/Getty Images
Von 7. November 2010

Griechische Jugendliche verbringen den Sommer häufig auf entlegenen Campingplätzen, auf einer der vielen malerischen griechischen Inseln.

Die Inseln sind schön und bieten eine vielfältige, felsige, grüne Landschaft. Das Meer, das sie umgibt, spiegelt eine Vielzahl von Farben wider; dort gibt es auch viel Sonne und fast immer perfektes Wetter.

In diesem Sommer beschloss ich, mit einer Gruppe von Freunden das heiße, trockene Athen hinter mir zu lassen und auf der Insel Ikaria Abenteuer zu erleben.

Ikaria ist berühmt, weil es in Zusammenhang mit dem Sagenhelden Ikarus steht. Er war der Sohn des Dädalus, eines Bildhauermeisters und Architekten. Um aus der Gefangenschaft auf der Insel Kreta zu fliehen, baute Dädalus Flügel aus Federn und Wachs. Die beiden flogen in den Himmel und Ikarus, der von der Sonne fasziniert war, achtete nicht auf die Warnung seines Vaters und flog auf sie zu. In der Sonne schmolzen die Flügel des Jungen und er stürzte ins Meer. Das Meer, in das er fiel, und die nächstgelegene Insel, Ikaria, wurden nach ihm benannt.

Meine Freunde fanden einen großartigen Campingplatz, umgeben von großen, hellbraunen Felsbrocken, die über einem tiefblauen Ozean aufragten. Wir waren überrascht, hinter dem Campingplatz einen klaren grünen Fluss zu finden, belebt von schönen Tieren – Schmetterlinge, blaue und rosafarbene Libellen sowie Eidechsen mit langen türkisfarbenen Schwänzen.

Wir gingen den Fluss entlang, bis er an einem Wasserfall endete, in dessen kaltem Wasser viele Camper eine morgendliche Dusche nahmen.

Am Wasserfall traf ich eine interessante junge Griechin und wir kamen in der Nähe des rauschenden Wasserfalls ins Gespräch.

Sie studierte Architektur in Italien und ich fragte sie, wie ihr das Studium außerhalb Griechenlands gefiel.

Sie antwortete, dass sie sich für Italien entschieden hatte, weil es zu schwierig war, die Universität in Griechenland zu besuchen. Aber jetzt sei sie glücklich, denn was sie in Italien lernt, würde sie an keiner griechischen Universität lernen können.
„Und warum ist das so?“ fragte ich.

Weil sie in Italien jede Unterrichtsstunde besuchen muss, während die Studenten an den meisten griechischen Universitäten nicht an allen Vorlesungen teilnehmen müssen. Es fehle an Professionalität und es gibt eine riesige Lücke zwischen Griechenland und anderen europäischen Ländern.

Sie sagte: „Natürlich würde ich gerne zurückkehren und in Griechenland arbeiten, weil ich die griechische Lebensweise bevorzuge. Aber ich konnte hier keinen guten Job finden, der so einträglich wie in Italien bezahlt wird. Deshalb muss ich in Italien bleiben, auch wenn ich es nicht will.

„Wie fühlst du dich dabei?“, fragte ich.

„Ich fühle mich wie aus meinem eigenen Land verbannt und hoffnungslos zugleich. Griechenland hat so viele Warnungen erhalten, sich zu verbessern, aber es richtet sich nicht danach. Griechenland vergrault seine großartige Jugend, weil es ihr keine sichere Zukunft bieten kann.“

Ich antwortete, dass ich verstanden habe, und es genauso empfand. Die Instabilität in Griechenland ist teilweise auf die Ikarus-Haltung zurückzuführen. Wir haben eine kulturelle Tendenz, wichtige Regeln nicht ernstzunehmen, wodurch Chaos entsteht und dem Land endlose Probleme hervorgerufen werden.

In der Sage des Ikarus kostete diese Haltung einem Jungen das Leben. Sie kostet auch Griechenland immer noch das Leben vieler seiner Jugendlichen.

Lasst uns die Daumen drücken und optimistisch sein, dass Griechenland daraus lernen wird, Warnhinweise zu beachten und vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Die junge Frau stimmte zu: „Ich liebe Griechenland“, sagte sie.

Ich antwortete: „Ich auch! Lass uns ganz oben vom Wasserfall herunterspringen.“

Original Englisch: Greece-The Icarus Attitude

 

 



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