Italien: Ministerpräsident Draghi und seine Partei treten zurück

Italien und Europa blicken gespannt auf Rom, wo Regierungschef Draghi am Donnerstag aufgegeben hat. Er hat am Donnerstagvormittag seinen Rücktritt eingereicht.
Mario Draghi, Ministerpräsident von Italien, in Rom.
Mario Draghi, Ministerpräsident von Italien, in Rom.Foto: Andrew Medichini/AP/dpa
Epoch Times21. Juli 2022

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Der italienische Regierungschef Mario Draghi tritt zurück. Er sah keine Möglichkeit zum Weiterregieren. Der Ministerpräsident habe „seinen Rücktritt und den seiner Regierung“ eingereicht, teilte das Präsidialamt in Rom am Donnerstag mit. Staatspräsident Sergio Mattarella habe den Rücktritt „zur Kenntnis genommen“, Draghis Regierung bleibe „geschäftsführend“ im Amt. Zuvor gab es langen Applaus für Draghi vor Beginn der Sitzung. Viele Abgeordnete standen auf. Draghi bedankte sich bei den Parlamentariern mit einem „Grazie“.

Der 74 Jahre alte Regierungschef verpasste am Mittwochabend im Senat, der kleineren der beiden Parlamentskammern, bei einem Vertrauensvotum sein Ziel, eine breite Zustimmung seiner Regierungsparteien zu erhalten. Die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung, die rechtspopulistische Lega und die konservative Forza Italia stimmten nämlich nicht mit ab.

Der parteilose Ökonom wollte am Donnerstag noch in der Abgeordnetenkammer erscheinen. Im Senat, der anderen Parlamentskammer, forderte er am Mittwoch seine Regierungsparteien auf, ihn weiter zu unterstützen und mit ihm einen neuen „Pakt des Vertrauens“ zu bilden.

Nicht auf Vorschläge eingegangen

Der Mitte-Rechts-Block seiner Vielparteienregierung aus Experten und Politikern war dazu allerdings nur bereit, wenn die Fünf-Sterne-Bewegung von einer neuen Regierung ausgeschlossen wird. Die Sterne-Senatoren erwarteten dagegen, dass Draghi für eine Fortsetzung mit ihnen auf ihre politischen Vorschläge eingeht, was er aber aus ihrer Sicht nicht tat.

Draghi sah keinen Ausweg mehr, als erneut seinen Rücktritt anzubieten. Das tat er bereits vor einer Woche, als die Fünf Sterne ihm im Senat bei einer Abstimmung zu einem Hilfspaket das Vertrauen nicht aussprachen. Präsident Sergio Mattarella lehnte das Gesuch damals ab.

Mattarella kann nun jemanden beauftragen, eine Regierungsmehrheit im bestehenden Parlament formen zu lassen. Er könnte alternativ auch die beiden Kammern auflösen, was eine vorgezogene Wahl einleiten würde. Diese müsste dann binnen 70 Tagen erfolgen. Deshalb wäre ein möglicher Wahltermin zwischen Ende September und Anfang Oktober.

Garant für Stabilität in Europa

Ohne Draghi fehlt Italien ein wichtiger Garant für Stabilität in Europa. Der parteilose Ökonom wurde Mitte Februar 2021 von Mattarella ersucht, eine Regierungsmehrheit zu bilden. Zuvor war das zweite Kabinett des heutigen Chefs der Fünf-Sterne-Bewegung, Giuseppe Conte, zerfallen. Draghi setzte seiner Regierung das Ziel, Italien sicher durch die Corona-Pandemie zu lenken und dem Land die wichtigen Milliarden-Hilfen für den EU-Wiederaufbaufonds aus Brüssel zu sichern.

Im zweiten Halbjahr 2022 muss Italien wichtige Reformen umsetzen, damit Brüssel die nächste Tranche der Corona-Wiederaufbauhilfen in Milliardenhöhe ausschüttet. Außerdem muss das Parlament den Haushalt für 2023 planen, was sich meist lange hinzieht. Im Fall einer Neuwahl wäre das Land politisch zunächst kaum handlungsfähig, und das in Zeiten steigender Inflation und Energie-Preise – bedingt durch den Ukraine-Krieg. (dpa/afp/mf)



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